Jahresbericht 2014 | 2015: Medizin. Menschen. Momente.

zum Spielplatz, das Treffen mit Freunden – alles rückt in weite Ferne. „Kinder können und wollen aber nicht dauerhaft im Krankenbett liegen und das sollen sie auch gar nicht“, betont Prof. Metzler, „denn Bewegung ist der Schlüssel zum Wohlbefinden und zur Genesung.“ Deshalb sei es so wichtig, den Teufelskreis aus krank- heitsbedingter Inaktivität, dem daraus resultierenden Muskelabbau, dem folgenden Schwächegefühl und der Müdigkeit zu durchbrechen. „Wir müssen bereits während der Krebsbehandlung mit der Sporttherapie in Kombination mit einer optimalen Zufuhr von Nähr- stoffen beginnen“, sagt der Kinderarzt. „Das gibt Kraft, hebt die Stimmung und unterstützt die Heilung.“ Herr über den eigenen Körper bleiben So groß die Altersspanne der Patienten auf der Station 2c ist, so unterschiedlich sind auch die individuellen Interessen: Während die Jüngeren vor allem ihren Bewe- gungsdrang ausleben, spielen und toben wollen, sehnen sich die Jugendlichen nach einer Möglichkeit, dem Krebs aktiv entgegenzutreten. „Unsere älteren Pati- enten sind hoch motiviert, selbst etwas zur Therapie beizutragen“, berichtet Markus Metzler. Hinzu kommt, dass eine Tumorerkrankung und ihre Begleiterschei- nungen Pubertierende besonders schwer treffen: In dieser sensiblen Altersphase sind das Selbstbild und die Körperwahrnehmung von großer Bedeutung – die Jugendlichen identifizieren sich mit ihrem Aussehen. „Es gleicht quasi einem Identitätsverlust, wenn die Betrof- fenen im Krankheitsverlauf ihre Muskulatur verlieren oder infolge der Cortisoneinnahme zunehmen“, veran- schaulicht der Onkologe. „Dagegen wollen die Patienten aktiv etwas tun, das Leben wieder ein Stück weit selbst in die Hand nehmen.“ Außerdem bedeuteten der Wechsel vom Krankenzimmer in die Turnhalle und der Kontakt mit einer Sportwissenschaftlerin statt mit medizinischem Personal ein wenig Normalität im Kran- kenhausalltag. Das Angebot „Bewegungstherapie und Ernährung in der pädiatrischen Onkologie“ umfasst neben den körperli- chen Aktivitäten aber eben auch die Ernährungsbera- tung der jungen Patienten und ihrer Angehörigen. „Dabei gelten für krebskranke Kinder weitestgehend die glei- chen Regeln wie für gesunde Gleichaltrige“, sagt Prof. Metzler. „Wir empfehlen frische und vitaminreiche Kost, Süßigkeiten nur in Maßen und ausreichend Flüssigkeits- zufuhr. Das klingt ideenlos, ist in der Umsetzung aber gar nicht so einfach, wenn beispielsweise die Chemo- therapie den Appetit verdirbt.“ Hier steht das Team den betroffenen Familien mit Rat und Tat zur Seite – und leistet Entwicklungsarbeit. Denn während die Ärzte bei der Behandlung von Erwachsenen auf zahlreiche Studien und umfangreiche Daten zurückgreifen können, steckt die Wissenschaft in Hinblick auf die jüngsten Krebspatienten sozusagen noch in den Kinderschuhen. „Deswegen begleiten wir unsere Sport- und Ernährungs- therapie wissenschaftlich und werten sie aus, damit wir auch objektiv belegen können, wovon wir heute schon überzeugt sind“, erläutert Markus Metzler, „nämlich dass körperliche Aktivität krebskranken Kindern und Jugendlichen guttut, die Therapie unterstützt, Kraft gibt und neuen Lebensmut verleiht.“ n bm In der Jugend, wenn das Selbstbild immer wichtiger wird, wollen viele Patienten dem Krebs aktiv entgegentreten. Unbändiger Bewegungsdrang: Aus dem Klinikgang wird eine Rennstre- cke und aus dem kleinen Patienten ein großer Rennfahrer. UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 15

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