Jahresbericht 2018 | 2019: Medizin. Menschen. Momente.
Ein kleiner Strich bringt Klar- heit: Das Blutserum von Sami Morina enthält Autoantikörper, die charakteristisch sind für eine Dermatomyositis. Besonders aussagekräftig ist der Nachweis von Antikörpern gegen das Pro- tein MDA5 – sichtbar als graue Markierung auf weißem Grund. EINE UNÜBLICHE THERAPIE Prof. Schett erklärt die Schwierigkeit: „Wir müssen das Immunsystem bei Autoimmun- krankheiten eigentlich ausbremsen – zum Bei- spiel mit Kortison. Aber Sami Morina brauchte seine Immunabwehr, um mit der Lungenent- zündung fertigzuwerden.“ So gaben ihm die Ärzte nur anfangs Kortison, reduzierten dann die Dosis und begannen eine Therapie mit dem Antikörper Rituximab – einem immuno- logisch aktiven Protein, das sich gegen fehl- geleitete B-Zellen richtet. Diese B-Zell-Irrläufer produzieren bösartige Autoantikörper gegen den eigenen Organismus, anstatt ihn gegen Erreger von außen zu verteidigen. Seit dem Sommer 2018 bekommt Sami Morina nun alle sechs Monate eine Rituximab-Infusion. „Die- se Therapie ist deshalb ungewöhnlich, weil Rituximab eigentlich nur bei Rheumatoider Arthritis und Lymphdrüsenkrebs zugelassen ist“, erklärt Prof. Schett. „Wir wissen aber aus Studien, dass der Antikörper auch bei anderen schweren Autoimmunkrankheiten wirkt. Patienten wie Sami Morina profitieren von diesem Off-Label-Use.“ Rituximab ist für den 37-jährigen Familienvater die auf lange Sicht verträglichste Behandlung. Sami Morina hat überlebt. Die Entzündungen in Muskeln und Lunge haben sich gebes- sert, das Medikament hält die Lilakrankheit in Schach. „Ich fühle mich noch immer er- schöpft und vor allem meine Unterschenkel schmerzen, wenn ich einige hundert Meter ge- laufen bin“, berichtet der Patient. „Durch die Infusionen bekomme ich aber besser Luft.“ Wenn die Entzündungswerte weiter sinken, kann Sami Morina mit leichter Krankengym- nastik beginnen, um langsam seine Muskeln zu kräftigen. Prof. Schett macht deutlich: „Hätten wir die Krankheit nicht erkannt und ihn nicht mit dem richtigen Arzneistoff be- handelt, wäre er mit Sicherheit gestorben.“ Seit dem Sommer 2018 erhalten Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen oder Krebs im DZI individuelle Immuntherapien. FM U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 8 | 2 0 1 9 33 H E L F E N H E I L E N
RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw