Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.

In der Pädiatrie werden Medikamente häufig off-label eingesetzt, also ohne dass sie spezifisch für Kinder zugelassen sind. Um das zu ändern, führt die Kinderklinik nun eine internationale, multizentrische Studie durch. Die Dosis macht das Gift bei Antibiotika treten aber trotzdem Nebenwirkungen auf und es werden Resistenzen gebildet – das ist ein großes Problem.“ Prof. Rascher zeigt sich erstaunt über die Studienergebnisse und hebt hervor, wie wichtig es ist, sich an die ärztliche Verordnung zu halten: „Die Dosis ist so wichtig wie das Medikament. Wir müssen im Gespräch mit den Eltern viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn letztlich schaden sie ihren Kindern mit der falschen Dosierung.“ Sechs Millionen Euro Studienförderung Kinder und Jugendliche sind aber nicht nur gefährdet, weil Eltern die Dosierungen verändern. Bereits bei der Arzneimittelzulassung wurden junge Patienten lange Zeit nicht ausreichend berücksichtigt. Erst seit dem Jahr 2007 sind Arzneimittelhersteller durch die Kinderarznei- mittelverordnung der Europäischen Union dazu ver- pflichtet, bei der Neuzulassung eines Medikaments pädiatrische Studien vorzulegen. Zahlreiche Arznei- mittel sind derzeit nicht für Minderjährige zugelassen – in Kliniken sind es besonders viele. Durch die neue Verordnung müssen die Antragsteller ein pädiatrisches Prüfkonzept durch die Europäische Arzneimittelagentur genehmigen lassen. Präparate, die bereits lange auf dem Markt sind, betrifft dies jedoch nicht. Da für die Firmen kein Anreiz besteht, nachträglich Studien durch- zuführen, setzt die Europäische Union auf finanzielle Förderung. Davon profitiert das multinationale und multizentrische Forschungsprojekt „Clondine for Sedation of Paediatric Patients in the Intensive Care Unit“, kurz „CloSed“, unter der Leitung von ► Die Aufgabe der Ärzte ist es, die richtigen Medikamente zu verschreiben. Die Aufgabe der Patienten ist die richtige Einnahme. Das ist selbstverständlich – sollte man zumindest meinen. Eine Studie der Kinder- und Jugendklinik des Uni-Klinikums Erlangen und des Robert Koch-Instituts hat nun allerdings gezeigt, dass die Wirk- lichkeit häufig anders aussieht. Die Idee zur Auswertung der KiGGS-Daten, einer vom Robert Koch-Institut initiierten Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, hatte der Direktor der Erlanger Kinderklinik, Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Rascher. 17.450 Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 17 Jahren beziehungsweise deren Eltern wurden syste- matisch zu ihrer Medikamenteneinnahme in den vergangenen Wochen befragt. Das Ergebnis: 40,2 % der jungen Patienten, die zum Zeitpunkt der Erhebung Arzneimittel erhielten, nahmen mindestens eines davon außerhalb der Zulassung zu sich. Ärzte und Apotheker sprechen in einem solchen Kasus von „off-label use“. Der Großteil dieser Fälle wurde im Rahmen der Befragung deshalb als off-label eingestuft, weil das Medikament zu niedrig dosiert war. So hatten die Eltern beispielsweise jedes fünfte Antibiotikum in zu geringer Menge verabreicht. Auffällig war, dass dies bei Familien mit hohem sozialen Status häufiger vorgekommen war als bei solchen mit Migrationshintergrund. Die Leiterin der Zentrale für klinische Studien in der Pädiatrie, PD Dr. Antje Neubert, die an der Datenauswertung maßgeblich beteiligt war, erklärt: „Wir nehmen an, dass die Dosierung der Medikamente von den Eltern reduziert wird, da sie ihren Kindern nicht schaden wollen. Gerade UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 33

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