Jahresbericht 2015 | 2016: Medizin. Menschen. Momente.

Warum chronisch? Bei der Suche nach den Ursa- chen von Chroni fi zierungen bli- cken die SFB-Forscher auch auf die DNA in „neutrophil extracellular traps“ (im Bild), die im gesunden Körper einen Sicherheitsmechanis- mus gegen ausufernde Entzündun- gen bilden. VOM NORMALFALL ZUR KRANKHEIT „Entzündungen“, sagt Prof. Schett, „sind zunächst ein automatischer physiologischer Reparaturmechanismus im Körper. Wenn wir uns in den Finger schneiden oder eine Infektion von außen droht, dann schützt sich der Organismus durch eine Entzündungs- reaktion. Diese verhindert das Eindringen weiterer Bakterien, räumt tote Zellen fort und stößt den Heilungsprozess an.“ Erkrankun- gen treten dann auf, wenn sich dieser Repa- raturvorgang nicht wieder abstellt, sondern anhält. „Bleibt eine Entzündung bestehen, obwohl ihr Auslöser schon nicht mehr da ist, sprechen wir von einer Chroni fi zierung“, erklärt der Sprecher des SFB 1181. Die drei am häu fi gsten von chronisch-entzündlichen Erkrankungen betroffenen Körperteile sind die Gelenke mit Rheumatoider Arthritis und Gicht, der Darm mit Morbus Crohn und die Lunge, die bei anhaltender Entzündung der Bronchialschleimhäute ein Asthma bronchiale entwickelt. „Wir vermuten, dass Störungen im Abschaltprozess zentrale Gründe für die Entstehung chronischer Erkrankungen sind.“ Prof. Dr. med. univ. Georg Schett, Direktor der Medizin 3 FORSCHUNG FERN DES MAINSTREAMS Vor allem dank seines innovativen Ansatzes erhielt der Sonderforschungsbereich, in dem Mediziner unterschiedlicher Fachdiszi- plinen sowie Biologen, Mikrobiologen und Physiker zusammenarbeiten, die Förderung durch die DFG. „Es ist relativ gut verstanden, wie Entzündungen entstehen und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen“, erläutert Prof. Schett. „Zu wenig bekannt ist bisher, wie sich Entzündungen wieder au fl ösen. Wir vermuten, dass Störungen im Abschalt- prozess zentrale Gründe für die Entstehung chronischer Erkrankungen sind.“ Weder in Deutschland noch im internationalen Umfeld werde aktuell in dieser Form und in dieser Dimension an einer solchen Fragestellung gearbeitet wie jetzt in Erlangen. Um sich dem bisher ungelösten Rätsel der Entzün- dungsau fl ösung anzunähern, mussten die Gründer des Sonderforschungsbereichs umdenken. „Unser Ziel war es“, sagt Georg Schett, „mit diesem Projekt neue Wege zu gehen und Hypothesen und Aufgaben zu entwickeln, die sich außerhalb des Mainstreams bewegen.“ F O R S C H E N L E H R E N U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 5 | 2 0 1 6 22

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