Jahresbericht 2016 | 2017: Medizin. Menschen. Momente.
U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 6 | 2 0 17 16 U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 6 | 2 0 17 17 L E B E N B E W E G E N L E B E N B E W E G E N NICHT NUR SAUBER, SONDERN REIN Infektionsrisiken minimieren, die Gesundheit schützen, Leben retten: Krankenhaushygiene ist die Basis dafür. Die Hygienefachkräfte des Uni-Klinikums Erlangen haben sich diesem Grundprinzip verschrieben. Sekunden laufen lassen. 200 Milliliter abfüllen. Zweimal Temperatur mes- sen. Simone Witzgall und Karin Dorsch arbei- ten sich vor, Stuhl für Stuhl. Die beiden Hygie- nefachkräfte sind unterwegs in der Zahnklinik 3 – Kieferorthopädie des Uni-Klinikums Erlan- gen. An jedem der neun Behandlungsplätze zapfen sie Trinkwasser ab. Die nummerierten Glasflaschen kommen in eine isolierte Box und noch am selben Tag ins Hygienelabor des Mikrobiologischen Instituts. „Nach zehn Tagen haben wir das Ergebnis“, sagt Karin Dorsch. Im Labor werden die Proben auf Legionellen untersucht. „Wasser, das eine Temperatur von 25 Grad Celsius oder mehr hat, ist das ideale Nährmedium für Legionellen“, erklärt Simone Witzgall und hält ein Thermometer in einen mit Wasser gefüllten Plastikbecher. „Es wäre also wünschenswert, dass wir über- all 20 Grad Celsius oder weniger messen.“ Legionellen sind Stäbchenbakterien. Sie ver- breiten sich über den Sprühnebel, der etwa durch hochtourige, gekühlte Zahnarztinstru- mente, Wasserhähne oder Duschen entsteht. Für Immungeschwächte, Herz- und Lungen- kranke kann der Bakteriennebel lebensbe- drohlich sein. „Wenn das Labor Keime fände, müssten wir handeln“, erklärt Karin Dorsch. „Mit Spülungen oder Filtern, die kein einziges Bakterium mehr durchlassen.“ KEIME UND KOMMUNIKATION Seit 2013 ist Karin Dorsch Hygienefachkraft. Simone Witzgall kam ein Jahr später ins Team. „Mikrobiologie hat mich schon als Pflegekraft begeistert. Ich habe einfach ein Faible für Keime“, sagt Witzgall. Sechs ausgebildete Hy- gienefachkräfte gibt es am Uni-Klinikum. Alle sind gelernte Gesundheits- und Kranken- be- ziehungsweise Kinderkrankenpflegerinnen, haben mindestens drei Jahre Berufserfahrung gesammelt und sich dann zur staatlich aner- kannten Hygienefachkraft weitergebildet. Die Fachkräfte unter der Leitung von Catherine Scharf unterstehen der Pflegedirektion (Pfle- gedirektor: Reiner Schrüfer) des Uni-Klinikums und werden fachlich vom Mikrobiologischen Institut – Klinische Mikrobiologie, Immuno- logie und Hygiene (Direktor: Prof. Dr. Christian Bogdan) beraten. Einmal pro Woche treffen sich die Hygienefachkräfte mit Oberarzt Dr. Bernd Kunz, der als Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin seit 1997 die Sektion Kran- kenhaushygiene leitet (s. Abb. S. 19). Die Hygieneexpertinnen des Uni-Klinikums sind überall im Haus unterwegs – auf der Frühchenstation und auf der Baustelle, im Operationssaal und im Patientenzimmer, in der Medizinprodukteaufbereitung und in der Textilversorgung. Krankenhaushygiene – das ist mehr als Händedesinfektion. „Unser Anspruch ist es, die Krankenhaushygiene als selbstverständ- lichen Bestandteil aller Arbeitsabläufe zu etablieren“, erklärt Karin Dorsch. Sie glaubt: Die Gefahr, die von nosokomialen Infektionen ausgeht – also von Erregern in einem me- dizinischen Umfeld –, ist dem Personal und den Patienten heute bewusster als vor zehn Jahren. „Unsere Beratung nehmen die Kol- legen deswegen gern an. Sie schätzen, was wir tun.“ Hygienefachkräfte sind aber nicht 20 In der Kieferorthopädie des Uni-Klinikums ent- nimmt die Hygienefach- kraft Karin Dorsch eine Wasserprobe. Ab dem Übergabepunkt vom öffentlichen Trinkwas- sernetz in die Behand- lungseinheit ist das Krankenhaus für die Qualität des Wassers verantwortlich. 3–5% der Patienten in deut- schen Krankenhäusern sind von nosokomialen Infektionen betroffen. Bei Intensivpatienten ist die Wahrscheinlich- keit, sich zu infizieren, am höchsten. Dinge beim Namen nennen, zwischen Interessen vermitteln – das sind Kern- kompetenzen aller Hygienefachkräfte. Bei Stationsbesprechungen und -be- gehungen hören und sehen die Ex- pertinnen genau hin: Was konnte das Team seit dem letzten Besuch ver- bessern, wo braucht es noch Unter- stützung? Die Hygienefachkräfte des Uni-Klinikums entnehmen regelmäßig Wasserproben aus der Leitung und bestimmen vor Ort deren Temperatur. Denn: Schon die Temperatur des Trinkwassers beein- flusst mitunter seine mikrobiologische Qualität. Eine erhöhte Konzentration bestimmter Mikroorganismen kann vor allem für immungeschwächte Patienten gefährlich sein. Im Hygienelabor wird das Wasser deshalb genau untersucht.
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