Der Mann für die Langstrecke
Frank Münch ist deutschlandweit erster habilitierter Perfusionist
Vom Hauptschüler zum Privatdozenten: So ließe sich der Lebenslauf von PD Dr. Frank Münch zusammenfassen – doch das würde weder dem leitenden Perfusionisten des Uniklinikums Erlangen noch seiner Leidenschaft gerecht, mit der er sich für sein Fach Perfusiologie und Technische Medizin einsetzt. Seit diesem Sommer ist Frank Münch der deutschlandweit erste habilitierte Perfusionist und somit auch zur universitären Lehre berechtigt. Dafür, dass es die wissenschaftliche Disziplin „Perfusiologie und Technische Medizin“ überhaupt gibt, hat sich Frank Münch lange Jahre mit viel Herzblut engagiert. Und so wurde Anfang 2025 aus der „Kardiotechnik“, bei der die maschinelle Durchblutung des Herzens im Vordergrund stand, die „Perfusiologie“: Weil die Berufsgruppe inzwischen auch außerhalb der Herzmedizin die Durchblutung unterschiedlicher Organe sicherstellt. „Weiterentwicklung war mir immer wichtig – sowohl meine persönliche als auch die meines Fachgebiets“, sagt Dr. Münch. „Und das alles zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten, denn um sie geht es. Für mich steht immer der Mensch im Mittelpunkt – ich sehe nur ihn und möchte alles in meinem Umfeld Mögliche für ihn tun.“
Ab 1999 war Frank Münch als Kardiotechniker an der Herzchirurgischen Klinik des Uniklinikums Erlangen angestellt, seit 2005 in leitender Funktion. Gemeinsam mit seinem Team bedient er beispielsweise die Herz-Lungen-Maschinen, die während eines Herzstillstands den Herz- und Lungenkreislauf der Patientin bzw. des Patienten aufrechterhalten. Außerdem kontrolliert und steuert er externe sowie interne Herzunterstützungssysteme wie Schrittmacher und Defibrillatoren. Dies betrifft auch Menschen, die an ein Kunstherz angeschlossen werden müssen und mit dessen Hilfe auf die lebensrettende Organtransplantation warten: Sie werden ebenfalls vom Team der Kardiotechnik kontinuierlich begleitet. „Das alles machen wir seit vielen Jahren, aber unser Arbeitsgebiet hat sich mittlerweile aufgrund der technischen Innovationen enorm verändert und vergrößert“, erläutert Dr. Münch, der seit Januar 2022 zudem ehrenamtlicher Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perfusiologie und Technische Medizin e. V. ist. „Perfusionistinnen und Perfusionisten leisten zunehmend auch in Forschung und Lehre sowie bei technologischen Entwicklungen einen wichtigen Beitrag zur Zukunft der Medizin.“
Einzigartige Verbindung von Medizin und Technik
Rund 600 Personen arbeiten aktuell in Deutschland in der Kardiotechnik bzw. in der Perfusiologie. Diese hoch qualifizierten Fachkräfte sorgen dafür, dass der Körper auch während komplexer Operationen und lang andauernder Behandlungsphasen optimal versorgt wird. Das gilt besonders für Situationen, in denen das Herz stillsteht und die Lunge pausiert und die lebenswichtigen Funktionen der beiden Organe ersetzt werden müssen. Dann kommen Therapieverfahren wie die extrakorporale Zirkulation zum Einsatz, die mit der Herz-Lungen-Maschine realisiert wird. Hierbei wird das Blut der Patientin bzw. des Patienten aus dem Körper geleitet und mithilfe eines Oxygenators mit Sauerstoff angereichert sowie das Kohlenstoffdioxid entfernt. Eine spezielle Pumpe verteilt das aufbereitete Blut anschließend wieder im arteriellen System der Patientin bzw. des Patienten. Bei diesem und ähnlichen Eingriffen tragen die Perfusionistinnen und Perfusionisten mit ihrem technischen und medizinischen Know-how die volle Verantwortung für die Stabilisierung der Organfunktionen und die Aufrechterhaltung des Kreislaufs und sind eigenverantwortlich innerhalb der OP-Teams tätig. „Unser Beruf ist einzigartig, denn er verbindet Medizin und Technik. Deshalb kann auch keine andere Berufsgruppe in der Klinik unsere Tätigkeiten übernehmen“, erklärt Frank Münch. „Das wollten wir sichtbar machen und unter anderem deshalb haben wir uns so für die Etablierung einer eigenständigen wissenschaftlichen Fachdisziplin eingesetzt.“
Sein Berufsweg: den Beruf leben
Dass es den Beruf des Perfusionisten bzw. des Kardiotechnikers überhaupt gibt, das wusste der gebürtige Würzburger nicht, als er sich 1986 nach seinem qualifizierten Hauptschulabschluss für einen Beruf entscheiden sollte. „Ich bin nicht in einer Akademiker-Familie aufgewachsen“, sagt der heute 54-Jährige. „Die Lehre zum Feinmechaniker am Physikalischen Institut der Uni Würzburg habe ich gemacht, weil mein Vater Maschinenschlosser war.“ Eigentlich wollte Frank Münch direkt nach seiner Ausbildung nach Ecuador zum Freiwilligendienst – „aber dann habe ich als Jahrgangsbester in Bayern abgeschlossen und mein Arbeitgeber hat mich direkt übernommen. Das hat meine Pläne zunichtegemacht“, erinnert er sich schmunzelnd. „Meine Eltern haben mir vorgelebt, dass es nicht darauf ankommt, welchen Beruf man ausübt, sondern wie man ihn lebt. Mein ganzes Berufsleben war geprägt von Durchhaltevermögen und ich hatte immer eine Vision, ein konkretes nächstes Ziel.“ So führte Frank Münchs Weg über die Fachschule für Medizintechnik und das Masterstudium „Cardiovascular Technology“ in Dänemark hin zur Promotion an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Ich hatte immer Menschen um mich, die an mich geglaubt und die mich gefördert haben“, rekapituliert der inzwischen vielfach ausgezeichnete Experte. „Und das führe ich fort, indem ich mich nun für unser Fachgebiet und die jungen Kolleginnen und Kollegen engagiere.“
Premiere in Deutschland – Erlanger Alleinstellungsmerkmal
Zuletzt war es Prof. Dr. Sven Dittrich, Leiter der Kinderkardiologie des Uniklinikums Erlangen, der Frank Münch einen Schubs gab. „Er hat mir das Antragsformular für die Habilitation überreicht und mir seine Unterstützung zugesagt“, erinnert sich der leitende Perfusionist. Und dank seines eigenen Engagements gelang ihm die Premiere: PD Dr. Frank Münch ist die erste Person, die in Deutschland in der wissenschaftlichen Disziplin „Perfusiologie und Technische Medizin“ habilitierte. „Das Fach gibt es offiziell seit 1. Januar 2025 – meine Habilschrift habe ich am 9. Januar 2025 abgegeben“, sagt Frank Münch. „Ich freue mich sehr, dass es so geklappt hat. Das ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal des Uniklinikums Erlangen.“
Ein Puzzle für den Patienten
Obwohl er deutschlandweit und sogar in der Schweiz lehrt, Bachelor- sowie Masterarbeiten betreut und zahlreiche Publikation aufweisen kann, bleibt er dem Uniklinikum Erlangen treu. „Meine ganze Karriere beruht ja darauf, dass für mich die Patientinnen und die Patienten im Mittelpunkt stehen und dass ich mich für sie stark mache“, betont Dr. Münch. „Am Uniklinikum Erlangen ist es erwünscht und wird auch gefordert, dass man seine fachliche Meinung einbringt. Jede Berufsgruppe und jede Disziplin hat Informationen zur Patientin beziehungsweise zum Patienten. Das sind Puzzleteile, die wir gemeinsam zum individuell bestmöglichen Therapieplan zusammensetzen.“ Das Perfusiologie-Team umfasst derzeit neun Personen, die eng mit zahlreichen Einrichtungen des Uniklinikums Erlangen zusammenarbeiten: von der Neonatologie über die Herzchirurgie, die Pneumologie und die Nephrologie bis hin in die zahlreichen Forschungslabore. „Das universitäre Umfeld ist eine echte Erlanger Stärke“, hebt Dr. Münch hervor. „Hier werden allein aufgrund der räumlichen Nähe Leute zusammengebracht, die beruflich sonst nie miteinander reden würden, einfach weil sie sich und ihre Arbeitsfelder nicht kennen.“
Wegweisende Zukunftspläne – Transportbox für schlagende Herzen
„Dinge mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, ‚out of the box‘ zu denken, das bin ich einfach“, sagt Frank Münch, der noch viel vorhat. „Mit der Habilitation haben sich mir auch neue Türen geöffnet. Ich bin bekannter und werde häufiger auf Kooperationen angesprochen.“ Anstatt sich auf seinen Erfolgen auszuruhen, stößt er immer wieder neue Projekte an. Nach wie vor ist das Uniklinikum Erlangen das einzige Krankenhaus in Deutschland und sogar weltweit, das Kinder mit Kunstherz nach Hause lässt. Damit die lebensrettenden Organtransplantationen in Zukunft noch besser gelingen, arbeitet Dr. Münch intensiv daran, das Organ-Care-System am Uniklinikum Erlangen einzuführen: ein Verfahren, bei dem das Spenderherz schlagend zur Empfängerin bzw. zum Empfänger transportiert wird. „Wir schließen das Organ an eine Pumpe an und durchspülen es mit warmem, sauerstoffreichem Spenderblut. Das Herz hat also weiterhin Körpertemperatur und schlägt weiter. So kommt es zu weniger Gewebeschäden als wenn wir es wie bisher gekühlt transportieren“, erläutert Frank Münch. „Solche Weiterentwicklungen sind es, die mich antreiben.“
Weitere Informationen:
PD Dr. Frank Münch
09131 85-34014
frank.muench(at)uk-erlangen.de