Seit 200 Jahren im Dienste des Menschen

Die Krankenpflege am Universitätsklinikum Erlangen hat eine lange Geschichte und beginnt mit der Gründung des Institutum Chirurgicum am 20. November 1815 – die Arbeit der Pflegenden ist jedoch erst ab 1867 dokumentiert. Ab diesem Zeitpunkt taten Diakonissen der 1855 gegründeten evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg ihren Dienst in der Medizinischen Klinik, später auch in der Frauenklinik und Zahnärztlichen Poliklinik. Die Klinik stellte Unterkunft  sowie  Verpflegung für die Schwestern zur Verfügung und entrichtete eine Abgabe an das Mutterhaus. Die Pflegenden waren in beruflichen Dingen den Ärzten unterstellt, den sie "willigen Gehorsam" schuldeten.

Die 1854 gegründete evangelische Diakonissenanstalt Neuendettelsau entsandte 1875 eine Diakonisse und später auch einen Diakon an die Erlanger Augenklinik. Laut Erhebung aus dem Jahre 1914 kümmerten sich die Pflegenden vierzehn Stunden täglich um die Patienten, ihre Mahlzeiten nahmen sie während des Dienstes ein. An Sonn- und Feiertagen stand ihnen der Gang zur Kirche frei, Urlaub war ihnen für die Dauer von drei Wochen pro Jahr vertraglich zugesichert. Weitere Schwestern und Brüder aus der Diakonissenanstalt Neuendettelsau waren in späteren Jahren in der Chirurgischen Klinik und Kinderklinik eingesetzt. Die Hautklinik und Kieferklinik beschäftigte ab 1923 Schwestern und Brüder des Mutterhauses Hensoltshöhe.

Mit dem Voranschreiten der modernen Krankenhausmedizin wurden Stimmen lauter, die klinische Pflege kranker Menschen zu professionalisieren und Zugangsvoraussetzungen für den Beruf zu schaffen. Ende des Jahres 1928 sicherte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus schließlich dem Verwaltungsausschuss der Erlanger Universität zu, eine Krankenpflegeschule für die Medizinische Klinik einzurichten. Eine weitere Schwesternschule, die der  Chirurgischen Klinik zugehörte, wurde 1958 gegründet.

Ab 1937 ersetzte die NS-Diktatur die bisherigen Pflegekräfte r aus den verschiedenen Mutterhäusern nahezu flächendeckend durch regimetreue Schwestern der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Die Beteiligung der Pflegenden an den Medizinverbrechen der NS-Zeit – darunter Zwangssterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche bei Zwangsarbeiterinnen – zählt zu den dunkelsten Kapiteln der Geschichte des Pflegedienstes am Erlanger Universitätsklinikum.

In der Nachkriegszeit positionierte sich der Pflegedienst der Erlanger Kliniken neu und der Krankenpflegeberuf entwickelte sich immer mehr zum modernen Erwerbsberuf. Die Krankenpflegeschulen richteten ihre Ausbildungsinhalte an dem 1957 erlassenen Krankenpflegegesetz aus und stellten damit eine hohe Qualität der Pflege sicher. Auch fachliche Spezialisierungen trugen dazu bei. So war Anneliese Eidner – Krankenschwester der Chirurgischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen – die erste StomatherapeutinDeutschlands. Sie hatte sich 1976 in den USA ausbilden lassen.

Auszubildende der Gesundheits- und Krankenpflege können in Erlangen heute den dualen Studiengang "Pflege für Gesundheits- und Krankenpflege an der Evangelischen Hochschule Nürnberg" sowie die Doppelqualifizierung Berufsausbildung und Fachhochschulreife absolvieren. Seit 1994 werden die Fächer Pflegemanagement und Pflegepädagogik an bayerischen Hochschulen angeboten. Professor Christine Fiedler, Pflegedirektion, war 1999 die erste Mitarbeiterin des Uni-Klinikums Erlangen mit einem internationalen Abschluss der Pflegewissenschaft. Die Ende 2001 gegründete "Akademie für Pflegeberufe" (heute "Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe") bietet ein umfassendes Programm zur Aus-, Fort- und Weiterbildung für Pflegende und weitere Berufsgruppen an. Einen weiteren Schritt hin zur Professionalisierung markieren die Bildung der Pflegedirektion als Gesamtleitung des Pflegedienstes aller klinischen Einrichtungen im Jahr 1991 sowie eine damit verbundene strategische Neuausrichtung. Das 1994 vom Pflegedienst selbst gesetzte, sich am Pflegemodell der englischen Pflegewissenschaftlerinnen Nancy Roper, Winifred Logan und Alison Tierney orientierende Pflegeleitziel lautet: "Der Mensch steht im Mittelpunkt."

Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des Pflegedienstes am Universitätsklinikum Erlangen ist in der Chronik zum 200-jährigen Jubiläumdes Klinikums zu finden:
Susanne Ude-Koeller, Ein Krankenhaus braucht Pflege - zur Geschichte der Krankenpflege in Erlangen, in: 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen, 1815-2015, hrsg. von Karl-Heinz Leven und Andreas Plöger, Köln, Weimar, Wien 2016, S. 409-437.