Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag

M it FlipFlops in die Katastrophe“ – so hieß einmal eine Bürgervorlesung zum diabeti- schen Fuß am Universitätsklinikum Erlangen. Mit dem Vorlesungstitel nannte Gefäßchirurg Prof. Dr. Werner Lang gleich zu Beginn eines der Hauptproble- me: „Man glaubt nicht, was die Leute für Schuhe tra- gen und wie wenig sie auf ihre Füße achten“, beklagt der Leiter der Gefäßchirurgischen Abteilung des Uni- Klinikums Erlangen. Zu klein, zu eng, prädestiniert für Druckstellen – mit solchen Schuhen sei das Desaster im wahrsten Sinne des Wortes nur einen Schritt weit entfernt. Am besten vorbeugen Bei Diabetes zirkuliert zu viel Zucker im Blut. Darunter leiden vor allem die Gefäße – von den großen Arterien bis hin zu den fein verästelten Kapillaren. Es entstehen Engstellen und Verschlüs- se, die Gefäßwände verkalken. Das Ergebnis ist ein schlecht durchbluteter (ischämischer) Fuß. Ebenso beeinträchtigt Diabetes oft die Nerven der Haut – Ärzte sprechen von einer diabetischen Polyneuro- pathie. Nervenschäden und verkalkte Gefäße spüren Zuckerkranke vor allem in ihren Unterschenkeln und Füßen: Die kribbeln oder fühlen sich taub an, auch Lähmungen, Muskelschwund und -krämpfe kom- und Schmerz nicht mehr richtig wahrnehmen. Des- halb merken sie oft gar nicht, dass sie kleine Wunden haben – etwa Druckstellen an den Fußsohlen oder Zehen, Nagelbettentzündungen oder Verletzungen vom Nägelschneiden. Eine regelmäßige Kontrolle der Füße, medizinische Fußpflege und gute Schuhe sind deshalb das A und O für jeden Diabetiker. „Das diabetische Fußsyndrom ist ein komplexes Krankheitsbild“, sagt Prof. Lang. „Zuerst müssen wir klären, wo die Ursache liegt: in einer gefäßbedingten Durchblutungsstörung, also in einem ischämischen Fuß, oder in den Nerven. Bei 40 Prozent der Diabeti- ker ist beides ein Problem.“ Für eine genaue Diagnose nehmen die Erlanger Spezialisten detaillierte Gefäß- untersuchungen vor. Sie messen die Durchblutung (Perfusion) in den Beinen und Füßen und stellen fest, umfasst: eine Druckentlastung, z. B. durch orthopä- dische Schuhe, die Reinigung und (medikamentöse) Behandlung von Wunden und Infektionen und am Ende – falls nötig – die operative Verbesserung der Durchblutung. Den Fuß retten „Selbst eine kleine Schwiele kann schlimme Folgen haben, wenn der Diabetiker sie nicht spürt, nicht sieht oder einfach nicht ernst nimmt“, sagt Werner Lang. Denn oft ist der Schaden im Inneren schon größer als von außen vermutet. Ist der diabetische Fuß weit fortgeschritten, infizieren Wundkeime auch die Knochen. „Dann müssen wir Teile des Knochens und des umliegenden Gewebes entfernen, schlimms- tenfalls einzelne Zehen oder sogar den ganzen Fuß amputieren. Das Risiko für eine Amputation ist beim diabetischen Fuß um das 25-Fache erhöht“, warnt Prof. Lang. Um den Fuß zu retten, nutzen die Erlanger Gefäßchi- rurgen zusammen mit den Kollegen der Radiologie verschiedene Behandlungstechniken. Mit kleinen entfaltbaren Ballons weiten sie zum Beispiel enge Ge- fäße (Ballondilatation), setzen Gefäßstützen ein oder umgehen verschlossene Abschnitte mit Bypässen. wieder besser zu durchbluten, können Wunden hei- len und dem Patienten bleibt eine Amputation er- spart. Richtiges und frühzeitiges Gefäßmanagement kontrollieren die Operateure die Gewebeperfusion und sehen so, ob ihre Maßnahmen erfolgreich waren – ob zum Beispiel das neue Gefäßstück ausreichend gut durchblutet wird. In die Behandlung beziehen die Ärzte immer auch pflegerische Wundexperten, Physiotherapeuten und Orthopädietechniker ein. „Denn was nützt die beste OP, wenn der Patient morgen wieder falsch belastet oder ungeeignete Schuhe trägt“, sagt Werner Lang. Franziska Männel GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM NOVMEBER: DIABETISCHER FUß Ein Schritt in Richtung Gesundheit Der diabetische Fuß ist eine der gefürchtetsten Folgen der Zuckerkrankheit. Jeder sechste Diabetiker entwickelt ein potenziell gefährliches Geschwür, deutschlandweit müssen deswegen jährlich ca. 40.000 Beine amputiert werden. Trotzdem nehmen viele Patienten das Risiko nicht ernst genug. SONDERTHEMA Gefäßchirurgische Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen Telefon:09131 85-32968 E-Mail: gefaesschirurgie-sekr@uk-erlangen .de w ww.gefaesschirurgie.uk-erlangen.d e Prof. Dr. Werner Lang Leiter der Gefäßchirurgischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen DREI FRAGEN AN Was schützt vor dem diabetischen Fuß? Diabetiker sollten ihren Blutzucker, aber auch Blutdruck und Cho- lesterin gut einstellen lassen, gesund essen, sich bewegen und nicht rauchen. Außerdem: die Füße jeden Tag waschen, gut trocknen, pflegen und be- gutachten. Und: nicht barfuß gehen, auch nicht zu Hause. Wie sollen die Füße beurteilt werden? Man sollte auf Druckstellen, Blasen und kleine Verletzungen achten – vor allem an den Fußsohlen, zwischen und an den Zehen. Wer die Fußunterseiten schlecht sieht, benutzt am besten einen Spiegel oder lässt seine Füße von einer anderen Person kontrollieren. Ganz wichtig: regelmäßige medizinische Fußpflege. Wie oft sollten Diabetiker zur Fußkontrolle? Wir empfehlen jedem Diabeti- ker, seine Füße jährlich kontrollieren zu lassen – hier ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Bei Neuropathien, Durchblutungsstörungen und deformier- ten Füßen sind häufigere Arztbesuche ratsam – zum Beispiel in unserer Spezi- alsprechstunde, bei einem Angiologen oder Diabetologen. Das Stadium des diabetischen Fußes und das persönliche Risiko des Patienten entscheiden dann über die Häufigkeit der Nachkontrollen. Mit neuesten Geräten messen die Spezialisten am Uni-Klinikum Erlangen unter anderem die Perfusion (Durchblutung) in den Beinen. ES FÄNGT KLEIN AN Gefährliche Entwicklung: Aus einer „harmlosen“ Druckstelle wird eine Schwiele, unter der Horn- haut bilden sich Bluter- güsse und schließlich ein Fußgeschwür. Dieses wächst immer tiefer, bis irgendwann auch Knochen oder Gelenke betrof- an den Ballen oder Fersen, in der Mitte des Fußgewölbes, aber auch an den Innenseiten der großen Zehen und an den Oberseiten und Kuppen der übrigen Zehen. Zu enge oder vorn spitz zulaufende, nicht atmungsaktive Schuhe begünstigen das. MESSUNG DER FUSSDURCHBLUTUNG Vor, während und nach jeder Fuß-OP visuali- Sauerstoffsättigung und das Wasser im Gewe- be. Dank eines speziellen Farbstoffes werden schlecht durchblutete Areale des Fußes sicht- bar. Im vorliegenden Bild ist die Durchblutung der Zehen noch gleichmäßig gut erhalten. Foto: FranziskaMännel/Uni-Klinikum Erlangen „Selbst eine kleine Schwiele kann schlimme Folgen haben, wenn der Diabetiker sie nicht spürt, nicht sieht oder einfach nicht ernst nimmt.“ Fotos: Uni-Klinikum Erlangen Foto: FranziskaMännel/Uni-Klinikum Erlangen Prof. Dr. Werner Lang, Leiter der Gefäßchirurgischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen Gefäßchirurgische Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-32968 E-Mail: gefaesschirurgie@uk-erlangen.de w.gefae schir -erlangen.de 14 |

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw