Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.

„Bei der schweren restriktiven Kardiomyo- pathie handelt es sich um eine sehr seltene Form der Herzmuskelschwäche“, erklärt Dr. Ulrike Doll, Oberärztin in der Kinderkardio- logie. „Die Wände einer oder beider Herzkam- mern verdicken und werden dadurch weniger dehnbar. Die betroffene Kammer pumpt immer weniger Blut in den Kreislauf, wodurch Blut in den Lungengefäßen zurückgestaut wird.“ Die Ursachen der Herzschwäche sind vielschichtig. Manchmal liegen ihr genetische Besonderheiten zugrunde, oft kann jedoch kein Auslöser gefunden werden. Je nachdem, wie ausgeprägt die Erkrankung ist, kann sie mit gerinnungshemmenden Medikamenten und Immunsuppressiva behandelt werden. „Liegt wie bei Helin eine sehr schwere res- triktive Kardiomyopathie vor, ist die Trans- plantation eines Spenderherzens die einzige Therapieoption – und das möglichst schnell, bevor durch die Herzschwäche weitere Or- gane geschädigt werden“, so Ulrike Doll. inus mal minus macht plus – das gilt in der Mathematik und im übertragenen Sinne auch in der Medizin, speziell wenn es um das Thema Organtrans- plantation geht. Denn erst, wenn jemand stirbt und seine Organe gespendet werden, können andere Menschen weiterleben. Für alle Beteiligten ist das mit unvorstellbaren Emotionen verbunden – vor allem, wenn es um Kinder geht. „Für Eltern gibt es nichts Schlimmeres, als das eigene Kind zu ver- lieren. Ich habe größten Respekt davor, wenn Mütter und Väter in dieser schweren Stunde entscheiden, die Organe ihres Kin- des zu spenden. In einem Moment, in dem das Schicksal nicht ungerechter zu ihnen hätte sein können, denken sie an andere“, sagt Ilknur Deniz-Baysan. „Meiner Tochter Helin geht es heute gut, weil sie das Glück hatte, ein Spenderherz zu bekommen.“ EIN ZU SCHWACHES HERZ Als Helin zwei Jahre alt war, litt sie an immer wiederkehrenden Infekten. Sie war kaum belastbar, ständig müde und ihr Appetit ging verloren. Über sechs Monate lang verbes- serte sich ihr Zustand nicht, auch Antibiotika, die aufgrund des Verdachts auf eine Lungen- entzündung verordnet wurden, schlugen nicht an. Der Kinderarzt der Familie Baysan überwies Helin schließlich in ein Nürnberger Krankenhaus, wo die Ärzte erstmals die Vermutung äußerten, dass etwas mit Helins Herz nicht stimmt. Sie empfahlen den Eltern, sich an die Spezialisten der Kinder- kardiologischen Abteilung (Leiter: Prof. Dr. Sven Dittrich) zu wenden. Die Diagnose: ausgeprägte Herzinsuffizienz. M „ Das Ergreifendste bei einer Herztrans- plantation ist der Moment, wenn die leere Brusthöhle vor einem liegt.“ Prof. Dr. Michael Weyand, Direktor der Herzchirurgischen Klinik 12 Herzen wurden im Jahr 2018 am Uni-Klinikum Erlangen transplantiert. 60 Patienten warten hier derzeit auf ein pas- sendes Spenderherz. U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 23 H E L F E N H E I L E N Während der Herztransplanta- tion ist Helin an eine Herz-Lun- gen-Maschine angeschlossen. Das Gerät ersetzt für die Zeit der Operation die Pumparbeit des Herzens und die Gasaus- tauschfunktion der Lunge. Zu- dem kann ein Kardiotechniker über die Herz-Lungen-Maschine präzise die verschiedenen Vital- parameter überwachen und die Körpertemperatur regulieren.

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