Jahresbericht 2014 | 2015: Medizin. Menschen. Momente.
Vollnarkose – das ist ein Zustand der gänzlichen Bewusst- und Schmerzlosigkeit. Diese Allgemeinanäs- thesie herbeizuführen, ist am Universitätsklinikum Erlangen heute so sicher wie nie. Hochleistungsfähige Überwachungssysteme, verträgliche Medikamente, Simu- latortrainings und eine offene Fehlerkultur führen dazu, dass Komplikationen absolute Ausnahmen bleiben. „Im vergangenen Jahr haben wir uniklinikumsweit alle un- sere etwa 120 Narkosearbeitsplätze in den OP-Sälen, Narkoseeinleitungen und Aufwachräumen erneuert und mit Medizintechnik der neuesten Generation ausge- stattet“, sagt Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Schüttler, Direktor der Anästhesiologischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. Doch noch immer fürchten sich manche Menschen davor, die Kontrolle über ihr Leben abzugeben und für die Dauer einer Operation in fremde Hände zu legen. Was, wenn ich nicht mehr aufwache? Oder wenn ich während der OP zu mir komme und mich nicht mitteilen kann? Prof. Schüttler kennt solche Ängste. „In Deutsch- land finden jährlich 14 Millionen Narkosen statt, wobei nur in wenigen Fällen – nämlich bei 50 bis 60 Patienten – etwas Gravierendes passiert“, sagt der Anästhesist. „Das Risiko, dass ein sonst gesunder Patient infolge einer Narkose stirbt, liegt also bei 1:250.000. Wir bewegen uns mit der Anästhesie in einem Hochsicher- heitsbereich.“ Zwar steigt das Risiko für Zwischenfälle bei betagten Patienten und bei Menschen mit schweren Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffi - zienz oder Diabetes deutlich an, jedoch ergibt es sich immer aus dem Zusammenwirken von Gesundheitszu- stand, operativem Eingriff und Betäubung. Kurz gesagt: Ist jemand lebensbedrohlich erkrankt oder verletzt, spielt die Anästhesie eine untergeordnete Rolle. Die intraoperative Awareness – das Wachwerden des Patienten während der Narkose – kommt in einem von 10.000 Fällen vor. „Vornehmlich bei Eingriffen, bei denen die Narkosetiefe aus Sicherheitsgründen sehr flach gehalten werden muss – bei Kaiserschnitten oder lebensbedrohenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei- spielsweise“, erklärt Prof. Schüttler. „Das bedeutet nicht, dass der Patient dann automatisch Schmerzen emp- findet – er erhält ja sowieso äußerst wirksame Schmerz - mittel. Es kann aber vorkommen, ► Wenn der Patient schläft, bleibt der Anästhesist hell- wach. In jeder Sekunde sorgt er für das Wohlergehen des Narkotisierten. Der Anästhesist hält den Patienten am Leben, während ein Chirurg Eingriffe vornimmt, die ohne Narkose nicht möglich wären. Pause für das Bewusstsein Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung im Blut, Zusammensetzung der Atemluft, Körpertemperatur: Der Anästhesist ist während eines Eingriffs unter Narkose für ein umfas- sendes medizinisches Monitoring verantwortlich. UNIVERSITÄTSKLINIKUM ERLANGEN | 37
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