Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.

Fälle, die die Menschen völlig unangekündigt mitten aus ihrem Leben reißen.“ Ein probates Instrument gegen die Hilflosigkeit der Ange- hörigen ist auch das Intensivtagebuch, das Markus Prinz gemeinsam mit Lisa Dietmar und Tobias Heckelsmüller im August 2018 auf seiner Station eingeführt hat. „Die Idee dazu erhielten wir durch einen Vortrag des Pflegewissenschaftlers Peter Nydahl vom Uni- versitätsklinikum Schleswig-Holstein, der in Deutschland als Wegbereiter des Intensivta- gebuchs gilt. In diesem wird für Komapatien- ten alles dokumentiert, was sie während ihrer Bewusstlosigkeit nicht wahrnehmen können – und zwar gleichermaßen durch Pflegekräfte und die Angehörigen“, erläutert Markus Prinz. INTENSIVSTE FORM DER PFLEGE Neben den persönlichen Einträgen für den Patienten stellt das Erlanger Intensivtage- buch Details der Neuro-Intensivstation dar, die ein Patient während seiner Komaphase unbewusst wahrgenommen haben könnte, darunter auch visuelle Eindrücke. „Es ist ein Tagebuch für den Patienten und seine Familie, aber keine Dokumentation des Kli- nikaufenthalts. Deshalb war uns sehr wichtig, darin auch Fotos einzubinden, obwohl dieser Ansatz mit erheblichem rechtlichen Aufwand verbunden war“, betont Markus Prinz. „Viele Studien belegen, dass ein solches Tagebuch die intensivste Form der Pflege ist, weil seine positive Wirkung bis zu drei Jahre lang an- hält. Damit kann es nicht nur die Patienten, sondern auch die Angehörigen vor posttrau- matischen Belastungsstörungen schützen.“ Der Stationsleiter fügt hinzu: „Mehr als 90 Prozent aller Angehörigen nutzen unser Inten- sivtagebuch, weil sie damit für den geliebten Menschen aktiv werden und ihm die eigenen Gedanken und Gefühle mitteilen können.“ WORTE GEGEN DIE VERLORENE ZEIT Mit einem Plakat im Wartezimmer der Neuro- Intensivstation und in persön- lichen Gesprä- chen informiert das Pflege- team über das Tagebuch. Lisa Dietmar: „Damit die Zeit im Koma inner- lich nachvoll- „Lieber Herr Müller, heute haben Sie zum ersten Mal ganz leicht meine Hand gedrückt.“ – Jeden Tag schreibt das Pflegeteam einen Eintrag für das Inten- sivtagebuch, das es gemeinsam mit den Angehörigen für den Patienten führt. „Ein solches Tagebuch ist die intensivste Form der Pflege, weil seine positive Wirkung bis zu drei Jahre lang anhält.“ Markus Prinz, Stationsleiter der Neuro-Intensivstation U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 14 H E L F E N H E I L E N

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