Hightech in Höhenlage: Erlanger MRT erreicht die Anden
Von Gewinnern des Deutschen Zukunftspreises gespendetes Gerät in peruanischem Krankenhaus angekommen – drei Teams des Uniklinikums helfen in Südamerika
Wenn Dr. Christine Hauer, Laura Schwarzfärber und Frederic Balling in diesen Tagen nach über 24-stündiger Anreise in der Andenstadt Curahuasi ankommen, ist das MRT-Gerät schon da. Bereits im März 2025 war es auf ein Containerschiff verladen und auf seinen langen Weg nach Peru geschickt worden. Sobald nun also auch die Oberärztin, die Medizinische Technologin für Radiologie (MTR) und der Auszubildende des Uniklinikums Erlangen eintreffen, kann es nach langer Vorbereitungszeit endlich losgehen: Ab Juli soll das innovative Gerät aus Erlangen die Gesundheitsversorgung des indigenen Quechua-Volkes deutlich verbessern. Dass der Magnetresonanztomograf jetzt im gemeinnützigen Hospital Diospi Suyana steht, ist den Gewinnern des Deutschen Zukunftspreises 2023 zu verdanken. Denn Prof. Dr. Michael Uder, Direktor des Radiologischen Instituts des Uniklinikums Erlangen, Dr. Stephan Biber und Dr. David Grodzki, beide von Siemens Healthineers, entschieden sich, ihr Preisgeld in Höhe von 250.000 Euro für den Kauf eines Modells des von ihnen entwickelten und ausgezeichneten Magnetom Free.Star Scanners zu spenden.
„Wir hatten das innovative MRT-System entwickelt, damit weltweit mehr Menschen von dieser Bildgebungstechnologie profitieren können“, sagte Prof. Uder bei der ersten symbolischen Spendenübergabe im November 2024. „Für uns ist es nur folgerichtig und persönlich ein großes Anliegen, dass wir mit unserem Preisgeld nun selbst ein Gerät kaufen, das in einer wirtschaftlich wenig entwickelten Region zum Einsatz kommt.“ Bei der Anschaffung, dem Transport und dem Aufbau des gespendeten Geräts wurden die drei Preisträger von der Siemens Healthineers AG, der Siemens AG und vom Siemens Caring Hands e. V. finanziell unterstützt. Die Spende enthält außerdem einen Servicevertrag über zehn Jahre. Nun, im Sommer 2025, folgt die zweite und sozusagen die richtige Übergabe: Das Gerät wird vor Ort installiert und in die Patientenversorgung integriert. Auch dafür kommt erneut wertvolle Unterstützung aus Erlangen: Drei Teams aus der Radiologie des Uniklinikums Erlangen reisen nacheinander jeweils für einen Monat nach Peru, um Starthilfe zu leisten.
Erstes Team packt die Koffer
Das erste Team besteht aus der Oberärztin Dr. Christine Hauer, der MTR Laura Schwarzfärber und dem MTR-Azubi Frederic Balling. Am 7. Juni 2025 verabschieden sie sich von ihren Familien und brechen Richtung Südamerika auf, um in den kommenden vier Wochen das Gerät vor Ort in Betrieb zu nehmen und damit bestenfalls schon erste Patientinnen und Patienten zu untersuchen. „Als ich Ende 2024 von dem Projekt erfuhr, wusste ich gleich: Da möchte ich dabei sein! Noch am selben Tag bewarb ich mich“, erinnert sich Dr. Hauer. Neben ihrer Expertise als Fachärztin für Radiologie konnte die 38-Jährige auch mit ihren Sprachkenntnissen und ihrer Auslandserfahrung überzeugen. Unter allen geeigneten Interessentinnen und Interessenten aus der Radiologie entschied schließlich das Los. „Ich freue mich sehr, dass ich dabei bin“, sagt Christine Hauer, die sich vor der finalen Zusage noch das Einverständnis ihrer drei Kinder einholte. „Ich betrachte es als große Chance und bin sehr neugierig auf den Kontakt mit den Peruanerinnen und Peruanern. Vermutlich werde ich andere Lebenseinstellungen und eine Medizin kennenlernen, die sich von der Patientenversorgung in Deutschland deutlich unterscheidet. Es wird eine sehr intensive und spannende Zeit, da bin ich mir sicher.“
Bildgebendes Verfahren erstmals in der Region verfügbar
Das gemeinnützige Hospital Diospi Suyana ist spezialisiert auf die Versorgung des indigenen Quechua-Volkes. Aus dem ganzen Land kommen Patientinnen und Patienten hierher. „Die Menschen nehmen teils 20 Stunden Busfahrt auf sich – ohne Garantie, tatsächlich behandelt zu werden“, erläutert Dr. Hauer. „Die Anzahl der Personen, die morgens erscheinen, überschreitet die Kapazitäten des Krankenhauses. Deswegen wird jeden Tag ausgelost, wer untersucht werden kann.“ Einen Magnetresonanztomografen für die präzise Diagnose unterschiedlichster Krankheiten gab es in der Region Apurímac im Süden Perus bislang allerdings nicht. „Deswegen und weil wir von der Arbeit des Ehepaares, das das Hospital Diospi Suyana gegründet hat und seitdem betreibt, sehr beeindruckt sind, ist unsere Wahl auf dieses Krankenhaus gefallen“, erläutert Prof. Uder. „Denn wir haben unsere Magnetom-Free-Plattform genau mit diesem Ziel entwickelt: die Bildgebungstechnologie dorthin zu bringen, wo es vorher nicht möglich war.“
Weitere Teams aus Erlangen vor Ort
Hightechgeräte zu transportieren, ist schon auf gut ausgebauten Straßen in Deutschland eine heikle Angelegenheit – ein MRT-Gerät über den Atlantik zu verschiffen und in eine Region mitten in den Anden zu fahren, ist ein deutlich größeres Unterfangen. „Es bleibt spannend bis zum Schluss“, merkt Dr. Hauer an. „Der Scanner ist für einen Betrieb bis auf 3.000 Metern Höhe zugelassen. Curahuasi liegt auf 2.688 Metern, also nur knapp darunter.“ Damit die Technik unter diesen besonderen Bedingungen rasch und präzise arbeitet, ist ein Serviceteam der Siemens Healthineers vor Ort und leistet bei Installation sowie Inbetriebnahme Unterstützung. „Wir hoffen, dass unser Team den Scanner erfolgreich in Betrieb nehmen und erste Untersuchungen durchführen kann“, sagt Christine Hauer. Wenn sie am 10. Juli 2025 wieder abreist, übergibt sie das Projekt an das zweite Team aus der Radiologie des Uniklinikums Erlangen: Der Arzt Dr. David Schinz und die MTR Andrea Mühl sollen während ihres vierwöchigen Aufenthalts die peruanischen Kolleginnen und Kollegen im Umgang mit dem Scanner schulen. Das dritte und letzte Team bilden die beiden Preisträger Michael Uder und David Grodzki, die das Gerät abschließend übergeben.
Das Hospital Diospi Suyana – hoch gelegen und von zentraler Bedeutung
Ein Krankenhaus mitten in der peruanischen Berglandschaft – was 2007 als abenteuerliches Projekt des deutschen Ärztepaares Dr. Martina und Dr. Klaus-Dieter John in einer abgelegenen Region begann, zählt heute zu den modernsten Kliniken des südamerikanischen Andenstaates. Seit seiner Gründung wurden im Hospital Diospi Suyana schon über 586.000 Patientinnen und Patienten behandelt. Die christlich-humanitäre Einrichtung wird überwiegend durch Spenden finanziert und ist weit mehr als ein Krankenhaus: Im Laufe der Jahre wurden u. a. eine Orthopädie-Werkstatt, eine Schule und ein Medienzentrum mit eigenem TV-Studio sowie zwei Radiosendern angegliedert. Das Hospital ist inzwischen einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region Apurímac.
Innovatives MRT-Gerät 2023 mit Deutschem Zukunftspreis ausgezeichnet
Zehn Jahre Entwicklungsarbeit stecken im Magnetom Free.Star Scanner. Dabei wurde MRT grundlegend neu gedacht, um Barrieren rund um die Technologie abzubauen. Sei es, weil die finanziellen Mittel für einen nötigen Gebäudeumbau fehlen, kein flüssiges Helium zur Magnetkühlung vorhanden ist, oder weil kein ausgebildetes Personal für die komplexen Untersuchungen zur Verfügung steht. Magnetom-Free-Systeme verfügen über eine niedrigere Feldstärke von 0,55 Tesla, kombiniert mit KI-basierter Bildrekonstruktion für hohe diagnostische Qualität bei Standarduntersuchungen sowie vereinfachte Infrastrukturanforderungen durch einen drastisch reduzierten Heliumbedarf von 0,7 Litern. Für ihre bahnbrechende Entwicklung erhielten Dr. Biber, Dr. Grodzki und Prof. Uder den Deutschen Zukunftspreis 2023.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Michael Uder
09131 85-36065
direktion.dr(at)uk-erlangen.de