Gesundheit erlangen - Frühling 2021

12 Titel Heuschnupfen. Warum Kuhstallluft wirkt und Akupunktur zu kurz greift Als Auslöser für Allergien diskutieren Fachleute u. a. genetische Faktoren und verschiedene Um- welteinflüsse. Die Hygienehypothese besagt: Wer in der frühen Kindheit öfter mit Keimen und ande- ren Mikroorganismen in Berührung kommt, ist spä- ter besser vor Heuschnupfen und allergischem Asthma geschützt. Speziell für Kinder, die auf ei- nem Bauernhof oder in dessen Nähe aufwuchsen, wurden schützende Effekte nachgewiesen. Die „Kuhstallpille“ „Wir beginnen, besser zu verstehen, welche Me- chanismen hier beteiligt sind“, sagt Dr. Nicola Wag- ner, Sprecherin des Allergiezentrums an der Haut- klinik des Uni-Klinikums Erlangen. „Der Staub von Kuhställen enthält das Eiweiß Beta-Lactoglobulin. Es verbreitet sich über die Luft und verändert das Darmmikrobiom. Die Darmbakterien scheinen an immunologischen Effekten beteiligt zu sein, die beispielsweise vor Heuschnupfen und Asthma schützen“, so die Dermatologin. Studien haben ge- zeigt, dass der Einfluss im Umkreis von durch- schnittlich ca. 300 Metern um einen Rinderstall auftritt. Gemäß der Forschung von Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim von der Medizinischen Universität Wien verändert das eingeatmete Kuhstallprotein die Darmflora so, dass sie dazu beiträgt, den Orga- nismus vor Allergien zu schützen. Die Forscherin hat deshalb eine „Kuhstallpille“ entwickelt, deren Wirkung in ersten Untersuchungen belegt wurde. „Die Allergieforschung bleibt spannend. Viele Me- chanismen müssen noch verstanden werden“, stellt Dr. Wagner klar. „Bei Heuschnupfen kann zwar zum Beispiel auch Akupunktur die akuten Symptome lindern, sie setzt aber nicht an der Ursa- che an. Die Nadeln schützen also nicht davor, dass das Spektrum an Allergieauslösern zunimmt und Bauernhof zum Lutschen vielleicht sogar allergisches Asthma entsteht.“ Wer zwei Jahre oder länger für mindestens drei Wochen Heuschnupfen hat, sollte zum Arzt gehen. „Die Hy- posensibilisierung, auch spezifische Immunthera- pie genannt, ist die einzige ursächliche Therapie“, so Dr. Wagner. Neben Spritzen gibt es auch Tablet- ten und Tropfen. Die Behandlung dauert in der Re- gel drei Jahre. In der Allergiesprechstunde der Haut- klinik des Uni-Klinikums Erlangen (Telefon: 09131 85-33836) sind zusätzlich zum bekannten Prick- test auch Allergietests an Nase und Augen möglich. „Das sind Provokationstests, mit denen wir auslö- sende Allergene genauer bestimmen und so etwa Patienten helfen können, die erfolglose Hyposensi- bilisierungen hinter sich haben.“ Auch im Blut von Allergikern machen sich die Erlanger Ärztinnen und Ärzte auf die Suche nach den Allergieauslösern und können so spezifischere Therapien anbieten. fm In der Milch, aber auch im Urin von Kühen findet sich das Protein Beta-Lactoglobulin.

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