Jahresbericht 2012 | 2013: Medizin. Menschen. Momente.
„Find friends – fi nde Freunde, das ist der beste Rat für Ärzte weltweit, die Kinder und Jugendliche behandeln, die an einem seltenen Tumor erkrankt sind“, sagt Dr. Ines Brecht, Ärztin in der Kinder- und Jugendklinik des Uni-Klinikums Erlangen. Selten – das klingt nach besonders, nach speziell, nach außergewöhnlich: „Natürlich ist jeder Mensch einzigartig, das ist ja das Schöne! Aber wenn jemand an einer nur vereinzelt auftretenden Krankheit leidet, dann darf ihm diese ‚Exklusivität‘ nicht zum Nachteil gereichen.“ Als selten gilt ein Tumor im Kindesalter, wenn er bei maximal zwei von einer Million Heranwachsenden auftritt. Dem- entsprechend gering sind auch die Erfahrungen, die Mediziner bei solchen Behandlungen bisher sammeln konnten. Darüber hinaus sind diese Ärzte über den ganzen Globus verteilt, wissen häu fi g nichts voneinander und können sich somit auch nicht austauschen. „Wenn eine solche Diagnose gestellt wird, ist das meist eine unerwartete Konfrontation. Nicht nur die Familien sind verängstigt und unsicher, sondern auch der behandelnde Onkologe stößt oft an seine Grenzen“, erklärt Ines Brecht. „Das möchten wir ändern!“ Das Freunde fi nden ist dabei der erste Schritt: die Etablierung eines Netzwerks, in dessen Rahmen Ärzte voneinander erfahren, sich auf einer Plattform austauschen und so gemeinsam auf den Weg zur Erarbeitung von Therapieempfehlungen machen können. In Deutschland fi ndet dies im Rahmen der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämato- logie (GPOH) statt: Seit 2006 bauen die Mitglieder der GPOH-Arbeitsgruppe „Seltene Tumorerkrankungen in der Pädiatrie“ (STEP) ein Kompetenznetzwerk auf, tragen Erfahrungen aus aller Welt zusammen, durch- forsten Register, sammeln Diagnosen und Zahlen. „In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Behand- lungsaussichten für Kinder und Jugendliche mit Krebs massiv verbessert“, schildert Dr. Brecht. „Dank multi- zentrischer Therapieoptimierungsstudien konnten die überwiegende Zahl der im Kindes- und Jugendalter diagnostizierten Krebserkrankungen behandelt, die entsprechenden Daten tumorspezi fi sch ausgewertet und auf dieser Basis die Therapien entscheidend optimiert werden. Für die seltenen malignen Tumoren gibt es allerdings leider noch keine standardisierten Empfehlungen. Daran arbeiten wir jetzt.“ Die Ärztin hat im Sommer 2012 gemeinsammit ihremDortmunder Kollegen Prof. Dr. Dominik Schneider die Studienleitung des GPOH-Registers für Seltene Tumorerkrankungen in der Pädiatrie übernommen: Ab sofort werden in Erlangen nahezu alle Fälle seltener kindlicher Tumoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erfasst. Dokumentarin Marion Peters nimmt jährlich die detaillierten Werte von rund 50 Patienten in die Daten- bank auf. Jeder Datensatz mehr ist ein Gewinn. Forschung bis auf diemolekularbiologische Ebene Und jede zusätzliche Gewebeprobe ist ein weiteres Puzzleteil für noch tiefer gehende Forschung: bis auf die molekularbiologische Ebene. Denn im Erlanger STEP- Team engagiert sich auch PD Dr. Oliver Zolk vom Lehr- stuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Die Therapien für krebskranke Kinder und Jugend- liche ständig weiterzuentwickeln und zu verbessern: Das ist das gemeinsame Ziel von Wissenschaftlern zweier Studiengruppen der Kinder- und Jugendklinik. GEMEINSAM GRENZEN ÜBERSCHREITEN UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 33
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