Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag
E ssen statt fühlen, den Ärger einfach runter- schlucken. Kopfschmerzen, die seit Wochen anhalten. Albträume und nachhallende Erin- nerungen. Schwindel und Herzrasen, bei jeder Fahrt ins Büro: Viele Verhaltensweisen und körperliche Be- schwerden haben seelische Ursachen. Betro ene lei- den oft enorm, ohne zu wissen, was sie tun können, um ihr Leben zum Guten zu wenden. „Spätestens dann müssen diese Menschen versuchen, den Sinn der Erkrankung zu verstehen, und etwas verändern“, sagt Prof. Dr. (TR) Yesim Erim, Leiterin der Psycho- somatischen und Psychotherapeutischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen. Prof. Erim und ihr Team betrachten Krankheiten ganzheitlich – auf biologischer, psychologischer und sozialer Ebene. Dabei vereinen sie tiefenpsychologische und verhal- tenstherapeutische Elemente. Ein Schwerpunkt der stationären Behandlung in Erlangen ist die erapie von Essstörungen, genauer: die Behandlung von Magersucht, Bulimie und der Binge-Eating-Störung. Unterstützt von den e- rapeuten suchen die Patienten nach Ursachen für ihr schädliches Verhalten und eignen sich wieder normale Essgewohnheiten an. Einzeltherapien gehören ebenso zum Behand- lungskonzept wie Gruppenangebote, zum Beispiel gemeinsames Kochen und Essen, Entspannungsver- fahren, Bewegungs- und Kunsttherapie. Die Sprache des Körpers verstehen Auch für Menschen mit unklaren körperlichen Beschwerden ist die Erlanger Psychosomatik die erste Anlaufstelle. Herzprobleme, Durchfall, unklare Bauch-, Rücken- oder Kopfschmerzen und andere körperliche Leiden können Ausdruck von psychi- schen Belastungen sein. Für diese somatoformen Störungen wird oftmals keine organische Ursache gefunden. Eine Psychotherapie kann die Beschwer- den aber lindern und sogar heilen – wenn der Pati- ent lernt, die Sprache seines Körpers zu verstehen. Menschen, die schwere Unfälle erlebt, körperliche oder psychische Gewalt erfahren haben oder mit an- sehen mussten, leiden oft unter Traumafolgestörun- gen. Die schrecklichen Szenen tauchen in Gedanken immer wieder auf und führen zu unterschiedlichen seelischen und körperlichen Reaktionen. Das Team um Prof. Erim ist auf Traumata spezialisiert und hilft Betro enen in der Tagesklinik, die Vergangenheit zu bewältigen. Einen weiteren Bereich bilden arbeits- platzbezogene Störungen. Die Expertin erläutert: „Wenn es jemandem physisch nicht gut geht oder er chronisch erschöpft ist, wurde das unter Um- ständen von seiner Arbeitsumgebung ausgelöst. In einer ambulanten Gruppe lernen die Patienten, ihre persönlichen Stressauslöser zu erkennen und mit Stressbewältigungstechniken und Entspannungsver- fahren gegenzusteuern – zum Beispiel mit Achtsam- keitstraining, Progressiver Muskelrelaxation nach Jacobsen und Autogenem Training.“ Bedarf in der Fränkischen Schweiz „Psychische Erkrankungen gut zu behandeln, ist eine der wichtigsten Aufgaben unseres Ge- sundheitssystems. Die Menschen haben einen enormen Bedarf “, betont Yesim Erim. Deshalb hat die Klinik Fränkische Schweiz in Ebermannstadt in Kooperation mit dem Uni-Klinikum Erlangen im April 2017 eine neue Abteilung für Psychoso- matische Medizin und Psychotherapie erö net, die ebenfalls von Prof. Erim geleitet wird. Wie in Erlangen profitieren die Patienten auch hier von Einzel- und Gruppenangeboten, Gesprächs-, Bewe- gungs- und Kunsttherapie und von weiteren thera- peutischen Möglichkeiten. Gemeinsame Ausflüge, etwa Wanderungen in die Fränkische Schweiz, tragen dazu bei, die Seele wieder in Balance zu bringen. Besonderes Augenmerk richten die Ärzte und erapeuten in Ebermannstadt auf ältere Menschen. Prof. Erim erläutert: „Senioren sehen sich mit dem Altern und dem Tod von Gleichaltri- gen konfrontiert, was sie psychisch stark belasten kann. Darüber hinaus können sich bei Ehepaaren Konflikte ergeben, wenn es darum geht, im Ruhe- stand sinnstiftende Ziele und Gemeinsamkeiten zu finden oder wiederzuentdecken.“ Die Expertin stellt sogar „typisch fränkische“ Sorgen fest: „Die Menschen hier gönnen sich kaum Ruhe und gehen auch über persönliche Grenzen hinaus.“ Falsches Leistungsdenken kann unter anderem zu arbeits- platzbezogenen Störungen führen – auch diese werden in Ebermannstadt behandelt. Darüber hi- naus sind hier Menschen mit traumatischen Erfah- rungen an der richtigen Adresse sowie diejenigen, deren körperliche Symptome durch psychische Einflüsse schlimmer werden – etwa, wenn sich ein Bluthochdruck medikamentös nicht einstellen lässt. Die Behandlung in Ebermannstadt erfolgt ausschließlich stationär. Franziska Männel GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM MÄRZ: PSYCHOSOMATIK Die Seele in Balance bringen Mit Gefühlen umgehen, gesund essen, sich Pausen gönnen, auf den Körper hören: Psychisch belastete Menschen müssen das behutsam wieder lernen. In den psychosomatischen Abtei lungen am Uni -Kl inikum Erlangen und in der Kl inik Fränkische Schweiz bekommen sie Unterstützung. In der erapie lernen die Patienten psychologische Grundlagen kennen und erfahren, wie sie ihre Gedanken und ihr Verhalten positiv beeinflussen. Die psychosomatische Tagesklinik in Erlangen ermöglicht es, erapieerfahrungen direkt im Alltag zu erproben. Foto: Uni-Klinikum Erlangen SONDERTHEMA Psychosomatik des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-34899 E-Mail : psychosomatik@uk-erlangen.de www.psychosomatik.uk-erlangen.de Prof. Dr. (TR) Yesim Erim Leiterin der Psychosomatik des Uni-Klinikums Erlangen und der Psychosomatik des Klinikums Fränkische Schweiz DREI FRAGEN AN Behandeln Sie alle psychischen Störungen? Ja, außer Psychosen, Demenz, Suchter- krankungen, bipolare und schwere A ekter- krankungen – die behan- deln die Kollegen der Psychiatri- schen und Psychotherapeutischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. Wie lange muss ich auf einen erapieplatz warten? Unsere Hochschulambulanz in Erlangen ermöglicht einen ersten Termin innerhalb von zwei bis vier Wochen. Auch in Ebermannstadt sind die Wartezeiten kurz. In der Regel dauert es weitere drei bis vier Wochen, bis eine stati- onäre oder tagesklini- sche Aufnahme erfolgen kann. Wie kann ich die erapie mit meinem Alltag vereinbaren? Manchmal, z. B. wenn kleine Kinder versorgt werden müssen, ist die Tagesklinik eine Lösung: Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.30 Uhr gibt es hier eine intensive psychothera- peutische Behandlung, abends sind die Betro enen wieder zu Hause bei ihren Familien. PATIENTENECHO Herr B., Informatik-Ingenieur, 55 Jahre litt an einer arbeitsplatzbezogenen Störung „Ich konnte zu Hause nicht einmal mehr die Post an der Haustür abholen ohne ein extremes Überforderungsge- fühl. Ich hatte schwere innere Unruhe und allergische Hautreaktionen. Ich kam mit gedrückter Stimmung in die Klinik. Am Anfang habe ich gedacht: Acht Wochen – was soll ich da alles machen? Im Rückblick hätte die Behandlung noch viel länger dauern können. Da wurden so viele spannen- de Inhalte vermittelt. Ich bin in der Behandlung viel weiter gekommen, als ich am Anfang geho t habe." Frau M., Studentin, 25 Jahre litt an Magersucht „Man setzt sich hier mit den eigenen Schwächen, aber auch den eigenen Stärken auseinander. Ich habe viel über mich und meine Essstörung gelernt. Ich habe angefangen, selbst- schädigendes Verhalten zu erken- nen und mehr auf mich zu achten. Das Schöne ist, dass hier immer jemand für einen da ist. Es ist wie in einer Großfamilie, wo gemeinsam gegessen, geweint oder auch mal gestritten und sich wieder versöhnt wird. Hier habe ich einen geschütz- ten Raum gefunden, wo ich an mir arbeiten und ein bisschen Kraft für die ‚reale Welt’ sammeln kann.“ Beim gemeinsamen Vorbereiten in der erapieküche entwickeln Patienten wieder ein gesundes Verhältnis zum Kochen und zum Essen. Foto: Uni-Klinikum Erlangen Psyc s i l f : - - il: psychosomatik@uk-erlangen.de w .psychosomatik.uk-erlangen.de 6 |
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