Jahresbericht 2019 | 2020: Medizin. Menschen. Momente.

F O R S C H E N L E H R E N U N I V E R S I T Ä T S K L I N I K U M E R L A N G E N J A H R E S B E R I C H T 2 0 1 9 | 2 0 2 0 34 Ein Kleidungsstück hört mit: Mit dem GastroDigitalShirt kreierte ein interdisziplinäres Forschungsteam ein neues Diagnostikinstrument für den Magen-Darm-Bereich, das die Therapie von chronischen und funktionellen Darmerkrankungen revolutionieren kann. DIAGNOSTIK ZUM ANZIEHEN m Jahr 1816 entwickelte der französische Arzt René Théophile Hyacinthe Laënnec eine Papier- rolle als Vorläufer für das bis heute verwendete Stethoskop. Ein Wen- depunkt in der Diagnostik der damaligen Medizin, in der Ärzte ihre Patienten noch mit dem Ohr auf dem blanken Oberkörper ab- hören mussten. Mehr als 200 Jahre später präsentiert ein Erlanger Forschungsteam einen weiteren Meilenstein in der Schallüber- tragung zwischen Körper und Gerät: Mit dem GastroDigitalShirt werden Geräuschmuster aus dem Magen-Darm-Trakt über Tage oder sogar Wochen kontinuierlich aufgezeichnet und per Computer analysiert. Die Idee ent- wickelte Dr. med. (Univ. Pécs) Sarah Fischer, Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und En- dokrinologie, in enger Kooperation mit dem Lehrstuhl für Digital Health der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, den Prof. Dr. Oliver Amft innehat. Die Umsetzung der Idee, mehrere, kontinuierlich arbeitende Mikrofone für das Erkennen von Krankheiten anhand der Geräuschkulisse des Magen-Darm- Trakts zu nutzen, startete im April 2019. Bereits im Juli 2019 war der erste Prototyp fertiggestellt: Seither hat die elektrische Nähmaschine einen festen Platz im Labor, um den Tragekomfort des Shirts stetig zu verbessern. „Wir haben ein diagnostisches Instrument entwickelt, das für die Patienten zugleich ein alltäglicher Gebrauchsgegen- stand ist“, erklärt Prof. Amft. Damit gelang den Digital-Health-Forschern eine neue Kom- bination von Textil und Technologie: „Wir entwickelten ein atmungsaktives Kompres- sionsshirt aus herkömmlichem Elastan, das eng am Körper anliegt, damit die Mikro- fone unmittelbaren Hautkontakt haben“, erläutert Doktorandin Annalisa Baronetto. „Es bietet also der integrierten Technologie einen alltagstauglichen Rahmen.“ Mithilfe des GastroDigi- talShirts trägt der Patient mehrere Mikrofone direkt am Oberkörper (Monitor rechts). Auf dem linken Bildschirm blicken Dr. Fischer (l.) und Prof. Amft auf die so entstehenden Geräuschmuster des Magen-Darm-Trakts. I 8 digitale Mikrofone sind in die Innenseite des GastroDigitalShirts eingenäht. Sie erfassen gleichzeitig alle Ge- räusche im Bereich der Speiseröhre, des Ma- gens und des Darms.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw