Jahresbericht 2014 | 2015: Medizin. Menschen. Momente.

Anlass zu einer kleinen Feier. Die Förderung erlaubt es uns nun, die molekularen Ursachen von Autoimmuner- krankungen weiter zu untersuchen. ZumBeispiel möchten wir wissen, welche Zellen und Mechanismen die Unter- scheidung zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen ermöglichen und wie wir im Falle einer Autoimmunreaktion therapeutisch eingreifen können. Für die Beantwortung dieser Fragen haben Sie inno- vative Methoden entwickelt. Wie sehen diese aus? Unser Vorgehen ermöglicht es, unterschiedliche Fress- prozesse im lebenden Organismus zu beobachten. Bei sogenannten Reporter-Mäusen, also genetisch verän- derten Tieren, können wir Phagozyten, die tote Zellen oder Bakterien verschlungen haben, mittels Fluores- zenz dauerhaft markieren. Sobald ein Phagozyt gefressen hat, wird ein im Mikroskop wahrnehmbares Signal aktiviert. Dies erlaubt es uns, die beteiligten Zellen zu identifizieren und deren weitere Wanderung und Entwicklung zu verfolgen und zu untersuchen. Derzeitige Therapien zielen darauf ab, das Immun- system zu unterdrücken. Was ist bei Ihrem Ansatz neu? Das Immunsystem lernt das ganze Leben lang. Wenn es mit einem Virus oder Bakterium konfrontiert ist, erkennt es im Normalfall die Gefahr und entwickelt eine schüt- zende Immunreaktion. Das verlernt es auch nicht wieder. Dies gilt aber auch für Autoimmunprozesse. Bei Autoimmunerkrankungen ist der Fehler bereits im Vorfeld passiert. Wir wollen versuchen, das Immun- system wieder neu zu programmieren. Wenn wir die beteiligten Mechanismen besser verstehen, können wir die Immunreaktion möglicherweise auch wieder in rich- tige Bahnen lenken und so beispielsweise die natürli- chen Entsorgungsprozesse im Rahmen der angespro- chenen immunologischen „ Mülltrennung “ unterstützen. Das könnte dazu beitragen, dass die Immuntoleranz gegen Selbststrukturen – die bei Autoimmunerkran- kungen gestört ist – wiederhergestellt und aufrechter- halten wird. Derzeitige Therapien zielen darauf ab, das Immunsystem mit Kortison und anderen Immunsup- pressiva zu unterdrücken. Das funktioniert zwar in vielen Fällen gut, ist aber meistens mit Nebenwirkungen wie einer erhöhten Infektanfälligkeit verbunden und somit keine sehr elegante Lösung. Wir möchten die Behandlung auf ein anderes Level bringen, indem wir die natürlichen Toleranzmechanismen wiederherstellen. Ihre Tätigkeit ist kein typischer „Nine-to-five-Job“. Wie schaffen Sie es, in Ihrer Freizeit abzuschalten? Natürlich lässt man die Arbeit nicht komplett im Labor. Auch daheim liest man viel und grübelt nach. Außerdem bin ich viel unterwegs, auf Konferenzen und Kongressen in der ganzen Welt. Aber ich achte schon auf eine gute Work-Life-Balance. Ich gehe regelmäßig laufen und bin oft in der Fränkischen Schweiz zum Klettern. Im Winter fahre ich Ski und mache Skitouren – als Österreicher ja quasi ein Muss. Da gelingt es mir dann auch, mal nicht an Phagozyten und Moleküle zu denken. n aw Aufräumarbeiten auf Zellebene: Die rot eingefärbten Gewebs- makrophagen verschlingen tote Zellen (grün eingefärbt). PD Dr. Dr. med. univ. Gerhard Krönke wurde 1978 in Wien geboren. Nach der Matura studierte er an der Medizinischen Universität Wien Medizin und erwarb dort 2002 seinen Doktortitel. Nach dem Studium forschte er an seiner Heimat-Uni am Insti- tut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung. Im Jahr 2004 trat er einen zweijährigen Forschungs- aufenthalt an der University of Virginia, Charlottes- ville, USA, an. Für seine klinische Ausbildung zum Immunologen und Rheumatologen kam er 2006 an die Medizinische Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie (Direktor: Prof. Dr. med. univ. Georg Schett) des Uni-Klinikums Erlangen. Dort ist er seit 2012 als Oberarzt tätig. Seit 2009 ist er außer- dem Forschungsgruppenleiter im Nikolaus-Fiebi- ger-Zentrum für Molekulare Medizin der Fried- rich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 23

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