Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag
| 13 D as Herz schlägt bis zu vier Milliarden Mal im Lauf eines Lebens. Muss es operiert werden, sind viele Patienten sehr aufgeregt. „Eine Herz-OP ist aber nicht riskanter als andere Eingri e – oft sogar im Gegenteil“, beruhigt Prof. Dr. Michael Weyand. Der Direktor der Herzchirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen und sein Team führen jährlich rund 1.600 Herzoperationen durch. Das beginnt bei Eingri en an kranken Herzklappen und Bypässen bei verengten Gefäßen, geht weiter mit OPs an der Körperhauptschlagader und an an- deren großen Gefäßen im Brustkorb und endet bei Herzschrittmachern, Kunst- und Spenderherzen. Mehr als nur überleben Die Patientinnen und Patienten, die eine Herz-OP brauchen, werden immer älter. „Schon jetzt liegt das Durchschnittsalter bei uns bei über 74 Jahren“, sagt Prof. Weyand. Ein Alterslimit für eine OP gibt es nicht. „Über-90-Jährige sind keine Seltenheit mehr. Die ältes- te mir bekannte Patientin, die eine neue Herzklappe bekommen hat, war 104 Jahre alt“, berichtet Michael Weyand. Das höhere Alter stellt neue Anforderungen an die Herzchirurginnen und -chirurgen: Oft machen sie heute nur noch wenige Zentimeter lange Schnitte und ö nen nicht mehr den ganzen Brustkorb. „So können wir zum Beispiel bei unkomplizierten Bypass- und Herzklappen-OPs auf die Herz-Lungen-Maschine verzichten. Die übernimmt während einer o enen OP normalerweise die Pumpfunktion des Herzens und die Lungenfunktion. Gerade für Ältere ist es aber viel schonender, wenn wir auf diese Kreislaufunter- stützung verzichten können“, erklärt Prof. Weyand. Minimalinvasiv operieren der Klinikdirektor und sein Team seit 2018 beispielsweise die Mitralklappe des Herzens – mit neuen 3-D-Kameras im Körperinneren. Das Ziel dieser Schlüsselloch-OPs definiert Prof. Wey- and so: „Es zählt heute nicht mehr nur, den Eingri zu überstehen, sondern es geht mehr denn je darum, die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen.“ Auch die Brustschlagader – genauer: den Aortenbogen – möchte der Herzspezialist künftig komplett „durchs Schlüsselloch“ operieren. „Wir werden ho entlich deutschlandweit die erste Klinik sein, die diese inter- ventionelle Aortenchirurgie anbieten kann.“ Sind Blutgefäße gefährlich verengt, gibt es verschiede- ne Möglichkeiten. Die Entscheidung, ob der Herzchi- rurg einen Bypass legt, also eine künstliche Gefäß- umgehung, oder ob der Kardiologe per Herzkatheter einen Stent einsetzt, also eine kleine metallische Gefäßstütze, wird im Einzelfall getro en. „Bypass- OPs nehmen bundesweit ab, es wird heute mehr mit Stents gearbeitet“, erläutert Prof. Weyand. „Aber bei mehreren oder komplexen Gefäßverengungen hat der Bypass weiterhin seine Berechtigung. Die Kombina- tion aus Bypass und Herzklappenersatz führen wir immer häufiger durch.“ Check-up bei angeborenem Herzfehler Erkrankungen des Herzens können erworben werden oder angeboren sein. Um die 250.000 Erwachsene in Deutschland leben mit einem angeborenen Herz- fehler, der bekannt ist – doch nur 50.000 von ihnen werden ärztlich betreut. „Dabei wäre es wichtig, dass diese Menschen lebenslang überwacht werden – am besten in einem spezialisierten Herzzentrum“, rät Prof. Weyand. „Erwachsene mit angeborenem Herzfehler – kurz EMAH – haben oft Bluthochdruck, Gerinnungs- oder Rhythmusstörungen und es besteht die Gefahr, dass Komplikationen auftreten und ihre Lebenserwar- tung sinkt.“ Michael Weyand ist Gründungsmitglied der bundesweiten EMAH-Task-Force, die sich für die optimale Versorgung von EMAH-Patienten einsetzt, Leitlinien herausgibt, Ärzte schult und prüft. Transplantationen: noch zu wenige Wenn das Herz weniger als zwei Liter Blut pro Minute durch den Körper pumpt, kann es seine Funktion nicht mehr ausreichend gut erfüllen. Dann braucht der Betro ene eine Herztransplantation. Zwischen 10 und 20 solcher OPs führt das Team um Prof. Weyand jährlich durch; 2018 waren es 12 Transplantationen bei Kindern und Erwachsenen. „Wir hätten Kapazitä- ten für deutlich mehr, aber es gibt einfach zu wenige Spenderorgane“, bedauert Prof. Weyand. Mehr als die Hälfte aller Menschen, die in Bayern auf ein Spender- herz warten, stehen auf der Warteliste des Transplan- tationszentrums Erlangen-Nürnberg, dessen Sprecher Michael Weyand ist. „Weil wir so wenige Spender- herzen bekommen, müssen wir 20 bis 30 Patienten pro Jahr zur Überbrückung ein Kunstherz einsetzen“, erklärt der Herzchirurg. Er befürwortet eine Wider- spruchslösung, damit er den Wartenden zukünftig schneller helfen kann. GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM OKTOBER: MODERNE HERZCHIRURGIE OP an einem mächtigen Muskel Die Herzchirurgie des Uni-Klinikums Erlangen bietet das ganze Spektrum moderner Herz-OPs. Schwerpunkt sind unter anderem erworbene Herzfehler, die schonend und mit modernen Gefäßprothesen versorgt werden. Auch Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern nden in Erlangen Hilfe bei erfahrenen Expertinnen und Experten. DREI FRAGEN AN Wie macht sich ein krankes Herz bemerkbar? Luftnot und Leistungseinbrü- che bei körperlicher Belas- tung sind wohl die häufigsten Hinweise darauf, dass eine Herzerkrankung vorliegen könnte. Wenn jemandem also zum Beispiel beim Sport viel schneller die Puste ausgeht, als das früher der Fall war, sollte derjenige das nicht verdrängen, sondern abklären lassen. Auch Schwindel tritt bei Herzerkrankungen öfter auf. Sind Herz-OPs risikoreicher als andere Operationen? Nein, sind sie nicht. Die Sterblichkeit bei Herz-OPs liegt bei etwa einem Prozent. Wir beherrschen das OP-Risiko sehr gut und niemand muss Angst haben. Unser Fokus liegt heu- te besonders auf der Qualität des Operationsergebnisses – also auf der Lebensqualität nach dem Eingri . Kann man nach einer Herz-OP wieder leben wie zuvor? Ja, das gilt für die meisten Menschen. Ledig- lich extremer Kraftsport und Wanderungen im Hochgebirge sollten Operierte vermei- den, weil man nach einer Herz-OP schneller höhenkrank wird. Ich empfehle jedem nach einer OP, sich einer Herzsportgruppe anzuschließen oder anderweitig 30 Minuten täglich Sport zu machen. Foto: Michael Rabenstein/Uni-KlinikumErlangen Prof. Dr. Michael Weyand Direktor der Herzchirurgischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen Herzchirurgie des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-33319 E-Mail: herz-sekretariat@uk-erlangen.de www.herzchirurgie.uk-erlangen.de Franziska Männel Altersbedingt, aufgrund von Gefäßablagerun- gen, Entzündungen oder Unfällen kann sich die Brustaorta – ein Abschnitt der Körper- hauptschlagader – krankhaft verändern und gefährliche Aussackungen bilden. Das kann es erforderlich machen, die Brustschlagader von innen mit einer Rohrprothese zu schienen. Manchmal wird diese sogar individuell für die jeweilige Patientin oder den Patienten an- gefertigt. Um die Prothese einzusetzen, sind mehrstündige, anspruchsvolle Operationen nötig, die viel herz- und gefäßchirurgisches Know-how erfordern. Die Ärztinnen und Ärzte des Uni-Klinikums Erlangen implantie- ren zur Stabilisierung der Brustaorta seit Neu- estem moderne TEVAR-Prothesen (thoracic endovascular aortic repair). Dabei handelt es sich um ein Hybridverfahren – eine Mischung aus einer minimalinvasiven OP und einem o enen chirurgischen Eingri . Foto: FranziskaMännel/Uni-KlinikumErlangen 1.600 Herz-OPs werden jährlich in der Erlanger Herzchirurgie durchgeführt, davon 10 bis 20 Herztransplantationen. Foto: Michael Rabenstein/Uni-KlinikumErlangen NEU IN ERLANGEN: TEVAR-OPS
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