Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag
| 5 W er ständig auf die Toilette muss, kennt irgendwann jedes ö entliche WC, meidet eater- und Kinovorstellungen und weiß, wie es ist, nachts nicht mehr durchschlafen zu können. „Ein vermehrter Harndrang und gleich- zeitige Probleme beim Wasserlassen liegen häufig an einer vergrößerten Prostata“, erklärt Dr. Mario Richterstetter, Oberarzt der Urologischen und Kinderurologischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Bernd Wullich) des Universitätsklinikums Erlangen. „Die gutartige Prostatavergrößerung – wir sprechen auch von der Hyperplasie – ist leider eine häufige und altersbedingte Erscheinung bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Probleme verursacht die vergrößerte Prostata, wenn sie die Harnröhre einengt und sich dadurch auch der Urindurchfluss verringert.“ Bleibt Urin in der Blase zurück, muss der Patient also bald schon wieder auf die Toilette. „Zunächst ist das nur lästig, aber bald kann der andauernde Harndrang die Lebensqualität stark einschränken – ganz beson- ders, wenn man mehrmals nachts das Bett verlassen muss“, sagt Dr. Richterstetter. „Zusätzlich können durch den Urinrückstau in der Blase andere Erkran- kungen wie Blaseninfekte oder Harnsteine entstehen. Dringend nötig wird eine Behandlung, wenn sich der Urin sogar bis in die Nieren zurückstaut.“ Ein schonender Mittelweg Um die Prostata zu verkleinern und ihren „Gri “ um die Harnröhre zu lockern, gab es bisher im Wesentli- chen zwei Behandlungsmöglichkeiten: Medikamen- te oder eine Operation. „Doch die Medikamente müssen lebenslang eingenommen werden – nicht jeder möchte das“, sagt Mario Richterstetter. „Eine Operation würde die Prostata chirurgisch rasch verkleinern und damit eine sofortige Verbesserung der Beschwerden bringen, aber gerade bei älteren Patienten muss eine OP auch genau abgewogen werden. Denn wenngleich die OP der erapie- Goldstandard dieser Erkrankung ist, so kann sie auch mit Risiken verbunden sein: Immer besteht zum Beispiel das allgemeine Narkose- und Blutungsrisiko sowie die Möglichkeit – wenn auch in sehr geringem Maße – Inkontinenz- oder Erektionsbeschwerden auszubilden.“ Für Patienten mit den entsprechenden Voraussetzungen wird nun seit einigen Jahren ein Mittelweg angeboten: die Prostata-Arterien-Emboli- sation (PAE). Reise durch die Gefäße Für die PAE braucht es die enge Verzahnung von Urologie und Radiologie. Deshalb wird der minimal- invasive Eingri auch nur in spezialisierten Zentren wie dem Uni-Klinikum Erlangen angeboten. Während eines ambulanten Vorbereitungstages klären die Urologen ab, ob der Patient tatsächlich an einer Prostatahyperplasie leidet – schließlich passt auch eine Vielzahl weiterer Erkrankungen zum Beschwer- debild. Ist die Diagnose gestellt, übernehmen die Radiologen. Sie führen die PAE per Angiografie durch. Mit dieser können durch ein Kontrastmittel selbst kleinste Blutgefäße live sichtbar gemacht werden. PD Dr. Axel Schmid, Oberarzt des Radiologischen Instituts (Direktor: Prof. Dr. Michael Uder) des Uni- Klinikums Erlangen, erklärt die nächsten Schritte: „Für den Eingri erhält der Patient eine Lokalanästhesie in die Leiste. Über eine der beiden Beckenarterien füh- ren wir einen Mikrokatheter ein und bewegen uns bis in die feinen Verästelungen der Prostataarterie vor.“ Dann kommen die Hauptakteure der PAE ins Spiel: mikrofeine Kügelchen aus Polyvinyl-Alkohol, einem biokompatiblen Kunststo . An einem bestimmten Punkt in der Prostata setzt der Radiologe die Kügel- chen frei. Über den Blutstrom gelangen sie immer tiefer in die Gefäße, bis sie schließlich stecken blei- ben und so die Blutversorgung einzelner Areale un- terbinden. Innerhalb der nächsten Wochen beginnt die Prostata zu schrumpfen. Nach der PAE bleiben die Patienten noch zwei Tage auf Station, dann werden sie in die engmaschige Nachsorge entlassen. Übri- gens: „Wegwandern“ können die Kügelchen nicht, sie bleiben permanent an Ort und Stelle. Da die PAE nur im Rahmen einer interdisziplinären Betreuung durch Urologen und Radiologen durchgeführt werden kann, ist sie in Bayern noch nicht allzu weit verbrei- tet. Das Uni-Klinikum Erlangen ist eines der wenigen Zentren, das Patienten die PAE anbietet. „Noch dazu führen wir den Eingri bayernweit mit am häufigsten durch und verfügen daher über besonders viel Erfah- rung“, betont PD Dr. Schmid. Melanie Schmitz GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM FEBRUAR: PROSTATA-ARTERIEN-EMBOLISATION Nichts läuft mehr Wenn man(n) ständig „muss“, ist häufig eine gutartige Vergrößerung der Prostata die Ursache. Neben der medikamentösen Therapie oder operativen Maßnahmen gibt es auch einen weniger invasiven Mittelweg gegen den häufigen Harndrang: die Prostata-Arterien-Embolisation. DREI FRAGEN AN Was sind die Symptome einer vergrößerten Prostata? Wenn der Betro ene au ällig oft, also etwa im Stundentakt, auf die Toilette muss, wenn er das Gefühl hat, dass sich seine Blase nicht ganz entleert hat und der Urin nur sehr langsam abläuft – dann sind das typische Zeichen einer eingeengten Harn- röhre, was wiederum auf eine vergrößerte Prostata hindeutet. Betro ene sollten ihren Urologen auf die Beschwerden ansprechen – schließlich können auch Blase und Nieren irgendwann Schaden nehmen. Für wen eignet sich die PAE nicht? Patienten mit schwerer Atherosklerose, also schlimmen Gefäßverschlüssen, sollten den Eingri nicht durchführen lassen. Auch bei Menschen mit einer Kontrastmittelunverträglichkeit kann die Untersuchung unter Umstän- den nicht durchgeführt werden. Im Vorfeld muss außerdem eine bösar- tige Tumorerkrankung der Prostata ausgeschlossen sein, da hier eine andere erapie notwendig ist. Sonst gibt es kaum Ausschlusskriterien. Wichtig ist noch: Der Eingri dauert rund zweieinhalb Stunden – so lang sollte der Patient ruhig liegen bleiben können. Ist die PAE immer erfolgreich? Bei etwa sieben von zehn Patienten kann mit der PAE gut geholfen werden. Merkt der Patient aber, dass auch nach mehreren Wochen die Ergebnisse nicht ausreichen, bleibt immer noch die Mög- lichkeit einer Operation. Die Bedingungen für die Operation werden durch eine vorangegangene Embolisation nicht verschlechtert. Foto: Melanie Schmitz/Uni-KlinikumErlangen Foto : 123rf.com/Roberto Biasini PD Dr. Axel Schmid Oberarzt des Radiologischen Instituts des Uni-Klinikums Erlangen Radiologie des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-36052 E-Mail: dr-pae@uk-erlangen.de www.radiologie.uk-erlangen.de www.urologie.uk-erlangen.de In der Angiografie-Anlage kann der Radiologe mit einemMikrokatheter bis in die kleinsten Verästelungen der Prostata vordringen und die PAE-Kügelchen einsetzen. Foto: Melanie Schmitz/Uni-KlinikumErlangen Die Harnröhre verläuft durch die Prostata hindurch. In gesundem Zustand (links) ist das auch kein Problem. Liegt allerdings eine gut- artige Vergrößerung der Vorsteher- drüse vor (rechts), schließt sich das Organ mit festem Griff um die Harn- röhre und lässt nur noch wenig Urin hindurch. Bei der PAE werden kleinste Kügelchen in die Prostata eingebracht, die den Blutstrom verringern und das Organ wieder schrumpfen lassen. BLASE HARNRÖHRE PROSTATA PROSTATAVERGRÖSSERUNG
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