Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.
mäßig Biopsien durch – anfangs wöchentlich, dann in immer größeren Abständen“, erklärt Marlene Kramer. Mit einem Katheter werden dabei Gewebeproben aus demHerzmuskel entnommen, ummögliche Abstoßungs- reaktionen zu erkennen. Damit solche unterbunden werden können, müssen transplantierte Patienten für den Rest ihres „zweiten“ Lebens immunsuppressive Medikamente schlucken, die dafür sorgen, dass der Körper das fremde Organ annimmt. Seit 1981 arbeitet Marlene Kramer am Uni-Klinikum Erlangen. Wie viele Transplantationspatienten sie seitdem betreut hat, weiß sie nicht mehr. Doch sie freut sich über jeden, den sie bis zur Anschlussheilbe- handlung in der Fachklinik Herzogenaurach begleiten kann. Nach all dem Warten und Hoffen, der anstrengenden Operation und der anschließenden Rehabilitation stelle sich dann, wenn der Patient endlich wieder zu Hause ist, auch die Freude über das geschenkte Leben ein. Solche Erfolgsgeschichten machen den Wartenden Mut: „Wenn ehemalige Pati- enten hier über den Gang laufen und ich sehe, dass es ihnen gut geht, gibt mir das richtigen Auftrieb“, sagt Günther Münz. Es gebe keinen Neid auf die, die früher transplantiert werden als man selbst. „Ein Herz, das zu ihm passt, passt nicht zu mir“, weiß der 53-Jährige und blickt dabei lächelnd auf Josef Michl im Bett neben ihm. Dass sich die beiden Männer über den bevorstehenden Umzug der Herzchirurgie in das neue Bettenhaus des Chirurgischen Zentrums nur begrenzt freuen können, ist nachvollziehbar. „Am liebsten wollen wir gleich nach Hause“, sagt Josef Michl. Aus Sicht des P fl ege- und des ärztlichen Diensts ist die räumliche Veränderung allerdings mehr als notwendig. „Es ist erfreulich, dass es endlich schönere, größere Patientenzimmer mit eigenen Nasszellen geben wird“, fi ndet Prof Dr. Michael Weyand, Direktor der Herzchirurgie. Außerdem soll das P fl egepersonal nach dem Einzug in das neue Betten- haus aufgestockt werden. Spenderzahlen so niedrig wie noch nie Dass wahrscheinlich auch Günther Münz und Josef Michl mit in die Östliche Stadtmauerstraße umziehen müssen, liegt an den immer länger werdenden Warte- zeiten für ein Spenderorgan. Über 900 Menschen standen 2012 in Deutschland auf der Eurotransplant- Liste für ein neues Herz, transplantiert wurde aber nur 332-mal. Auch das Uni-Klinikum Erlangen, wo jährlich zwischen 10 und 20 Herzverp fl anzungen durchgeführt werden, hat mit den rückläu fi gen Spenderzahlen zu kämpfen. „Ich rechne damit, dass sich die aktuelle Wartezeit von mindestens einem Jahr in Zukunft verdoppeln wird“, schätzt Prof. Weyand. Die Situation sei auch auf die 2012 aufgedeckten Manipulationen an mehreren deutschen Universitätsklinika zurückzu- führen. „In Erlangen hat es keine Verstöße gegeben – aber auch unsere Patienten sind die Leidtragenden“, sagt der Klinikdirektor. „Wer nicht so krank ist, dass er auf die HU-Liste kommt, hat heute fast keine Chance mehr, rechtzeitig ein Spenderherz zu bekommen“, fügt Marlene Kramer hinzu. Neben den Ärzten informiert auch das P fl egepersonal die Patienten regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen in der Transplantations- medizin. Josef Michl wünscht sich vor allem mehr objektive Berichterstattung: „Es wird viel aufgebauscht – und nach tagelangen Schlagzeilen hört man plötzlich nichts mehr.“ Auch Günther Münz’ Haltung hat sich durch sein persönliches Schicksal gewandelt: „Früher habe ich mir über Organspende keine Gedanken gemacht. Jetzt, wo ich selber betroffen bin, sehe ich das anders. Ich fi nde, dass sich jeder zu dem Thema äußern sollte. Ich akzeptiere es, wenn jemand seine Organe nicht spenden will. Aber man muss es einmal klar aussprechen – ja oder nein.“ Der Tag wird kommen, an dem es ein Spenderherz für ihn und Josef Michl gibt – da ist sich Günther Münz sicher. Er behielt recht: Am 23. März 2013 wurde Josef Michl erfolgreich transplantiert. Günther Münz wartet weiter. ■ fm P fl egekraft Jens Scheibner (links) informiert seinen Kollegen Jörg Gebauer darüber, was in der nächsten Schicht zu beachten ist. UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 11
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