Jahresbericht 2015 | 2016: Medizin. Menschen. Momente.

U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 5 | 2 0 1 6 54 H E L F E N H E I L E N gesehen haben, waren gravierend schlecht“, erinnert er sich. „Da war im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr viel Luft.“ Dement- sprechend rasch fällten Dr. Meyer und seine Kollegen die Entscheidung zur schnellstmög- lichen Hilfeleistung, und so saßen binnen zwölf Stunden zwei Erlanger Experten im Flug- zeug nach Cancún: Dr. René Tandler, Ober- arzt der Herzchirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Michael Weyand), und der ebenfalls am Uni-Klinikum Erlangen tätige Kardiotech- niker Steffen Oehrlein. HERZ-LUNGEN-MASCHINE IM GEPÄCK Neben ihrem persönlichen Gepäck bugsier- ten Dr. Tandler und Steffen Oehrlein noch zwei Rucksäcke und einen Koffer mit brisan- ter Fracht durch die Terminals und Sicher- heitskontrollen. „Zwar sollten wir den Pati- enten zunächst nur untersuchen und fest- stellen, ob sein Zustand einen Rücktransport nach Deutschland zulässt“, erläutert Dr. Tandler, „aber um diesen gegebenenfalls schon vorzubereiten und da die übermittel- ten Lungenfunktionswerte so besorgniserre- gend waren, nahmen wir unsere mobile Herz- Lungen-Maschine gleich mit nach Mexiko.“ Doch Teile des Geräts, beispielsweise die Sauerstoff fl asche, gelten auf Flughäfen als Gefahrengut. „Zum Glück ermöglichten es unsere Erfahrung, kooperatives Bordperso- nal und die teilweise Deklaration als Hand- gepäck, dass wir den Linien fl ug trotzdem nehmen konnten“, sagt Steffen Oehrlein heute noch ein wenig erleichtert. Kaum in Cancún angekommen, eilten die beiden ins Krankenhaus. Andreas M. befand sich in einem sehr kritischen Zustand, hatte das Bewusstsein verloren, und seine Organe versagten – aber er galt als transportfähig. Das war entscheidend, und so erging die Meldung „Patient stabil“ nach Erlangen. Daraufhin machten sich auch Dr. Simon Rieß, Oberarzt der Anästhesie, sowie der Fachp fl e- ger für Anästhesie und Intensivmedizin Holger P fi ster mit dem ADAC-Ambulanz fl ugzeug auf den Weg nach Mittelamerika. „Man darf den mexikanischen Kollegen nichts vorwerfen. Für ihre Verhältnisse haben sie sehr gute medizinische Versorgung geleistet und alle Möglichkeiten ausgeschöpft“, betont Simon Rieß. „Außerdem wurden wir von ihnen äußerst kollegial empfangen und toll unterstützt.“ NIERENVERSAGEN ÜBER DEN WOLKEN Als das vierköp fi ge Erlanger Team komplett war, implantierte es unter Leitung von Dr. Tandler bei Andreas M. direkt das sogenann- te ECMO-System. „ECMO steht für ‚Extra- korporale Membranoxygenierung‘. Dabei wird über einen Katheter in der Leiste mithilfe einer kleinen Pumpe das sauerstoffarme Blut des Patienten in eine ‚künstliche Lunge‘ transferiert und dort mit Sauerstoff angerei- chert, bevor es über einen weiteren Katheter wieder in den Körper zurückgeführt wird. Die ECMO übernimmt damit die Lungenfunk- Dr. Michael Meyer, Dr. Simon Rieß, Steffen Oehrlein und PD Dr. Richard Strauß (v. l.) kämpften um das Leben von Andreas M. und begleiteten ihn auf seinem Weg zurück ins Leben. Teamwork auf dem Flughafen in Cancún: Während Dr. Tandler (stehend) sich um die korrekte Funktion des ECMO-Systems kümmert, bereiten Dr. Rieß (gelbe Weste) und Holger P fi ster (weißes Hemd) gemeinsam mit den mexikanischen Kollegen die Umlagerung des Patienten in das ADAC-Ambulanz fl ugzeug vor.

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