Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.
– „egal, ob jemand an Hautkrebs, Rheuma oder Schuppenflechte leidet, an einer Leu - kämie oder einer Darmerkrankung“, erklärt DZI-Sprecher Prof. Schett. Prof. Neurath, ebenfalls DZI-Sprecher, ergänzt: „Wir er- proben vor allem sogenannte Checkpoint-In- hibitoren, Antikörper und Immuntherapien auf Basis von T-Zellen. Mit diesen neuen Me- thoden können wir das Immunsystem eines Patienten gezielt aktivieren und es dabei unterstützen, Entzündungen auszuschalten und Tumoren zu zer- stören.“ Hinter jeder wirksamen Behandlung steht auch eine starke Forschung. „Dank jahre- langer wissenschaft- licher Arbeit können wir onkologischen Patien- ten heute schon Immun- therapien gegen Brust-, Darm-, Lungen- und Hautkrebs anbieten, ebenso gegen Leukämien und Lymphome“, zählt Prof. Schett auf und fährt fort: „In der Antikörpertherapie gab es vor allem bei der Rheumatoiden Arthritis, der Schuppenflechte und bei anderen Autoimmunerkrankungen in den vergangenen Jahren große Fortschritte.“ SELTEN UND SELBSTZERSTÖRERISCH Sami Morinas Symptome waren anfangs selbst für die Erlanger Universitätsmediziner ein Rätsel. Sein Fall beschäftigte Immuno- logen, Lungenärzte, Infektiologen und das Labor für Immundiagnostik. Die Ärzte be- obachteten, dass mit der Zeit immer mehr rote bis blau-violette Flecken die Finger des schwer kranken Patienten bedeckten. „Das brachte uns auf eine neue Spur“, be- richtet Prof. Schett. „Wir nahmen an, dass das Immunsystem des Patienten gegen ihn kämpfte – also, dass seine Beschwerden einen autoimmunen Ursprung hatten.“ Die neue Verdachtsdiagnose: Dermatomyositis, auch Lilakrankheit genannt. Bei der selte- nen Autoimmunerkrankung entzünden sich die Muskeln, sie schmerzen und werden schwach. Gleichzeitig verändert sich die Haut, bildet Papeln, Rötungen und Krusten an den Fingergelenken, im Gesicht und am Oberkörper. Und tatsächlich: Die Ärzte spürten in Sami Morinas Blutserum Autoanti- körper auf, die die Dermatomyositis belegten. „Antikörper gegen das Eiweiß MDA5 sind für die Diagnose besonders relevant. Sie deuten auf eine schwere Form der Erkrankung hin“, erläutert Oberarzt Prof. Dr. Thomas Harrer, Leiter des immunologischen Labors der Medizin 3. „Der kleine graue Strich auf dem weißen Rechteck des Teststreifens zeigt: Genau dieses Protein wurde bei Sami Morina gefunden.“ Außerdem waren die Muskelen- zyme im Blut um das Fünffache erhöht – ein Indikator für zerstörte Muskelzellen. Nun wurde auch klar, woher die lebensbedroh- liche Lungenentzündung rührte: Auch sie war entstanden, weil Sami Morinas Immunsys- tem fälschlicherweise seinen Körper angriff. Im Routinelabor der Medizin 3 werden selbst komplexe Immun- und Autoim- munkrankheiten aus- findig gemacht. „Man muss alle potenziellen Verdächtigen kennen – also wissen, wonach man sucht. Und dann muss man sie identi- fizieren“, sagt Prof. Schett. „ Hätten wir die Krankheit nicht erkannt und den Patienten nicht mit der Antikörpertherapie behandelt, wäre er mit Sicherheit gestorben.“ Prof. Dr. med. univ. Georg Schett, Sprecher des DZI U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 32 H E L F E N H E I L E N
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