Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag

| 11 A cht bis zehn Jahre – so lange dauert derzeit das Warten auf eine Spenderniere. Wer das Glück hat, ein gespendetes Organ zu erhal- ten, kann wieder ein fast normales Leben führen. Trotzdem verlieren einige Patienten ihre neue Niere durch eine chronische Abstoßungsreaktion des Körpers. Das will das ganzheitliche Nachsorgepro- gramm NTX 360° verhindern. „Durch die Koordina- tion des gesamten Behandlungsprozesses über ein Fallmanagementsystem, gemeinsame Televisiten, eine psychosomatische Betreuung und ein individu- elles sportmedizinisches Training können wir den Patienten optimal rundum (360°) versorgen und so eine möglichst lange Transplantatgesundheit errei- chen“, erklärt Prof. Dr. Mario Schi er, Direktor der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hyper- tensiologie des Uni-Klinikums Erlangen. Er entwi- ckelte das niedersächsische Modellprojekt NTX 360° zusammen mit Kollegen der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit Anfang 2019 können dank einer Kooperation mit dem Uni-Klinikum Erlangen auch die Patienten in der Metropolregion Nürnberg an dem Projekt teilnehmen. Einsatz von Telemedizin NTX 360° nutzt für die optimierte Abstimmung alle Möglichkeiten digitaler Kommunikation: Die elek- tronische Fallakte (EFA) bündelt alle relevanten me- dizinischen Daten und ist für den Patienten jederzeit einsehbar. Zudem können sich die niedergelassenen Ärzte vor Ort unkompliziert mit dem Transplantati- onszentrum austauschen oder ihren Patienten sogar wohnortnahe Televisiten anbieten, die ihnen die Anfahrt zum nächsten Zentrum ersparen. Der am Transplantationszentrum angestellte Fallmanager trägt seine Kommentare ebenfalls in die EFA ein und ist das zweite tragende Element der ganzheitlich konzipierten NTX-360°-Nachsorge. Am Uni-Klinikum Erlangen füllt die Fachpflegekraft Maike Aarnoutse als persönliche Ansprechpartnerin und Koordinatorin diese Funktion aus. Eine aktuelle Studie belegt, dass allein das Einbinden eines per- sönlichen Fallmanagers in der Kommunikation mit den Patienten die Nachsorge verbessert. Blick auf Körper und Psyche Das dritte Element für eine erfolgreiche Nachsorge ist bei NTX 360° die sportmedizinische und die psychosomatische Betreuung der Patienten. Prof. Schi er: „Gerade nierentransplantierte Menschen tragen ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran- kungen in sich, da ihre Körper durch die jahrelange Dialyse oft langfristig geschädigt wurden.“ Auf dem Fahrradergometer wird deshalb bei NTX 360° regel- mäßig die körperliche Leistungsfähigkeit überprüft. „Dies ist auch deshalb wichtig, weil der Aufbau von Muskelmasse eine Erhöhung des Kreatininwerts bewirkt. Das gilt jedoch auch als Warnsignal für eine Abstoßung des Transplantats. Das irritiert den Patienten, und diese innere Unsicherheit wollen wir au angen“, erläutert Mario Schi er. Daher gehört zu NTX 360° neben regelmäßiger Bewegung und sport- lichen Aktivitäten unabdingbar die psychosoma- tische Beratung. Anhand von verschiedenen Tests wird überprüft, ob die Patienten bei der Medika- menteneinnahme Unterstützung benötigen und ob Wissensdefizite oder Anpassungsprobleme nach der Transplantation vorliegen, die es aufzufangen gilt. Franken als Projektregion 2018 wurden im Transplantationszentrum Erlangen- Nürnberg insgesamt 68 Nieren transplantiert. Das Uni-Klinikum Erlangen erfüllt mit seinem breiten medizinischen Spektrum alle Voraussetzungen für NTX 360°, an dem deshalb auch die Patienten der Metropol- region Nürnberg teilhaben können. Wenn eine externe Evaluation die positiven Ergebnisse des Projekts weiter bestätigt, stehen laut Prof. Schi er die Chancen gut, dass dieses zukunftsweisende Modell in die Regelver- sorgung überführt wird. „Das ist unser großes Fernziel“, blickt der Nephrologe optimistisch in die Zukunft und fügt hinzu: „Wir wollen NTX 360° auch auf andere Organe übertragen und das Konzept bundesweit auf alle Transplantationszentren ausdehnen. Spenderorga- ne sind ein kostbares und knappes Gut, deshalb sollten wir alles dafür tun, die Gesundheit transplantierter Menschen langfristig stabil zu halten.“ GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM AUGUST: TRANSPLANTATIONSNACHSORGE NTX 360° Alles schaut auf die neue Niere Für Nierenpatienten, die das Glück haben, eins der wenigen Spenderorgane transplantiert zu bekommen, beginnt nach jahrelanger Dialyse ein ganz neuer Alltag. Das Modellprojekt NTX 360°, an dem auch das Universitätsklinikum Erlangen teilnimmt, unterstützt die Patienten mit engmaschiger Nachsorge nach der Transplantation. DREI FRAGEN AN Warum ist ein umfassendes Nachsorgeprogramm wichtig? Nierenpatienten dürfen ihre Gesundheit auch nach der Transplantation nicht als gegeben hinnehmen. Um sich und ihr Organ gesund zu halten, müssen sie regelmäßig Medika- mente nehmen, Sport treiben und zu den Nachsorgesprechstunden fahren. Das fällt manchen Betro enen schwerer – gera- de mit zunehmendem Alter. Um sie besser zu unterstützen, sind verbesserte Strukturen in der Nachsorge notwendig. Wer kann an NTX 360° teilnehmen? Alle frisch transplantierten Patienten aus der Metropolregion Nürnberg können teilnehmen. Einzige Voraussetzung ist die Beteiligung der Kranken- kasse, die sich dem Projekt vertraglich angeschlossen haben muss. Welche Vorteile bietet NTX 360° Transplantationspa- tienten? Die Patienten profitieren parallel zu ihrer regulären Transplantationsnachsorge von einem ganzheitlich koordinierten Nachsor- geprogramm, das sie in allen entscheiden- den Aspekten umfassend unterstützt. Die integrierten Beratungs- und Behandlungsan- gebote verbessern ihre Lebensqualität und senken das Risiko von Transplantatabsto- ßungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Foto: Michael Rabenstein/Uni-KlinikumErlangen Prof. Dr. Mario Schiffer Direktor der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie des Uni-Klinikums Erlangen Medizin 4 des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-39002 E-Mail: med4@uk-erlangen.de www.medizin4.uk-erlangen.de MODELLPROJEKT: NTX 360° Prof. Schi er im Gespräch mit Fallmanagerin Maike Aarnoutse, der persönlichen Ansprechpartnerin der NTX-360°-Patienten für das Uni-Klinikum Erlangen. Foto: FranziskaMännel/Uni-KlinikumErlangen Kerstin Bönisch Im 360°-Winkel werden Patienten nach einer Nierentransplantation (NTX) mit einem interdisziplinä- ren Behandlungskonzept betreut. NTX 360° ist bundesweit eines von 91 zukunftsweisenden Projek- ten, das das Bundesministerium für Gesundheit fördert, um die Patientenversorgung zu verbes- sern. Das Uni-Klinikum Erlangen ist als Transplantationszentrum für die Europäische Metropolregion Nürnberg Projektpartner. www.ntx360grad.de Foto: FranziskaMännel/Uni-KlinikumErlangen 360°

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