Gesundheit erlangen - Frühling 2021

21 Coronavirus Ich habe mitten in der Corona-Pandemie am Uni-Klinikum Erlangen angefangen. Für mich war 2020 alles auf einen Schlag anders: neue Stadt, neue Woh- nung, neues Krankenhaus, neue Kollegen – und eine neue Krank- heit. Eigentlich sollte ich mit ne- phrologischen Intensivpatienten arbeiten, aber meine Station wur- de eine COVID-19-Station und ich hatte auf ein- mal ganz andere Patienten. Ich konnte mich wirklich schnell in mein Team eingliedern, worü- ber ich sehr, sehr froh bin. Ich habe durch die Arbeit auch gute Freunde gefunden. Was die Ansteckung mit Corona angeht, habe ich mich am Arbeitsplatz immer am sichersten gefühlt. Hier bekomme ich meine Ausrüstung und alles, was ich brauche, um mich zu schützen. Anders ging es mir immer in der Öffentlichkeit. Wir wis- sen ja alle, wie konsequent einige Menschen Regeln befolgen. Ich habe auch einige Leute darauf hingewiesen, ihre Maske aufzusetzen oder richtig zu tragen, was nicht zu Begeiste- rung geführt hat. Obwohl ich mich sofort impfen lassen habe, als das am Uni-Klinikum möglich „Irgendwie lässt die Kraft langsam nach, weil es einfach keinen Ausgleich gibt neben der Arbeit. “ war, setze ich immer noch als Erstes meine Maske auf, wenn ich aus dem Haus gehe. Ich fahre aktuell auch nicht mit dem Bus, sondern laufe lieber zur Arbeit. Ich bin wahnsinnig froh, in einer Zweier-WG zu wohnen – ich mache die ganze Sache also in Gesellschaft durch. Sonst wüsste ich nicht, wie ich das alles psychisch überstehen soll. Wie gern würde ich mal wieder mit Kollegen ein Feierabendbier trinken, ins Fit- nessstudio oder schwimmen gehen, zum Fri- seur, in einem Café sitzen oder in den Urlaub fliegen. Ich bin meine Standardspazierrunde jetzt bestimmt schon 100-mal gegangen. Ich kann mich an sich sehr gut allein beschäftigen, aber irgendwann fällt einem nichts mehr ein. Die Dinge werden ein bisschen fad. Und irgendwie lässt die Kraft lang- sam nach, weil es einfach keinen Ausgleich gibt neben der Arbeit. Andererseits hat Corona auch dazu geführt, dass ich jetzt öfter in die Natur gehe und das genieße. Vorher habe ich mich eher drinnen verkrochen, wenn es kalt war. Jetzt heißt es eben: Dick einpacken und los! Ich mache zu Hause Sport und habe alte Bücher wieder raus- gekramt, die ganz hinten im Regal eingestaubt waren. Ich konnte auch wieder Neues über mich selbst lernen, über meine Interessen und das, was mir eigentlich guttut – in einem Mo- ment, in dem alle äußeren Einflüsse wegfallen und ich nicht immer gezeigt bekomme, was man alles erleben kann. Ich glaube, dass Coro- na uns bleiben wird, so wie es auch die Influen- za jedes Jahr wieder gibt. Lukas Gerhäußer, Intensivpflegefachkraft auf einer COVID-19-Station des Uni-Klinikums Erlangen, 25 Jahre

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