Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.
transplantiert wird. Insgesamt 84 Patienten der Erlanger Herzchirurgie stehen derzeit auf der Eurotransplant- Warteliste, zehn davon sind stationäre HU-Patienten. Die unheilbar Kranken – die meisten sind zwischen 1954 und 1960 geboren – bauen einander auf, wenn die Tage lang und die Nächte schla fl os sind. „Das ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die zusammenhält“, beschreibt Marlene Kramer den Umgang auf Station. Auf der B5 übernehmen die P fl egekräfte verschiedene Aufgaben: Sie überwachen das Herz-Kreislauf-System ihrer Patienten, kümmern sich um Medikamentengabe und Verbandswechsel, bedienen Perfusoren und Geräte zur Atmungsunterstützung, helfen bei der Körperp fl ege, übernehmen OP-Vorbereitung und -Nachsorge. Daneben gehört der direkte Austausch mit den Herzkranken zu ihren wichtigsten Kompetenzen. Bei der psychosozialen Betreuung der Patienten werden die P fl egenden auch von den Psychologen und Seelsorgern des Uni-Klinikums unterstützt. „Es gibt regelmäßige Gesprächsangebote für jeden, der möchte“, erklärt Marlene Kramer. Ob die angenommen werden, hänge immer von der Atmosphäre in der Patientengruppe ab. Etwas anderes wirkt aber jederzeit stimmungsauf- hellend: die Familien der Betroffenen. „Man freut sich montags schon auf den Wochenendbesuch“, sagt Günther Münz und zeigt auf einen Bilderrahmen mit Familienfotos. Drei bis vier Stunden pro Woche sieht er seine Frau, die aus dem 100 Kilometer entfernten Kronach nach Erlangen fährt. Seit dem 11. Oktober 2012 hat der Transplantationskandidat die Station nicht mehr verlassen. Anders als bei Josef Michl, mit dem er sich ein Zimmer teilt, wurde Günther Münz Ende 2011 ein Kunstherz implantiert. In einer kleinen schwarzen Umhängetasche trägt der 53-Jährige das Steuergerät und zwei lebenswichtige Akkus immer bei sich. Die Gedanken an Zuhause bestärken ihn. Zurückzukehren in den vertrauten Alltag – und diesen viel intensiver zu genießen, das wäre das Größte für Günther Münz. Immer nah an den Patienten Wenn die Nachricht von einem geeigneten Spender- organ die Herzchirurgie erreicht, ist das nicht nur für den Empfänger ein besonderer Moment. „Die Aufregung ist dann auch bei den P fl egekräften und Ärzten groß und wir hoffen, dass alles gut geht“, versichert Marlene Kramer. Während die Mitarbeiter im P fl egedienst den Patienten für die OP vorbereiten, machen sich zwei Herzchirurgen umgehend auf den Weg, um das Organ zu begutachten. Sobald das fremde Herz explantiert ist, rennt die Zeit: Maximal vier Stunden nach der Entnahme muss es im Körper des Empfängers wieder mit Blut versorgt werden – sonst nimmt das Herzgewebe irreparablen Schaden. „Nach dem Eingriff liegt der Patient in der Regel für ein bis zwei Wochen auf der Intensivstation. Danach kommt er zurück auf die Normalstation“, beschreibt die Stationsleiterin den Ablauf. Um geschwächte Muskeln behutsam wieder aufzubauen, beginnen die Gesundheits- und Krankenp fl eger schon nach 24 Stunden Bettruhe mit der Frühmobilisation. Beim Treppensteigen, auf dem Ergometer und bei ersten Spaziergängen tastet sich der Transplantierte in den folgenden Wochen schließlich langsam an seine Belastungsgrenze heran. Die P fl egekräfte helfen ihm auch dabei, wieder zu einer normalen Ernährung zurück- zukehren. Kontrolluntersuchungen sind weiterhin P fl icht. „Nach der Operation führen unsere Ärzte regel- Josef Michl (Bild links) und Günther Münz (Mitte) werden rund um die Uhr betreut: Stationsleiterin Marlene Kramer überwacht die Medikamentengabe am Perfusor, P fl egekraft Jens Scheibner wechselt einen Akku von Günther Münz’ Kunstherz, das er in einer kleinen Umhängetasche immer bei sich trägt. | JAHRESBERICHT 2012/2013 10
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