Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.
BANGES WARTEN „Für meinen Mann und mich lief alles ab wie im Film. Wir wollten einfach nicht wahr- haben, dass Helin so krank ist“, sagt Ilknur Deniz-Baysan. „Deshalb holten wir weitere Meinungen ein. Wir waren in Berlin und in Gera, schickten die Erlanger Befunde sogar in die Türkei und zu befreundeten Ärzten in die USA. Die Antwort war immer die glei- che: Es stimmte – unsere Helin litt an einer schweren restriktiven Kardiomyopathie, und nur eine Herztransplantation konnte ihr hel- fen.“ Zwei Monate nach der Diagnose ließen die Eltern Helin schließlich auf die Warte- liste setzen. Aufgrund des Organmangels dauerte es dann zwei lange Jahre, bis ein passendes Spenderherz gefunden wurde. Zwei Jahre, in denen sich Helins Zustand kritisch verschlechterte. So sehr, dass sie fast schon zu schwach für die Operation war. MONDLANDUNG IN DER MEDIZIN Das erste menschliche Herz wurde in Deutsch- land vor 50 Jahren, am 13. Februar 1969, in München transplantiert. Der 36-jährige Patient verstarb allerdings bereits 27 Stun- den nach der Operation. Sein Immunsystem hatte gegen das neue Organ angekämpft. Damals waren derartige Abstoßungs- reaktionen auf fremde Organe häufig und wenig erforscht. Erst die Entdeckung von Cyclosporin A – einem Arzneistoff aus der Gruppe der Immunsuppressiva – brachte Fortschritte und rückte das Thema Herz- transplantation Anfang der 1980er-Jahre wieder in den Fokus der Medizin. Die Anzahl der transplantierten Herzen in Deutsch- land stieg von sechs Organen im Jahr 1981 auf 257 Organe im Jahr 2017. Dem gegen- über standen allerdings 703 Menschen, die 2017 auf ein Spenderherz warteten. Am Uni-Klinikum Erlangen werden jährlich zwischen zehn und zwanzig Herzen verpflanzt – 2018 waren es zwölf. „Dabei haben wir die Kapazitäten, deutlich mehr Herztrans- plantationen durchzuführen, aber es gibt einfach zu wenig Spenderorgane“, erklärt Prof. Dr. Michael Weyand, Direktor der Herz- chirurgischen Klinik. „Auf politischer Ebene müssen die Strukturen verbessert und eine kostendeckende Finanzierung sichergestellt werden. Dass die jetzige Bundesregierung ein Gesetz verabschiedet hat, das die Rah- 52 Bereits seit 52 Jahren ist die Stiftung Euro- transplant verantwort- lich für die Zuteilung von Spenderorganen in acht europäischen Ländern. Nachdem Prof. Dr. Michael Weyand und sein OP-Team Helins Brustkorb geöffnet und ihr erkranktes Herz von den großen Gefäßen ge- trennt haben, kann das Spenderherz eingesetzt werden. U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 24 H E L F E N H E I L E N
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