Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.

eingeführt, die zum einen Bilder von der Leberober- fläche aus dem Körperinneren liefert und zum anderen die gezielte Entnahme von Proben ermöglicht. „Das ist die genaueste Untersuchungsmethode“, verdeutlicht Jürgen Siebler. „Da sie aber nicht immer erforderlich ist, weil wir die Diagnose einfacher stellen können, und der Patient dafür stationär aufgenommen sowie sediert werden muss, wenden wir sie erst als Letztes an.“ Viele Schritte bis zum Befund – resultierend aus der Fülle der Lebererkrankungen: u. a. nichtalkoholische und alko- holische Fettlebererkrankungen, chronische Hepatitis B und C, Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit), bösartige sowie gutartige Tumoren, Cholangitis (Entzündung der Gallengänge), allerdings eben auch alkoholinduzierte sowie medikamentös-toxische Leberschäden. Erkrankungen der Leber sind beinahe ein gesellschaft- liches Tabuthema, schwingt doch häufig die Vermutung mit, dass der Betroffene selbst schuld sei. „Tatsächlich zählen übermäßiger Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum sowie die sogenannte nichtalkoholische Fett- leber, oft bedingt durch zu hohe Kalorienzufuhr, zu den Hauptursachen für eine kranke Leber“, bestätigt Prof. Siebler. „Wir sprechen vom ‚first hit‘, dem ersten Schlag für das Organ. Er macht es empfindlicher und somit anfälliger, beispielsweise gegenüber einer Schädigung durch eingenommene Medikamente.“ Im Fall der Fett- leber ist die Prognose gut. Die beste Therapie ist die Reduktion von Gewicht in Kombination mit mehr körper- licher Bewegung. „Aber nicht im Hauruckverfahren!“, warnt der Facharzt für innere Medizin. „Das Abnehmen sollte in moderatem Tempo erfolgen, sonst macht der Stoffwechsel nicht mit und der Jo-Jo-Effekt ist vorprogrammiert.“ Wichtig sei außerdem, dass das Leben des Betroffenen nach diesem „Schuss vor den Bug“ nicht von Diäten dominiert, sondern noch als lebenswert empfunden werde. Nur so und mit realistisch gesteckten Zielen könne der Patient auch wirklich durchhalten und seine Gewohnheiten langfristig zum Wohl – nicht nur – seiner Leber ändern. Bei viraler und autoimmuner Hepatitis hingegen behandeln die Ärzte mithilfe von Pharmazeutika. Bei der seltenen autoimmunen Leberentzündung können seit den 1970er-Jahren gute Erfolge durch die medikamen- töse Unterdrückung des Immunsystems erzielt werden. Im Fall von chronischer Hepatitis C blockieren Arznei- mittel die Vermehrung der Viren, was bei bis zu 80 % der Betroffenen zu einer Heilung führt. „Noch vor fünf Jahren lag dieser Anteil bei nur 50 %“, veranschaulicht Jürgen Siebler den medizinischen Fortschritt. „Außer- dem sind wir schneller geworden: Für die Therapie von Hepatitis C rechnen wir heute häufig nur noch zwölf Wochen ein, früher haben wir dafür ein Jahr benötigt. Die Zulassung weiterer Substanzen wird für dieses und nächstes Jahr erwartet.“ Medikamente können auch bei genetisch bedingten Lebererkrankungen wie der Eisen- und der Kupferspeicherkrankheit helfen. Verlaufen diese Krankheiten allerdings schwer oder kommt es in der Folge zu einem Leberversagen, so ist eine Trans- plantation häufig unumgänglich. „In solchen Situationen muss es dann manchmal sehr schnell gehen“, erläutert Prof. Siebler. „Der entsprechende Patient wird im Fall eines akuten Leberversagens als ‚HU‘ – das steht für high urgent, also höchst dringend – an Eurotransplant gemeldet. Im Glücksfall erhalten wir nach zwei bis drei Tagen die Nachricht, dass ein passendes Organ zur Verfügung steht, und können gemeinsam mit unseren Kollegen aus der Chirurgie rasch helfen.“ Neues Leberzentrum des Uni-Klinikums Nicht nur bei Transplantationen, sondern beispielsweise auch bei der operativen Behandlung von Krebspatienten arbeiten die Ärzte der Medizinischen Klinik 1 eng mit denen der Chirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Hohenberger) zusammen. „Eine unserer wichtigsten Schnittstellen ist eine wöchentliche Konferenz, das sogenannte Leberboard, wo wir jeden In einer wöchentlichen Konferenz, dem sogenannten Leberboard, besprechen Ärzte aus allen beteiligten Fachrichtungen jeden einzelnen Fall und erarbeiten gemeinsam den individuell bestmöglichen Therapieplan. | JAHRESBERICHT 2013/2014 10

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