Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.

zellulären Immunintervention“ (Sprecher: Prof. Dr. Gerold Schuler, Direktor der Hautklinik) und das Immun- therapie-Netzwerk des bayerischen Wissenschafts- ministeriums (BayImmuNet), die notwendige Förderung zu erhalten. Bei der Entwicklung einer möglichen Therapie für denMenschenmussten sich alle Beteiligten streng an das Arzneimittelrecht der Europäische Union halten: „Obwohl es sich um natürliche Zellen handelt, die wir lediglich aufreinigen, also gezielt separieren, gleicht dieses Verfahren der Herstellung einer Kopf- schmerztablette“, veranschaulicht Prof. Winkler den Prozess. „Die Präparate werden entsprechend der Good Manufacturing Practice auf höchstem Qualitätsniveau angefertigt.“ Die interdisziplinäre Forschergruppe ar- beitete dafür eng mit der Transfusionsmedizinischen und Hämostaseologischen Abteilung (Leiter: Prof. Dr. Reinhold Eckstein) sowie mit dem Center for Clinical Studies (Geschäftsführer: Dr. BerndGebhardt) zusammen. „Für uns alle war das komplettes Neuland, das wir als Team gemeinsam betreten haben“, freut sich Thomas Winkler über die umfassende Kooperation. „Da haben wir in Erlangen einen echten Standortvorteil mit kurzen Wegen zwischen den beteiligten Experten. Es ist erfreu- lich, dass wir bereits nach zehn Jahren – das ist in der Forschung eine wirklich kurze Zeit – den Sprung in die Klinik geschafft haben.“ Weltweit erster Patient in erlangen behandelt Im März 2014 war es dann so weit: Ein 21-jähriger Patient aus Nordbayern war weltweit der erste Mensch, dem etwa fünf Monate nach der Stammzelltrans- plantation auch noch die B-Gedächtniszellen seines Spenders übertragen wurden. „Der junge Mann hat unsere Immunzellengabe sehr gut vertragen, aber natür- lich können wir noch keine verlässlichen Aussagen darüber machen, wie erfolgreich dieser erste Schritt tatsächlich war“, dämpft Julia Winkler allzu euphorische Erwartungen und Andreas Mackensen ergänzt: „Aber unsere vorklinischen Laborergebnisse zeigen klar, dass das Erlanger Verfahren die Infektionsrate nach einer Stammzelltransplantation entscheidend senken kann.“ Im Rahmen einer Phase-I-Immuntherapiestudie, die von Dr. Winkler und ihrem Kollegen Dr. Wolf Rösler geleitet wird, behandeln nun Erlanger Ärzte gemeinsam mit Zentren in Essen, Regensburg und Würzburg weitere Patienten mit der neuen Methode. Das Studienprotokoll wurde 2013 vom Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut) des Bundesministeriums für Gesundheit genehmigt und wird von der Ethikkommission der FAU Erlangen- Nürnberg begleitet. Ziel ist es, zu zeigen, dass der bisher nur im Labor erforschte Therapieweg Patienten effizient helfen kann. n bm legende knochenmark Das Knochenmark – nicht zu verwechseln mit dem Rückenmark – ist das zentrale blutbildende Organ des menschlichen Körpers und ist in den Markhöhlen von bestimmten Knochen zu finden. lymphozyten Sie gehören zu den sogenannten weißen Blut- körperchen, den Leukozyten. Bei den Lymphozyten wird zwischen T-Zellen, B-Zellen und den natürlichen Killerzellen unterschieden. Während die T-Zellen (T: Thymus, Reifeort dieser Zellen) mithilfe eines Rezeptors Antigene er- kennen können, sind die B-Zellen (B: bone marrow/Knochenmark, Entstehungsort dieser Zellen) dazu in der Lage, die passenden Anti- körper zu bilden. Gemeinsam handelt es sich bei T- und B-Zellen demnach um die erworbene Immunantwort, das sogenannte immunologische Gedächtnis des Individuums. Stammzelle Stammzellen sind Körperzellen, die dazu in der Lage sind, sich in jeden Zell- oder Gewebetyp zu entwickeln. autolog Bei der autologen Stammzelltransplantation ent- nehmen die Ärzte dem Krebspatienten vor der hoch dosierten Chemotherapie blutbildende (hämatopoetische) Stammzellen. Dies geschieht in einem Verfahren, das einer regulären Blut- spende ähnelt. Nach Abschluss der Chemo- therapie werden dem Patienten über einen Venenkatheter seine eigenen Stammzellen wieder übertragen. Diese stellen dann das Knochenmark und seine Funktionen wieder her. allogen Bei der allogenen Therapievariante erhält der Patient die blutbildenden Stammzellen von einem anderen Menschen: einem Familien- oder Fremd- spender, dessen genetische Merkmale möglichst weitgehend mit denen des Empfängers überein- stimmen. haploident Die haploidente Stammzelltransplantation ist die innovativste Methode in der Leukämietherapie: Hier erhält der Patient Stammzellen von einem verwandten Spender, dessen genetische Merkmale allerdings nur teilweise mit denen des Empfängers übereinstimmen. UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 17

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