Jahresbericht 2013 | 2014: Medizin. Menschen. Momente.
gegenüber der permanenten Prozedur einige Vorteile. Unter anderem besteht bei den Seeds das Risiko, dass sie imKörper wandern. Darüber hinaus werden Familien- angehörige und das klinische Personal mit Strahlung belastet – beides ist bei der Variante mit den implantierten Nadeln nicht der Fall.“ Volle Konzentration auf den Krebs Die Patienten der Erlanger Strahlenklinik kommen inzwischen aus ganz Deutschland: Teils werden sie von ihren Ärzten auf die Behandlungsmöglichkeiten am hiesigen Universitätsklinikum hingewiesen – teils recherchieren sie selbst im Internet nach Alternativen zur konventionellen Operation und/oder Radiotherapie. „Die Brachytherapie ist kein Allheilmittel“, dämpft Prof. Strnad allzu euphorische Erwartungen. „Kurieren können wir nur bei bestimmten Indikationen. Die interventionelle Strahlentherapie kann eine außer- ordentlich präzise sowie sehr schonende Methode beispielsweise bei kleinen Tumoren in Brust und Prostata sein – bei größeren Geschwülsten setzen wir hingegen auf die Kombination mit der Bestrahlung von außen.“ Am Beispiel des Mammakarzinoms wird außerdem gut ersichtlich, wie punktgenau mithilfe der Brachytherapie bestrahlt werden kann: Bei günstigen Voraussetzungen folgt auf die brusterhaltende Operation die Applikation einer konzentrierten Dosis Iridium-192 via Plastik-Mini-Katheter direkt in das verbliebene Brustgewebe. „Der Vorteil von Iridium- Strahlung besteht darin, dass sie exponentiell zur Distanz abnimmt. Das heißt, dass sie am Ursprungsort sehr stark ist und dann sehr schnell abnimmt“, erklärt Vratislav Strnad. „Wir schonen somit nicht nur die Haut und das gesunde Gewebe der Brust selbst, sondern auch Herz und Lunge, die in direkter Nachbarschaft liegen.“ Beim Prostatakarzinom gilt Gleiches für Enddarm sowie Harnblase und es kommt hinzu, dass die Risiken für Inkontinenz sowie Impotenz deutlich kleiner sind als bei der konventionellen OP. Insbesondere Patienten mit seltenen Tumoren, z. B. einem Penis- oder einem Analkarzinom, wenden sich gerne an die Spezialisten in der Hugenottenstadt – ebenso wie Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren: Auf diesem Gebiet weisen die Erlanger Strahlentherapeuten große Geschicklichkeit und besonders viel Erfahrung auf – schon seit den Anfängen in den 1920er-Jahren. Der moderne Neubau für die Brachytherapie öffnete 2010 seine Pforten: Rund 400 Patienten werden hier jährlich behandelt. Erstes Ausbildungszentrum in Deutschland Heute ist die interventionelle Strahlentherapie integraler Bestandteil der Ausbildung zum Facharzt für Strahlen- therapie. „Die Erlanger Strahlenklinik war bundesweit das erste Ausbildungszentrum für alle Indikationen der Brachytherapie“, berichtet Vratislav Strnad. „Außerdem bieten wir das ganze Spektrum an Einsatzmöglich- keiten, arbeiten und lehren auf hohem Niveau.“ In kleineren Krankenhäusern beschränkt sich die Anwendung der interventionellen Strahlentherapie – schlicht aufgrund der Einrichtungsgröße und Schwer- punktsetzung – beispielsweise auf eine Krebsart. „Wir haben in Deutschland insgesamt zu wenige Ausbildungs- möglichkeiten, was die ganze Bandbreite der Brachy- therapie angeht“, bedauert Prof. Strnad. In seinem eigenen Team gibt es einen festen Platz für einen Arzt in der Facharztausbildung, der in der Regel neun bis zwölf Monate lang einen umfassenden Einblick in die unter- schiedlichen Verfahrenstechniken erhält. Darüber hinaus arbeiten zwei Medizinphysiker, neun Gesundheits- und Krankenpflegerinnen (in drei Schichten) sowie eine medizinisch-technische Assistentin in diesem Funktionsbereich. „Wir sind natür- lich vollständig in die Strahlenklinik integriert und verfolgen mit unseren Kollegen aus den weiteren Funktionsbereichen gemeinsame Therapiekonzepte“, betont Vratislav Strnad. „Hinzu kommt, dass wir in das Onkologische Zentrum des Uni-Klinikums Erlangen und das Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN integriert sind. Wir kooperieren eng mit den anderen Disziplinen, nur so können wir unseren Patienten Quali- tät gewährleisten. Und: Die Brachytherapie ist wie jede onkologische Behandlung vor allem eines – Teamarbeit.“ n bm UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 51
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