Das Herz-Kreislauf-Risiko von Dialysepatienten senken
Renale Denervation kann Blutdruck und damit kardiovaskuläres Risiko senken – auch bei Dialysepatientinnen und -patienten
Anlässlich des Welthypertonietages am 17. Mai 2025 legt die Medizinische Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie (Direktor: Prof. Dr. Mario Schiffer) des Uniklinikums Erlangen den Fokus auf eine stille Gesundheitsgefahr: den Bluthochdruck. Das Augenmerk richtet sich diesmal vor allem auf Menschen mit terminaler Nierenschwäche – also auf Patientinnen und Patienten, deren Nieren dauerhaft geschädigt sind und die deshalb eine Dialysebehandlung bzw. eine Organtransplantation brauchen. Rund 90.000 Menschen in Deutschland sind aktuell auf eine Blutwäsche angewiesen. Erste Daten der Medizin 4 des Uniklinikums Erlangen geben Hinweise darauf, dass eine Verödung der Nierennerven – auch Renale Denervation (RDN) genannt – den Blutdruck und damit das Herz-Kreislauf-Risiko dieser Menschen senken kann. Die ersten Dialysepatientinnen und -patienten wurden bereits mit der RDN behandelt. Weitere werden nun im Rahmen einer Folgestudie gesucht.
Dr. Dennis Kannenkeril, Oberarzt der Medizin 4 des Uniklinikums Erlangen, erklärt: „Bluthochdruck und Diabetes sind die häufigsten Ursachen für eine Dialysepflichtigkeit. Nachdem die Dialyse eingeleitet wurde, kann sich der Blutdruck noch weiter verschlechtern, sodass die Betroffenen oft mehrere Medikamente einnehmen müssen. Die Renale Denervation bietet diesen Menschen eine sehr gute Chance, ihren Blutdruck besser einzustellen und Medikamente zu reduzieren. Damit sinkt vor allem auch ihr Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Das ist deshalb so wichtig, weil kardiovaskuläre Komplikationen für diese Patientinnen und Patienten mitunter gefährlicher werden können als ihre zu geringe Nierenleistung.“
Eine 2019 veröffentlichte Pilotstudie des Uniklinikums Erlangen hatte bei einer kleinen Gruppe von Patientinnen und Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz bereits gezeigt, dass die RDN bei diesen Betroffenen blutdrucksenkend wirkt – im Schnitt um 20 mmHg beim systolischen Blutdruck (erster Wert) und um 15 mmHg beim diastolischen Blutdruck (zweiter Wert). „Jetzt sind weitere Untersuchungen mit mehr Teilnehmenden nötig, um diese ersten Ergebnisse noch zu untermauern“, erklärt der Oberarzt. Das Team um Dr. Kannenkeril, Prof. Dr. Roland Schmieder und PD Dr. Agnes Bosch sucht deshalb nun weitere Probandinnen und Probanden, die auf eine maschinelle Dialyse (Hämodialyse) angewiesen sind und therapieresistenten Bluthochdruck haben.
Blutdruck von 22-Jähriger sank durch Renale Denervation
Eine Dialysepatientin, bei der die RDN am Uniklinikum Erlangen bereits erfolgreich durchgeführt wurde, ist Tatevik G. Die 22-Jährige kam mit einer Schrumpfniere und einer funktionsfähigen Niere zur Welt. Doch eine schwere Krankheitsphase in ihrer Kindheit führte dazu, dass auch die gesunde Niere allmählich ihre Funktion verlor. 2016 begann Tatevik G. mit einer Dialysebehandlung. Immer wieder entwickelte die junge Frau Blutdruckspitzen, teilweise mit 210/130 mmHg. 2018 bekam sie schließlich eine Spenderniere, die ihr Körper allerdings nicht tolerierte – der Dialysekreislauf begann von vorn. Die transplantierte Niere nahm mehr und mehr Schaden, bis sie 2021 ganz versagte. Tatevik G. wartet nun erneut auf ein Spenderorgan. „Seit ich wieder dreimal pro Woche für jeweils vier Stunden zur Dialyse musste, hatte sich mein Bluthochdruck weiter verschlechtert. Er war nicht mit Medikamenten zu kontrollieren“, berichtet die junge Frau aus Fürth. Auch eine gesündere Ernährung, der Verzicht auf Rauchen und Alkohol brachten bei ihr keine Besserung. „Ich habe von dem Bluthochdruck zwar nichts gemerkt, wusste aber, dass er gefährlich für mich ist.“ So entschied sie sich im Dezember 2024 für eine Renale Denervation am Uniklinikum Erlangen. „Der Eingriff war kurz, ich habe nicht viel davon gespürt“, sagt die Patientin. Durch die ultraschallgestützte Denervation sei ihr Blutdruck nun im Durchschnitt 10 bis 20 mmHg niedriger. „Er ist immer noch erhöht, aber ich habe nicht mehr so starke Ausschläge“, berichtet die 22-Jährige. Mit der Zeit können die Werte noch weiter sinken. Dr. Kannenkeril ordnet ein: „Schon eine Blutdrucksenkung um 10 mmHg verringert das Risiko für einen Herzinfarkt um knapp 20 Prozent, das Risiko für einen Schlaganfall um 27 Prozent und für eine Herzschwäche um 28 Prozent.“
Volkskrankheit Hypertonie
Ein normaler Blutdruck liegt bei rund 120/80 mmHg, ab 140/90 mmHg sollte er behandelt werden. Dies gilt für ca. 20 bis 30 Millionen Erwachsene in Deutschland. Ein entscheidender Schritt, um den Blutdruck zu senken, ist die Veränderung des Lebensstils – mit gesunder Ernährung, weniger Alkohol und Salz, mehr Bewegung, weniger Stress und dem Verzicht auf das Rauchen. Zusätzlich können blutdrucksenkende Medikamente erforderlich sein.
Über die Renale Denervation
Lässt sich die Hypertonie trotz Lebensstiländerungen und drei oder mehr blutdrucksenkenden Medikamenten nicht kontrollieren, kommt auch eine Renale Denervation infrage. Insbesondere Patientinnen und Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko können von dieser zugelassenen Behandlung profitieren. Bei der RDN wird ein Katheter durch die Oberschenkelarterie in der Leiste eingeführt und bis zu den Nierenarterien vorgeschoben. Überaktive sympathische Nerven um die Nierenarterien herum, die zu Bluthochdruck beitragen, werden dann durch Ultraschallenergie verödet. Den Eingriff führen vor allem Zentren für Renale Denervation durch. Auch das Uniklinikum Erlangen ist seit 2022 als solches zertifiziert.
Informationen für Patientinnen und Patienten:
https://www.renale-denervation.uk-erlangen.de/
Weitere Informationen:
Dr. Dennis Kannenkeril