Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.
Während der etwa 20-minütigen Darmspiegelung lässt Helmut Neumann den Bildschirm quasi nie aus dem Blick – über einen zweiten Monitor verfolgen häu fi g Gäste aus aller Welt die modernen Verfahren mit. Auf dem Bildschirm sind schwarz-weiße Gebilde zu erkennen, in den Augen eines Laien grobkörnige und un- förmige Aufnahmen von… Ja, wovon eigentlich? „Sehen Sie, das ist die Darmzotte“, erklärt Prof. Dr. Helmut Neumann und fährt mit dem Finger Strukturen auf dem Monitor nach, „und jetzt können Sie dank des Fluoreszenzfarbstoffs sehr gut erkennen, wie die Rezeptoren der Zellen reagieren.“ Tatsächlich: Plötzlich leuchtet es auf dem Bildschirm auf und sogar ein medizinisch nicht Ausgebildeter erkennt, dass sich hier gerade etwas tut. Ein faszinierender Einblick in den menschlichen Darm, ein Organ, das niemals vollständig ruht. Besonders eindrucksvoll und das eigentlich Spannende ist allerdings, dass Prof. Neumann Dinge sieht, die eigentlich (noch) gar nicht zu sehen sind… Der 33-Jährige ist seit Ende 2009 am Uni-Klinikum Erlangen und leitet seit März 2011 die Arbeitsgruppe „Endoskopische Forschung und Molekulare Endo- skopie“ – die erste ihrer Art in ganz Süddeutschland – an der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie. Für sein Fachgebiet bringt Helmut Neumann viel Leidenschaft mit und steckt andere mit seiner Begeisterung regelrecht an, wenn er erläutert, was sich hinter der molekularen Endo- skopie genau verbirgt. „Die Endoskopie de fi niert sich ja erst einmal nur als die Ausleuchtung und Inspektion von Körperhohlräumen sowie Hohlorganen mithilfe eines Endoskops“, sagt Prof. Neumann und deutet auf ein schwarzes schlauchförmiges Instrument, in dem sich u. a. ein Objektiv, ein Videochip und eine Leuchte verbergen. „In der Medizin 1 untersuchen wir damit beispielsweise den Darm und sind vor allem chronisch- entzündlichen Darmerkrankungen sowie dem kolo- rektalen Karzinom auf der Spur.“ Mit dem letzteren Hinweis spricht der Arzt eine wichtige Krebsvorsorge- maßnahme an: die präventive Koloskopie, deren Kosten die Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr erstatten – bei Risikopatienten teils schon früher. Zahlreiche Menschen ganz unterschiedlicher Altersklassen haben die Ärzte und P fl egefachkräfte bereits durch die von vielen so gefürchtete Darmspiegelung begleitet: „Angst muss niemand haben. Es dauert nur etwa 20 Minuten und tut nicht weh – es ist höchstens ein bisschen unan- genehm, fühlt sich in etwa so an, wie wenn man viel Kohl gegessen hat“, schildert Helmut Neumann. „Dafür muss man sich nicht sedieren lassen, aber wir bieten natürlich Beruhigungsmittel und auf Wunsch auch Narkose an.“ Der Blick hinter den Knick Wer während der Prozedur wach und interessiert ist, dem erklärt der Professor gerne die Bilder, die das Endo- skop auf die großen Bildschirme überträgt: Die Endoskopie hat am Uni-Klinikum Erlangen eine lange Tradition. Prof. Dr. Helmut Neumann weckt sie nun aus ihrem Dornröschenschlaf und geht mit der molekularen Endoskopie ganz neue Wege – bis in die Tiefe des Gewebes. TIEFE EINBLICKE UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 29
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