Jahresbericht 2019 | 2020: Medizin. Menschen. Momente.

Christa Fischer hingegen entschied sich für die Gewebeentnahme: „Ich will nicht schuld daran sein, falls mein Sohn später keine eigene Familie haben kann. Für mich war klar: Wir müssen das machen, damit wir sagen können, wir haben alles versucht. Ich habe auch Martin gefragt, ob er später viel- leicht Kinder haben möchte. Im Endeffekt musste ich über sein späteres Erwachsenen- leben entscheiden.“ ORGANISATORISCHES KUNSTSTÜCK Sobald die Eltern eine Entscheidung gefällt haben, muss Dr. Schwaiger alle Hebel in Be- wegung setzen, damit die Gewebeentnahme zeitnah stattfinden kann: Die Mitarbeiter des Uni-Klinikums Münster, wo die gefrorenen Proben aufbewahrt werden, bereiten eine entsprechende Kühlbox vor und schicken sie mit einem Transportunternehmen nach kindgerechten Zeichnungen, was es heißt, eine Familie zu gründen“, erläutert die Erlan- ger Projektverantwortliche. Doch gerade die Entscheidung für oder gegen die Entnahme fällt vielen Eltern angesichts der sowieso schon angespannten Situation schwer; sie müssen nicht nur die Diagnose ihres Kindes verarbeiten, sondern auch noch innerhalb weniger Tage über die Bewahrung der Frucht- barkeit ihres Sohnes entscheiden. Schnell gehen muss es vor allem deshalb, damit die Therapie so rasch wie möglich begonnen werden kann. „Zwei Familien haben bisher die Möglichkeit der Kryokonservierung ab- gelehnt. Für sie waren es einfach zu viele Informationen, mit denen sie plötzlich kon- frontiert wurden“, berichtet Dr. Schwaiger. 3 Jungen wurde bisher im Rahmen von Andropro- tect Hodengewebe am Uni-Klinikum Erlangen entnommen. Dr. Brigitte Schwaiger spricht nicht nur mit den Eltern, sondern auch mit den jungen Patienten selbst über den Eingriff: „Die Kinder sollen verste- hen, warum es ihnen auch ‚da unten‘ wehtun kann, obwohl sie einen Katheter für die Chemo eingesetzt bekommen haben.“ 14 H E L F E N H E I L E N U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 9 | 2 0 2 0

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