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Wenn Hirntumoren rot-violett leuchten

Wenn Hirntumoren rot-violett leuchten

Prof. Dr. Oliver Schnell ist neuer Direktor der Neurochirurgischen Klinik

Zum 1. Oktober 2023 übernahm Prof. Dr. Oliver Schnell die Leitung der Neurochirurgischen Klinik des Uniklinikums Erlangen und den Lehrstuhl für Neurochirurgie an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) von seinem Vorgänger Prof. Dr. Michael Buchfelder. Klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt von Oliver Schnell ist die Neuroonkologie, die sich mit der Diagnostik und Behandlung von Hirn- und Rückenmarkstumoren befasst. „Dazu gehören Tumoren im Gehirn und am Schädelknochen, aber auch Hirnmetastasen, die ihren Ursprung in einem anderen Organ haben“, erklärt Prof. Schnell. „Insbesondere für neuroonkologische Patientinnen und Patienten möchten wir noch stärker als bisher eine Anlaufstelle bieten.“ Dabei misst der 49-jährige zweifache Vater auch der Versorgung von Kindern und Jugendlichen einen hohen Stellenwert bei. Auch hier liegt sein Augenmerk insbesondere auf Krebserkrankungen.

Neue Methode macht Tumorzellen sichtbar

Ein Verfahren, das Oliver Schnell am Uniklinikum Erlangen für Krebspatientinnen und -patienten neu einführen möchte, ist die fluoreszenzgestützte Tumorresektion, genauer: die 5-ALA-Fluoreszenz-Methode. Ein vor der Hirn-Operation getrunkenes Farbstoff-Wasser-Gemisch reichert sich dabei in den Tumorzellen an und lässt diese unter dem OP-Mikroskop rot-violett leuchten. So sind die bösartigen Zellen für die Operateurin oder den Operateur besser sichtbar und von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Die intraoperative Kernspintomografie (MRT), die am Uniklinikum Erlangen bereits bei Tumoren des Gehirns und der Schädelbasis eingesetzt wird, möchte der neue Klinikdirektor noch um den intraoperativen Ultraschall ergänzen. „Allgemein wird es bei uns künftig minimalinvasiver: Die Schnitte werden kleiner, die Eingriffe gezielter“, so der Neurochirurg. Dazu gehören auch der Ausbau der endoskopischen Schädelbasischirurgie und die technische Weiterentwicklung von Wirbelsäuleneingriffen. Unterstützt werden Oliver Schnell und sein Team dabei von mordernster Bildgebungs- und OP-Technik. Für Präzision und Sicherheit sorgen u. a. die Neuronavigation und das intraoperative Neuromonitoring, mit dessen Hilfe Nervenfunktionen an Gehirn und Rückenmark während eines Eingriffs genau überwacht werden. Prof. Schnell möchte langfristig auch Wachoperationen am Gehirn einführen, bei denen die Patientinnen und Patienten ansprechbar bleiben. Im Verlauf eines Eingriffs stellen Sprachtestungen sicher, dass sprachrelevante Hirnareale nicht verletzt werden.

Weiterentwicklung der Hypophysen- und Epilepsiechirurgie

Neben der Behandlung lebensbedrohlicher Krebsarten ist in Erlangen schon lange die neurochirurgische Versorgung von Hypophysentumoren und Epilepsie etabliert. Bei Hypophysentumoren handelt es sich um meist gutartige Geschwüre der Hirnanhangsdrüse. Sie machen etwa 15 Prozent aller Hirntumoren aus. „Die Epilepsiechirurgie führen wir im großen Epilepsiezentrum des Uniklinikums Erlangen durch“, erklärt Prof. Schnell, der den größten Vorteil des Uniklinikums Erlangen in seiner Interdisziplinarität sieht. „Wir haben hier neben der Neurochirurgie auch alle anderen Fachgebiete unter einem Dach – darunter Neurologie, Neuroradiologie, Neuropathologie und Strahlentherapie. Wir können unsere Patientinnen und Patienten also von der Diagnostik und Therapie bis hin zur Nachsorge beraten und lotsen, sodass sie keine wichtigen Termine verpassen und immer wissen, was wann, wo und warum mit ihnen passiert“, erläutert der Neurochirurg. „Gerade bei Krebspatientinnen und -patienten ist es extrem wichtig, sie an die Hand zu nehmen und durch die Erkrankung zu führen. Wir übernehmen die Verantwortung dafür, dass niemand durchs Raster fällt.“ Die Basis aller Therapieentscheidungen bildet dabei das Tumorboard. Hier treffen sich die Expertinnen und Experten der verschiedenen Fachrichtungen und besprechen die weiteren Schritte. „Dank dieser engen Kooperation können wir Betroffenen die bestmögliche Behandlung aus einer Hand bieten“, betont Prof. Schnell. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Neuroradiologischen Instituts (Direktor: Prof. Dr. Arnd Dörfler) und der Neurologischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan Schwab) versorgen Oliver Schnell und seine Mitarbeitenden auch Menschen mit Gefäßerkrankungen, insbesondere mit Aneurysmen, aber auch mit Schlaganfällen, die bei Blutungen oder Gefäßverengungen mitunter auch operiert werden müssen. Dazu kommen funktionell-neurochirurgische Verfahren wie die Tiefe Hirnstimulation, etwa bei Parkinson, Multipler Sklerose und Schmerzsyndromen, sowie notfallmäßige OPs bei Schädel-Hirn-Traumata nach Unfällen.

Neue Professur für Translationale Neurochirurgie

„Mein Bestreben war es immer, Grundlagenwissenschaft schnell in die klinische Anwendung zu bringen und die Erkrankten früh davon profitieren zu lassen“, betont Prof. Schnell. Aus diesem Grund und um diese Translation in Erlangen zu stärken, wurde jetzt eigens eine neue Professur für Translationale Neurochirurgie eingerichtet, die aktuell besetzt wird. Im Zuge dessen können Patientinnen und Patienten z. B. besonders früh in klinische Studien aufgenommen werden, wodurch sie neue Therapien als Erste erhalten. „Ich schätze das Mindset in Erlangen, die Innovation voranzutreiben“, so Oliver Schnell. „Mit dem Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN, dem Deutschen Zentrum Immuntherapie und den vielen industriellen Partnerinnen und Partnern sind die Möglichkeiten für neue Therapien hier wirklich ideal.“

Werdegang von Prof. Dr. Oliver Schnell

Im baden-württembergischen Rottweil geboren, studierte Oliver Schnell Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Die Ausbildung zum Facharzt für Neurochirurgie absolvierte er an der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik am LMU Klinikum, die Habilitation und die Verleihung der Venia Legendi für das Fach Neurochirurgie erfolgten 2013. Parallel zu seiner ärztlichen Tätigkeit, seit 2010 als Oberarzt, absolvierte Oliver Schnell den Postgraduierten-Studiengang „Master of Health Business Administration“ an der FAU. 2016 erfolgte der Wechsel an die Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Freiburg in der Position als stellvertretender Klinikdirektor und leitender Oberarzt. Nach dem Erwerb der Zusatzbezeichnung „Spezielle (neurochirurgische) Intensivmedizin“ wurde Oliver Schnell 2019 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Neben seiner chirurgischen Tätigkeit leitete er am Universitätsklinikum Freiburg den Schwerpunkt Neuroonkologie, die klinische Studienzentrale sowie die Forschungsgruppe „Translationale Neuroonkologie“.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Oliver Schnell
09131 85-34360
nch-sekretariat(at)uk-erlangen.de