Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.
S ein Leben lang war Sami Morina nicht krank. Die schwere Arbeit im Pflasterbau machte ihm nichts aus. Anfang 2018 dann bekam der 37-Jährige plötzlich kaum noch Luft. Körperliche Anstrengung machte die Atemnot noch schlimmer. Inner- halb weniger Wochen nahm Sami Morina von einst über 100 auf 74 Kilo ab. Sein Fürther Hausarzt überwies ihn ans Uni-Klinikum Er- langen. Hier sollten Spezialisten den Grund für die unerklärlichen Symptome finden. In kurzer Zeit verschlechterte sich Sami Mori- nas Gesundheitszustand dramatisch, sodass er auf die Intensivstation der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie verlegt und künstlich be- atmet werden musste. Neun Tage lang lag der Vater zweier Töchter im Koma. „Unser Verdacht war eine Pneumocystis-Pneumonie, kurz PCP“, erklärt Markus F. Neurath. Der Direktor der Medizin 1 und sein Team über- wachten den Patienten rund um die Uhr. „Die PCP ist eine spezielle Form der Lungen- entzündung, wie sie immungeschwächte Pa- tienten oft entwickeln – zum Beispiel Men- schen mit einer HIV-Infektion oder einem Spenderorgan. Ausgelöst wird sie durch eine Pilzinfektion, Übertragungsweg ist die Luft“, sagt Markus Neurath. Doch diese erste Ver- mutung bestätigte sich nicht. „Wir wollten den Patienten mit einem Antibiotikum behandeln, das ins Schwarze trifft. Dazu mussten wir erst die PCP nachweisen – aber das gelang uns nicht“, erklärt Prof. Dr. med. univ. Georg Schett, der Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie, der von Anfang an im Austausch mit den Kollegen der Medizin 1 stand. Sami Morinas Lun- genbläschen waren entzündet, die Wände der einzelnen Bläschen so stark verdickt, dass sie fast keinen Sauerstoff mehr zu den feinen Blutgefäßen in ihrer Umgebung durchließen. Der Patient hatte definitiv eine Lungenentzündung. Doch schuld war nicht die vermutete Pilzinfektion. Aber was dann? DEUTSCHES ZENTRUM IMMUNTHERAPIE Das Unerklärliche erklären – dazu vernetzen sich am Uni-Klinikum Erlangen vor allem Rheumatologen, Immunologen und Inter- nisten sowie Krebsmediziner und Hautärzte im DZI – dem Deutschen Zentrum Immun- therapie. Medizin-Nobelpreisträger und Krebsforscher Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Harald zur Hausen eröffnete das neue Zentrum im Juli 2018. Hier wollen Ärzte und Wissen- schaftler zum einen chronisch-entzündliche Erkrankungen so früh und so treffsicher wie möglich feststellen. Zum anderen stellen sich die DZI-Experten gegen Krebs auf. Nach der Diagnostik im Speziallabor soll jeder Patient eine passgenaue Immuntherapie erhalten Die Ursachen für viele Autoimmunerkrankungen sind bis heute nicht ganz geklärt. „Wir gehen von einer Kombination aus genetischer Bereitschaft und Umweltfaktoren aus“, sagt Prof. Schett. 1:100.000 Pro Jahr erkrankt nur einer von hunderttau- send Erwachsenen an der Lilakrankheit. Im Zentrum für Seltene Erkrankungen Erlangen am Uni-Klinikum Erlangen werden solche seltenen Fälle dokumentiert. In der Krebsforschung und -therapie arbeiten die DZI-Experten mit dem Comprehensive Cancer Center Erlan- gen-EMN zusammen. Weitere Kooperations- partner des DZI sind das Medical Valley EMN, das Fraunhofer- Institut für Integrierte Schaltungen IIS, das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, das MIRACUM-Konsor- tium und künftig auch das Max-Planck-Zen- trum für Physik und Medizin. U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 31 H E L F E N H E I L E N
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