Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.

Interview Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Schüttler, Dekan der Medi- zinischen Fakultät, über das MVZ Eckental und den neuen Lehrstuhl für Allgemein- medizin an der FAU Wie wird der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin die Lehre an der FAU verändern? Das Fach Allgemeinmedizin wird mit seinen Inhalten und Forschungsansätzen an der Medizinischen Fakultät und im Umfeld des Uni-Klinikums verortet sein. Das heißt, dass wir eine Anlaufstelle haben und es im Versorgungs- forschungsbereich Aktivitäten gibt, die mit dem Lehr- stuhl verbunden sind. Studierende haben eine dauer- hafte Anlaufstelle. Wenn man etwas über Allgemein- medizin erfahren will, weiß man zukünftig, wo man hin- gehen muss. Das Fach wird also über unser Netzwerk mit kooperierenden Praxen hinaus am Uni-Klinikum be- heimatet sein. Sollen die Studierenden auch im MVZ Eckental praktisch ausgebildet werden? Selbstverständlich, sonst hätten wir uns nicht zwei Jahre bemüht, dieses MVZ zu bekommen. Erstens wollen wir, dass die Professur für Allgemeinmedizin ein Aushängeschild hat in der realen hausärztlichen Welt. Zweitens schaffen wir eine Basis für Versorgungs- forschung und drittens wollen wir den Studierenden die Allgemeinmedizin präsentieren – wobei wir mit 370 Humanmedizinstudenten pro Jahr nach wie vor auch auf das Praxisnetzwerk angewiesen sind, weil wir nicht alle Studierenden durch ein Medizinisches Versorgungs- zentrum schleusen können. Kann der neue Lehrstuhl dem Landarztmangel in der Allgemeinmedizin begegnen? Das kann ich zunächst bejahen, weil diese Maßnahme die Möglichkeit bietet, bei den Studierenden für die All- gemeinmedizin zu werben. Das ist etwas, was bisher fehlte – diese Beheimatung inmitten einerMedizinischen Fakultät. Das könnte dazu führen, dass sich mehr Kollegen nach dem Studium entschließen, in eine all- gemeinmedizinische Praxis zu gehen. Grundsätzlich ist das aber nicht die Lösung des Problems. Wir wissen aus Umfragen, dass junge Ärzte gerne in Städten leben, weil dort das Angebot an Schulen und kulturellen Dingen entsprechend attraktiv ist. Zweitens räumen über 90 % der jungen Mediziner der Familienplanung einen hohen Stellenwert ein, 89 % verneinen aber die Frage, ob ein Kinderwunsch mit dem Arztberuf vereinbar ist. Das ist meines Erachtens die eigentliche Ursache für die Fehl- verteilung der Ressource Arzt. Macht das MVZ Eckental niedergelassenen Ärzten Konkurrenz? Es sind Kassenarztsitze, die da verfügbar waren – es tritt keine Mehrung ein, sondern nur eine organi- satorische Änderung. Von daher gibt es eigentlich keinen Grund, dagegen zu opponieren. Wir haben das MVZ deshalb außerhalb Erlangens angesiedelt, um dort die Versorgung zu ergänzen und Patienten besser und schneller zu behandeln. Es war für uns auch sehr wichtig, mit den Aspekten Lehre und Versorgungs- forschung Pluspunkte bei der Gruppe der Allgemein- mediziner zu sammeln. Sind Medizinische Versorgungszentren Ihrer Mei- nung nach Zukunftsmodelle? Meines Erachtens ist das das Zukunftsmodell par excellence. Ein MVZ, wo eine Gruppe von Ärzten arbeitet, wo man sich abwechseln kann, das an ein Krankenhaus angegliedert ist und damit auch aus dessen Ressourcen leben kann, ist einfach fl exibler und kann besser auf den Lebensplan der jungen Ärztegeneration abgestimmt werden. Engpässe werden deutlich besser kompensiert: Wenn der Hausarzt krank wird oder aus Altersgründen ausscheidet, kann man mit einem MVZ bei einer soliden Finanzierungsgrundlage strukturschwache Regionen wesentlich zuverlässiger versorgen. Weitere Informationen: www.mvz-eckental.de UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 19

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