Gesundheit erlangen -Herbst 2020

34 Medizin-Report Morgens von Kaffeeduft geweckt werden, beimWaldspaziergang tief einatmen oder nach längerer Abwesenheit wieder in den vertrauten Geruch des Elternhauses eintauchen: „Unser Geruchssinn ist vor allem ein Genusssinn“, sagt Dr. Frank Waldfahrer, Oberarzt an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschi- rurgie des Uni-Klinikums Erlangen. „Der Riech- sinn ist angeboren; er lässt sich jedoch trainie- ren. Ein Sommelier beispielsweise lernt, die feinen Nuancen eines Rotweins zu differenzie- ren und zu benennen.“ Obwohl der Mensch von Geburt an Tausende unterschiedlicher Duft- stoffe wahrnehmen kann, ist sein Riechsinn im Vergleich zu anderen Säugetieren nur schwach entwickelt. „Denken Sie an den Polizeihund, der kleinste Drogenmengen in einem riesigen Containerschiff aufspüren kann“, nennt Dr. Waldfahrer ein Beispiel. Reise in die Vergangenheit Da unser Riechsinn eng mit dem limbischen System verknüpft ist, das bei der Verarbeitung von Emotionen und Erinnerungen eine zentrale Rolle spielt, können Düfte uns in längst vergan- gene Zeiten zurückversetzen. „Der Geruch ei- nes frisch gebackenen Marmorkuchens – zack! Plötzlich sind Sie wieder Kind und sitzen in der Küche Ihrer Oma“, beschreibt Frank Waldfahrer eine solche Situation. „Im Laufe des Lebens lässt der Riechsinn allerdings nach. Wobei wir unterscheiden müssen zwi- schen der klassischen Alterserscheinung und dem Verlust des Riechvermögens als Symp- tom.“ Eine solche Einschränkung kann bei- spielsweise auf eine neurodegenerative Er- Riechen und schmecken. Dank dieser eng miteinander verknüpften Sinne können wir nicht nur unsere Umgebung wahrnehmen. Sie ermöglichen uns auch Genuss und warnen uns vor Gefahr. Immer der Nase nach krankung wie Alzheimer-Demenz oder Parkin- son hinweisen. „Häufig ist aber auch nur ein Schnupfen oder eine Nebenhöhlenentzündung die Ursache“, beruhigt Dr. Waldfahrer. „Wer sich dennoch unsicher ist oder das Phänomen über einen längeren Zeitraum beobachtet, soll- te zunächst seinen Hausarzt aufsuchen.“ Sinnlos in Gefahr Einige Menschen verlieren ihren Riechsinn z. B. infolge eines Unfalls ganz. „Bei einem hef- tigen Aufprall des Schädels reißen oft die so- genannten Riechfäden ab, die den zuständi- gen Nerv mit der Nasenschleimhaut verknüp- fen“, erklärt Frank Waldfahrer. Nur wenn die Verbindung intakt ist, kann der Mensch Gerü- che wahrnehmen. „Beim Riechen erkennen die Anosmie Der Verlust des Riechvermögens wird als Anosmie (dauerhaft) oder Hyposmie (vorü- bergehend) bezeichnet. Wer nur bestimmte Duftstoffe (von Geburt an) nicht riechen kann, leidet unter selektiver Anosmie. Rund 60 Prozent der Deutschen nehmen z. B. den besonderen Geruch des Urins nach dem Spargelessen nicht wahr.

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