Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.

„So sieht ein Zelluntergang aus“, erklärt Astrid Seiberth und blickt auf den Monitor vor sich. Der Computerbild- schirm zeigt einen Gewebeschnitt unter dem Mikro- skop – eine Ansammlung rosarot gefärbter Zellen. Die Kerne sind verblasst, das Zytoplasma gleicht einer fein- körnigen, homogenen Masse. Diagnose: frischer Nieren- infarkt. „Schön sind die ganzen Anmerkungen hier“, fi ndet die Studentin im praktischen Jahr (PJ) und zieht mit dem Mauszeiger nacheinander Kringel um einzelne Beschriftungen: hier die Nekrose – der eigentliche Zell- untergang, da die Nierenkanälchen, dort der auffällige, dunkelrote Randsaum. „Das sind Einblutungen“, erklärt sie. „Wenn man als Student das erste Mal ins Mikroskop schaut, weiß man oft gar nicht, was man da eigentlich sieht. Hier auf dem Bildschirm ist alles genau gekenn- zeichnet.“ Die 25-Jährige nutzt den Online-Kurs „Freies Mikroskopieren im Web“ gern zur Wiederholung. „Man kann damit super die Sachen aus dem fünften und sechsten Semester auffrischen und auch zu Hause mal was nachschauen.“ Entwickelt haben das Tool Mitarbeiter des Patho- logischen Instituts (Leiter: Prof. Dr. Arndt Hartmann) des Uni-Klinikums Erlangen, der FAU Erlangen-Nürnberg und des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen. „Jeder Student, der sich für eine Lehrveranstaltung der Pathologie anmeldet, kann sich automatisch in den passenden Online-Kurs einloggen“, erklärt Dozent Dr. Carol-Immanuel Geppert, der das „Freie Mikroskopieren im Web“ mit konzipiert hat. Im Sommersemester 2011 ging www.pathoskopieren.de online. „Wir hatten schon ein Jahr vorher für unsere Studierenden über 5.000 neue Objektträger mit Gewebeschnitten angefertigt.“ In den sogenannten „Histokasten“ einsortiert, mit Nummern und Beschreibungen versehen, wurden die mikrometer- dünnen Proben damals nur im Mikroskopiersaal zur Verfügung gestellt. Über 200 Krankheitsbilder aus diesem Präparate-Pool haben die Mitarbeiter der Patho- logie dann zusätzlich mit einem Scanner digitalisiert und in den Online-Kurs eingebunden. „Das ist ein Riesen- vorteil bei etwa 180 Studenten pro Semester. Den normalen Mikroskopiekurs müssen wir mittlerweile in drei Gruppen anbieten. Das beansprucht unsere Kapazi- täten enorm“, sagt Carol Geppert. Die Web-Version stellt sicher, dass jeder zu jeder Zeit Gewebeproben unter- suchen kann – auch außerhalb der Unterrichtszeit oder wenn der Mikroskopiersaal verschlossen ist. Um auch online eine hohe Lehrqualität zu gewährleisten, wurden die Studierenden nach ihren Wünschen gefragt: Prü- fungssimulationen, Anmerkungen zu den einzelnen Präparaten, zufällige Wiedergabe von Mit einem didaktischen Konzept, das Tradition und Moderne verknüpft, vermitteln die Dozenten des Pathologischen Instituts Medizinstudenten ein wichtiges Querschnittsfach. ZWISCHEN BIOPSIE UND BILDSCHIRM UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 25 Im Mikroskopiekurs untersuchen Medizinstudenten hauchdünne, gefärbte Präparate, die auf gläserne Objektträger aufgebracht sind.

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