Spitzenmedizin aus dem Uni-Klinikum Erlangen | Sonderseiten Fränkischer Tag

W ie beängstigend muss es sein, plötzlich nicht mehr zu wissen, wie bekannte Dinge funktionieren ‒ etwa eine Ka ee- maschine? Wie viel Unbehagen löst es wohl aus, seine vertraute Umgebung oder Angehörige und Freunde nicht mehr zu erkennen? Demenzerkran- kungen haben viele Gesichter. Die häufigste Form ist Alzheimer. Bei dieser Erkrankung lagern sich Eiweiße innerhalb und außerhalb der Nervenzellen im Ge- hirn ab. Infolgedessen sterben die Nervenzellen und auch die Kontakte zwischen ihnen allmählich und unumkehrbar ab. Deutschlandweit leiden rund 1,7 Millionen Menschen an Alzheimer. Eine zweite, sehr verbreitete Form ist die vaskuläre, also gefäßbeding- te, Demenz, der Durchblutungsstörungen im Gehirn zugrunde liegen. Anzeichen richtig deuten Alzheimer zeigt sich zunächst meist durch eine Ge- dächtnisschwäche. Hinzu kommen Schwierigkeiten, sich räumlich zu orientieren, und ebenso Sprachpro- bleme. „Anzeichen dieser Art sollten Betro ene und Angehörige ernst nehmen“, erklärt Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Direktor der Psychiatrischen und Psy- chotherapeutischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen. „Unsere Klinik gehört zu den führenden Einrichtungen im Bereich der Frühdiagnostik und der Behandlung von Demenzerkrankungen. So bieten wir etwa eine spezielle Gedächtnissprechstunde an, in der wir mithilfe verschiedener Untersuchungen eine Diagnose stellen können.“ Zur Frühdiagnostik gehören eine eingehende internistische, neurolo- gische und psychiatrische Untersuchung, Labor- analysen, verschiedene Bildgebungsverfahren und neuropsychologische Tests. Umfassende Therapie Heilen lassen sich Demenzerkrankungen bislang nicht, da sie die Hirnstruktur unwiederbringlich schädigen. Eine frühzeitige erapie kann die Erkran- kung aber aufhalten und ist deshalb wichtig. Dabei gibt es heute ganz unterschiedliche Behandlungs- möglichkeiten. Je nach Demenzform und -stadium kommen zum Beispiel verschiedene Medikamente zum Einsatz, darunter Antidementiva, die die geistige Leistungsfähigkeit stabilisieren, sowie Antidepressiva und gelegentlich Antipsychotika. „Unsere Empfehlung bei Verhaltensau älligkeiten ist es, Medikamente aber erst dann einzusetzen, wenn psychosoziale Interventionen allein keine Verbesserung zeigen“, betont Prof. Kornhuber. Wissenschaftler des Uni-Klinikums Erlangen haben daher ein multimodales Programm für Menschen mit Demenz entwickelt, das nachgewiesen genauso gut anschlägt wie Medikamente – und das ohne Nebenwirkungen. MAKS – das steht für moto- rische, alltagspraktische, kognitive und soziale Aktivierung. Die MAKS- erapie lässt sich auch mit Medikamenten kombinieren. Prof. Kornhuber be- tont außerdem: „Auch Patienten mit ausgeprägten Demenzen können wir helfen, wenn beispielsweise eine begleitende Depression oder herausforderndes Verhalten gebessert werden sollen. Parallel können wir bei der Organisation der häuslichen Versor- gung, beim Suchen eines geeigneten Heimplatzes oder bei der Vermittlung einer Tagespflege unter- stützen.“ Risikofaktoren erkennen Besser als jede Behandlung ist es, einer Demenz vorzu- beugen. Denn Demenzen sind keine normale Alters- erscheinung, die eben dazugehört. „Nach neuesten Erkenntnissen ist es besonders wichtig, Gefäßrisiko- faktoren zu minimieren“, sagt Prof. Kornhuber. „Dazu zählen Bluthochdruck, Bewegungsmangel, Diabetes mellitus und ein zu hoher Cholesterinspiegel.“ Wer seinen Lebensstil dahingehend anpasst, stärkt nicht nur sein Herz-Kreislauf-System, sondern wappnet sich gleichzeitig gegen eine Demenz. Luise Laufer GESUNDHEITSSERIE – UNSER SCHWERPUNKTTHEMA IM DEZEMBER: DEMENZ Diagnose Demenz Gerät der Al ltag durch eine Demenzerkrankung al lmählich aus den Fugen, löst das Ängste bei Betroffenen aus und belastet die gesamte Familie. DREI FRAGEN AN Wie kann man einer Demenz gezielt vorbeu- gen? Dank intensiver For- schung können wir heute ganz konkrete Empfehlun- gen zur Prävention ausspre- chen. Wer seinen Lebensstil auf eine mediterrane Ernährung mit viel Bewegung und geistiger Aktivität ausrich- tet, macht schon viel richtig. Zusätzlich ist es wichtig, soziale Kontakte zu pflegen, die Kommunikation mit anderen zu su- chen und seinen Lebenssinn zu spüren. Wann muss ich in eine Gedächtnissprechstunde? Vergesslichkeit ist nicht immer sofort ein Zeichen von Demenz. Häufen sich aber Situationen, in denen sich jemand oft wiederholt, er Gegenstände verlegt, in denen das logische Denken und die räumliche Orientierung einge- schränkt sind oder sich die Persönlichkeit verändert, ist der Gang in unsere Gedächt- nissprechstunde ratsam. Hier beziehen wir die Angehörigen mit ein und können mithilfe verschiedener Tests bestimmen, ob und welche Form der Demenz vorliegt. Ist Demenz behandelbar? Eine Demenz sollte in jedem Fall behan- delt werden. Das ist auf verschiedenen Wegen möglich. Im Idealfall besteht die erapie aus dem von uns entwickelten MAKS-Programm, also einer Kombina- tion aus Bewegung, geistigem Training und sozialer Aktivität, und einer guten medikamentösen Einstellung. So lassen sich Gedächtnisschädigungen zwar nicht heilen, aber aufhalten. Fünf Argumente, warum sie wichtig ist 1. Patienten bekommen Gewissheit über ihre Symptome und können so Unsicherheiten abbauen. 2. Angehörige können Verhaltensänderungen besser einordnen. 3. Möglicherweise ist für die Demenz eine behandelbare Grunderkrankung ursächlich. 4. Patienten können bewusst selbst noch Entscheidungen und Vorkehrungen für die Zukunft treffen. 5. Wer früh von seiner Erkrankung weiß, hat eine bessere therapeutische Ausgangssituation und kann einen Heimübertritt hinauszögern. Foto: FranziskaMännel/Uni-KlinikumErlangen Foto: Bela Hoche/123RF FRÜHDIAGNOSTIK Zur Behandlung leichter und mittelschwerer Demenzerkrankungen eignet sich das von Medizinern des Uni-Klinikums Erlangen entwickelte MAKS- erapieprogramm. Es besteht aus einer m otorischen, einer a lltagspraktischen, einer k ognitiven und einer s ozialen Komponente. „Dank Frühdiagnostik lässt sich heute sehr gut voraussagen, welchen Verlauf eine Gedächtnisstörung nehmen wird.“ Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Direktor der Psychiatrie des Uni-Klinikums Erlangen Prof. Dr. Johannes Kornhuber Direktor der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen Psychiatrie des Uni-Klinikums Erlangen Telefon: 09131 85-34597 E-Mail: direktion-psych@uk-erlangen.de www.psychiatrie.uk-erlangen.de | 15

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