Jahresbericht 2017 | 2018: Medizin. Menschen. Momente.

lutwerte aus dem Labor, OP- und Arztberichte, MRT-, CT- und Rönt- genbilder, molekulare und ge- nomische Analysen – in großen Kliniken entstehen diese und weitere Daten täglich zu Hunderttausenden. So auch im Uni-Klinikum Erlangen. Bisher galten sie als Einwegprodukt, nützlich nur für die Behandlung des Patienten, von dem sie stammen. Ähnlich ist es bei Forschungsdaten: Auch sie werden meist nur einmal verwendet. „Ein Umdenken muss her“, sagen nun aber die Mitglieder des MIRACUM-Konsortiums (Medical Informatics in Research and Care in University Medicine). Sie haben das Potenzial erkannt, das in den Zahlen, Texten und Bildern steckt. EINE GEMEINSAME SPRACHE FINDEN MIRACUM ist eines von vier deutschen For- schungsnetzwerken, die im Rahmen der Me- dizininformatik-Initiative des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden – im Fall von MIRACUM in den ersten vier Jahren mit 32,1 Millionen Euro. „Wir wollen medizinische Informationen standardisiert und natürlich datenschutzge- recht über die Grenzen einzelner Uni-Kliniken hinweg nutzbar machen“, sagt Prof. Dr. Hans- Ulrich Prokosch, Leiter des Medizinischen Zentrums für Informations- und Kommunika- tionstechnik am Uni-Klinikum Erlangen und Sprecher des MIRACUM-Konsortiums. „In unseren Datenarchiven liegt das Wissen, das wir brauchen, um Ärzten bei Therapieent- scheidungen zu helfen, die Prozesse der Kli- niken zu optimieren und Forscher bei klini- schen Studien zu unterstützen.“ An diesen Zielen arbeiten bei MIRACUM elf deutsche Partner: Wissenschaftler aus acht Uni-Kliniken, zwei Hochschulen sowie von einem Industrie- partner. Die größte Herausforderung: Jahrelang haben die deutschen Kliniken verschiedene Spra- chen gesprochen. Die Daten sind zwar vor- rätig, sie befinden sich aber in verschiedenen Systemen und liegen in unterschiedlicher Form und Vollständigkeit vor. Ein Beispiel: Nutzen manche Einrichtungen in ihren Pati- entenakten die Unterscheidung „weiblich“ und „männlich“, geben andere nur „w“ und „m“ oder „0“ und „1“ an. MIRACUM arbeitet an Lösungen, diese Informationen im Kon- sortium und auch bundesweit zu harmonisie- ren. „Gleichzeitig wollen wir bei den Klinik- mitarbeitern ein Bewusstsein für die richtige Datenerhebung schaffen“, erklärt Prof. Prokosch. „Wir alle müssen verstehen, dass Daten mehr sind als nur Archivmaterial. In der richtigen Form können sie eine fundamen- tale Quelle des medizinischen Erkenntnis- gewinns sein.“ ES IST ZEIT, ZU HANDELN MIRACUM ist eine Mammutaufgabe, die ge- nau jetzt wichtig ist. „In der Medizininforma- tik-Initiative müssen wir es besser machen als in den seit 2003 laufenden Versuchen, eine Gesundheitstelematik-Infrastruktur für Deutschland zu etablieren“, sagt Prof. Pro- kosch. Die USA, die Niederlande und Groß- britannien machen es schon vor – nun ist Deutschland am Zug. Die BMBF-Förderung für MIRACUM zeigt, dass die Politik erkannt hat, dass ein Gesundheitssystem der Zukunft nicht ohne medizininformatische Unterstüt- zung funktionieren kann. Das MIRACUM- Team ist bereit: Im Rahmen des Aufbaus der Datenintegrationszentren und dreier praxis- orientierter „Use Cases“ nähern sich Informa- tiker, Biometriker, Datenschützer, Mediziner und viele weitere Fachleute der Aufgabe, die Datenschätze aus der Versorgung zu heben. „Diese Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen“, betont Hans-Ulrich Prokosch. B „Bei MIRACUM geht es nicht darum, einen giganti- schen zentralen Daten-Pool zu generieren“, betont der Sprecher des Netzwerks, Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch (Foto). „Jedes Uni-Klinikum soll seine Daten weiterhin pseudonymisiert oder anonymisiert im eigenen Datenintegrationszentrum verwalten. Übergreifende Auswertungen und Abfragen können Mediziner und Forscher auf der Basis verteilter Datenbestände durchführen. U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 17 | 2 0 1 8 15 H E L F E N H E I L E N MS Website des MIRACUM-Konsortiums: www.miracum.org

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