Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.
Carol Geppert. „Siewerden für dieHistologie aufbereitet“ – also zugeschnitten, entwässert, mit fl üssigem Paraf fi n durchtränkt, nach dem Trocknen in wenige Tausendstel Millimeter dünne Scheiben geschnitten, auf Glasplätt- chen aufgebracht und eingefärbt. „Anschließend werden die Präparate meist nur sechs bis acht Wochen aufbe- wahrt. Gerade deshalb wollen wir diesen großen makro- pathologischen Schatz der FAU erhalten – und mit seiner Hilfe auch unsere Lehre bereichern“, sagt der Arzt. „Es geht aber auch um ethische Aspekte und medizingeschichtliche Fragen, zum Beispiel die Entwicklung von Fachbegriffen“, merkt Dr. Rau an. In Zukunft sollen Studierende an und mit den Objekten üben – Farbe, Form, Struktur und Haptik als Anhalts- punkte für ihre Befunde nutzen. Außerdem lernen sie von einem Präparator, wie man die Organe richtig säubert, konserviert und so arrangiert, dass man alle wichtigen Details erkennen kann. „Im Rahmen einer Doktorarbeit wurden bereits über 200 Objekte sozusagen ‚restauriert‘, Präparate vor dem Austrocknen gerettet und Gläser neu befüllt“, sagt Carol Geppert. Die Initiative „SammLehr – an Objekten lehren und lernen“ der Stiftung Mercator unterstützt das Projekt mit 50.000 Euro. Die Erlanger Universität ist damit eine von neun deutschen Hochschulen, die diese Förderung erhält. Basiswissen und Begeisterung „Als Arzt muss man wissen, wie sich Krankheiten auf zellulärer Ebene zeigen, wie es aussieht, wenn ein Tumor ins Gewebe eindringt. Dieses tiefe Verständnis ist extrem wichtig – unabhängig von der medizinischen Fachdisziplin“, beschreibt Tilman Rau. Die pathologische Ausbildung ist für alle Medizinstudenten verp fl ichtend. So stehen für angehende Humanmediziner im fünften und sechsten Semester eine Vorlesung und die Kurse in Mikroskopie und Makropathologie auf dem Lehrplan, im zehnten Semester folgen die klinisch-pathologischen Konferenzen. In diesen zeigt sich, wie die Befunde aus den Kliniken und die der Pathologen zusammenspielen und so die Diagnose fi ndung erleichtern. „Den Dozenten gelingt es, die Studenten zu begeistern“, fi ndet PJ-Studentin Astrid Seiberth. „Zusammen mit dem sehr guten Basiswissen, das man hier vermittelt bekommt, ergibt das wirklich eine wunderbare Mischung.“ Am lehr- reichsten seien für sie die Sektionen – die „Spuren- suche“ am und im Körper eines Verstorbenen. Ein Verfahren, das Pathologen im Unterschied zu Rechts- medizinern aber nur dann durchführen dürfen, wenn ein gewaltsamer Tod ausgeschlossen ist und die Ange- hörigen mit der Obduktion einverstanden sind. Vor wenigen Wochen hat Astrid Seiberth ihr praktisches Jahr am Pathologischen Institut begonnen – eine Option, die es für Medizinstudenten lange nicht gab. „Erst seit Herbst 2012 ist es wieder möglich, ein Wahltertial bei uns zu absolvieren“, sagt Carol Geppert. Zuvor sei das wegen des vermeintlich fehlenden direkten Patienten- bezugs einige Jahre nicht erlaubt gewesen. „In der Regel beschäftigen wir ein oder zwei PJ-Studenten zur gleichen Zeit. Die bringen dann aber sehr viel Interesse mit und sehen sich oft darin bestärkt, eine Facharztausbildung im Fach Pathologie zu beginnen“, sagt Tilman Rau. Astrid Seiberth weiß, wie schwer die Meinung eines Pathologen wiegt: „Auf sein Urteil wird oft gewartet, damit in der Klinik überhaupt eine Diagnose gestellt werden kann.“ Doch dieses Verständnis hat nicht jeder: „Wenn sie Pathologie hören, denken viele nur an ein konkretes Berufsbild – dabei stimmt das so nicht. Es geht generell um die Grundlagen der Krankheitslehre. Und alle Disziplinen – ob innere Medizin, Chirurgie oder Kinderheilkunde – brauchen dieses Wissen. Am Uni- Klinikum Erlangen sind Pathologen deshalb in min- destens zehn Tumorboards vertreten“, erklärt Dr. Rau. Angesichts des Mangels an Fachärzten für Pathologie hält er das wieder eingeführte praktische Jahr für absolut notwendig. „Wir freuen uns, dass wir uns da durchsetzen konnten“, bekräftigt ihn Carol Geppert. Ob Astrid Seiberth nach ihrem Staatsexamen eine entsprechende Facharztausbildung beginnt, hält sie sich noch offen. Ausgeschlossen sei es jedenfalls nicht. ■ fm UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 27 Über 1.000 Organpräparate lagern in der pathologischen Sammlung der FAU, darunter ein Herz mit großem Vorhoftumor (Bildmitte).
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