Jahresbericht 2017 | 2018: Medizin. Menschen. Momente.
U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 17 | 2 0 1 8 33 H E L F E N H E I L E N „E in künstlicher Darmausgang? Damit kann ich nie wieder Fußball spielen oder schwim- men und muss meine Ernäh- rung noch weiter einschränken. Meine Freundin wird sich dann auch von mir trennen! Lieber will ich nicht mehr leben!“ Diese Gedanken übermannten Martin S. regel- recht, als ihm die Ärzte zu einem Stoma (griech.: Öffnung) rieten – einer künstlichen Ausleitung seines Darms durch die Bauch- decke. Die chronisch-entzündliche Darmerkran- kung Morbus Crohn hatte bei dem 29-Jähri- gen jahrelang zu heftigen Durchfällen, Darm- blutungen und Krämpfen geführt. Er verlor viel Gewicht und fühlte sich permanent kraft- los. Um die dauerentzündete Darmwand zu entlasten, wurde im Frühjahr 2017 ein En- terostoma unausweichlich. „Eigentlich hat jeder, der einen künstlichen Darm- oder Blasenausgang bekommt, die gleichen Ängste wie Martin S. – und dazu Hunderte von Fragen“, sagt Gabriele Hofmann, eine von zwei Fachpflegekräften „Stoma, Kontinenz und Wunde“ in der Chirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Robert Grützmann) des Uni-Klinikums Erlangen. Gabriele Hofmann und ihre Kollegin Scarlett Summa weisen Stomapatienten den Weg zurück in die Nor- malität. Viele Menschen, die ein dauerhaftes oder vorübergehendes Entero- oder Urostoma bekommen, hatten Darm- oder Blasenkrebs. Doch es finden sich auch andere Indikationen, gerade bei jungen Patienten: Chronisch-ent- zündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn von Martin S., die Colitis ulcerosa oder eine Divertikulitis können ein Stoma nötig machen. Seltenere Ursachen sind Verletzun- gen, angeborene Fehlbildungen oder Nerven- schäden, wegen derer die Betroffenen die Kontrolle über ihren Darm oder ihre Blase verlieren. 60 JAHRE ERFAHRUNG Das Uni-Klinikum Erlangen war das erste Krankenhaus Deutschlands, das in den 1970er-Jahren die Stomapflege einführte. Pionierin war die Krankenschwester Anneliese Eidner, die sich 1976 an der Cleveland Clinic in Ohio, USA, zur Stomatherapeutin ausbil- den ließ und nach ihrer Rückkehr in Erlangen Patientenschulungen und eine ambulante Stomasprechstunde anbot. Anneliese Eidner war es auch, die Gabriele Hofmann damals zum Unterricht nach Amerika schickte. Ga- briele Hofmann erinnert sich: „Einmal hatte ich einen dunkelhäutigen Patienten. Als er sein fertiges Stoma sah, stellte er erstaunt Nicht immer für immer Eine Stomaanlage kann dauerhaft oder temporär sein. Werden ganze Darmab- schnitte einschließlich des Schließ- muskels entfernt, behält der Patient sein Stoma lebenslang. Wird ein Stoma angelegt, um eine operativ erzeugte Darmnaht eine Zeit lang zu schützen, kann es mitunter wieder zurückver- lagert werden.
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