Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.

sauerstoffreichem Blut und transportieren sauerstoff- armes ab. Hat der Arzt die Kranzgefäße erreicht, kann er unter Röntgenkontrolle beispielsweise Herzmuskel- gewebe gezielt veröden oder verengte Arterien mit kleinen Ballons auseinanderdehnen. Damit geöffnete Engstellen dauerhaft frei und für den Blutstrom durch- lässig bleiben, werden Gefäßstützen aus Drahtgeflecht – sogenannte Stents – eingesetzt. Doch der Kardiologe kann das Herz nicht anhalten: Er muss das Metallröhr- chen platzieren, während der Muskel weiter kontrahiert und sich bewegt. Die Clearstent-Live-Technologie des neuen Angiografie-Systems Artis Q.zen macht es nun möglich, den einzusetzenden Stent bewegungsstabi- lisiert und in Echtzeit darzustellen. Dazu werden die Kontraktionen des Herzens aus den Röntgenbildern herausgerechnet – und der Arzt hat klare Sicht. „Vor allem bei den Gefäßstützen profitieren wir von den hochaufgelösten Aufnahmen der neuen Anlage“, sagt Dr. Christian Schlundt, stellvertretender Klinikdirektor der Medizin 2. „Die Stents erscheinen unfassbar klar. So sehen wir zum Beispiel auch, wenn sich ein Stent nicht richtig entfaltet hat und wir noch mal mit mehr Druck nachdehnenmüssen“, ergänzt StephanAchenbach und deutet auf eine aktuelle Aufnahme aus dem Katheterlabor: Ein schwarzer Knick auf grauem Grund zeigt, dass das Metallgeflecht an einer Stelle nicht voll - ständig geöffnet ist (S. 25 oben). Auch bei bioresorbier- baren Stents, die sich nach zwei bis vier Jahren auflösen, nicht röntgendicht sind und deshalb nur an winzigen Platinmarkierungen erkannt werden können, verbessert die neue Technologie sozusagen die „Sehkraft“ der Kardiologen. Die Herzspezialisten können sich zusätz- liche Aufnahmen sparen und präziser positionieren. Um das Angiografie-System weiter zu verbessern, noch mehr Informationen aus den Bildern herauszuholen und auch die Strahlendosis für Patienten und Personal weiter zu verringern, kooperieren Prof. Achenbach und seine Mitarbeiter eng mit der Herstellerfirma. Ein krankes Herz drückt und brennt Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todes - ursache in Deutschland, 40 % aller Sterbefälle sind darauf zurückzuführen – etwa 50.000 jährlich. In den insgesamt drei Herzkatheterlabors der Medizin 2 wurden im Jahr 2013 etwa 3.000 Patienten untersucht und behandelt, darunter waren 1.300 Reparaturen an den Herzkranzgefäßen. Häufigster Einlieferungsgrund ist die stabile Angina pectoris – dumpfe, drückende Brustschmerzen, ausgelöst durch die verminderte Durchblutung der Koronargefäße. Meist ist die Arterio- sklerose, der Volksmund spricht von Gefäßverkalkung, schuld an diesen Symptomen. Fett- und Kalk- ablagerungen in den Gefäßwänden machen diese starrer und dicker, sodass das Blut nach und nach schlechter hindurchfließen kann. Patienten mit Angina pectoris spüren vor allem bei emotionaler oder körper- licher Belastung eine plötzliche Enge in der Brust, die in den Oberbauch, den Rücken und sogar den Kiefer ausstrahlen kann. Druck, Brennen und Luftnot könnten aber auch auf einen akuten Herzinfarkt hindeuten. „Bei diesen Symptomen hat man sich unverzüglich in ärzt- liche Versorgung zu begeben“, rät Prof. Achenbach. „Stechen ist allerdings kein Warnsignal – das Herz sticht Prof. Achenbach (r.) und Dr. Schlundt betrachten die Bilder aus dem Inneren des Brustraums – fein verästelte Koronararterien, die sich kranzförmig um das Herz legen und es mit Sauerstoff versorgen. Ein Röntgenkontrastmittel, das bei der sogenannten Linksherzkatheteruntersuchung eingespritzt wird, macht auch kleinste Verzweigungen sichtbar. | JAHRESBERICHT 2013/2014 24

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