Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.
Lehre Ein guter Hausarzt schaut nicht zuerst in die Fach- literatur, sondern in das Gesicht seines Patienten. Welche Sorgen sieht er dort, welche Symptome? Wie kann er helfen – ohne viel Diagnostik und mit möglichst wenigen Medikamenten? Stellt sich ein Allgemein- mediziner solche Fragen, hat er in seinem Studium ein wichtiges Ziel erreicht. „Im Berufsleben geht es eben nicht darum, bei Frage 367 Antwort a) anzukreuzen, sondern darum, was dem Patienten, der gerade vor mir sitzt, ganz persönlich fehlt“, erklärt Prof. Dr. Thomas Kühlein, seit dem Wintersemester 2013/2014 Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der FAU Erlangen-Nürnberg und Direktor des Allgemein- medizinischen Instituts am Uni-Klinikum Erlangen. Thomas Kühlein versucht, mit seiner Vorlesung „Allgemeinmedizin“ einen neuen Weg zu gehen – und seine Richtung wird belohnt: Über 94 % der befragten Studierenden beurteilen die Veranstaltung als didak- tisch gut. Sie vermittele „das Gefühl, die Allgemein- medizin könne ihren Klischeemantel der langweiligen Hausarztmedizin ablegen“, schrieb jemand in seinen Evaluationsbogen. „Wir wollen Freude schaffen, man soll gerne zu uns kommen“, erklärt Dr. Marco Roos, der die Vorlesung mit konzipiert hat und sie gemeinsam mit Prof. Kühlein hält. Im fünften, dem ersten klinischen Semester haben die Studenten Lust auf Patienten, auf echte Fälle. Deshalb arbeitet das Dozentenduo inter- aktiv, lässt – auch bei konstant dreistelliger Besucher- zahl im Hörsaal – Aufgaben bearbeiten, stellt Fragen und zeigt Lehrfilme. „Die Studierenden müssen aus ihrer passiven Rolle herauskommen und in größeren Zusammenhängen denken“, wünscht sich Prof. Kühlein. Diagnosen ausschließen „In einer Umfrage unter den Studierenden des fünften Semesters konnte sich jeder Zweite vorstellen, später hausärztlich tätig zu sein“, weiß Lehrkoordinator Marco Roos. Ein erfreuliches Signal angesichts des aktuellen Landärztemangels. Nicht alle, die heute Interesse Medizinstudenten lernen viel darüber, was genau in den Zellen des Körpers passiert. Um gute Ärzte werden zu können, müssen sie sich von der isolierten Betrachtung dieser Details lösen und wieder den gesamten Menschen betrachten. leHrbUcH ZU UnD AUGen AUF Prof. Kühlein (r.) und Dr. Marco Roos erklären Studierenden anhand einer einfachen Matrix die Zuverlässigkeit medizinischer Tests. | JAHRESBERICHT 2013/2014 26
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