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Längeres Leben für transplantierte Nieren

Längeres Leben für transplantierte Nieren

Nachsorgeprojekt smartNTx erhält Förderung über 5,7 Millionen Euro durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses

Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation warteten zum Stichtag 31.12.2021 knapp 6.600 Menschen in der Bundesrepublik auf eine Spenderniere. Demgegenüber stehen rund 1.900 transplantierte Nieren im Jahr 2021. Diese ungleiche Rechnung lässt sich nur lösen, wenn sich einerseits mehr Leute für eine Organspende entscheiden und wenn sich andererseits die Lebensdauer der transplantierten Nieren verlängert. Genau hier setzt das Projekt smartNTx an, das ein Konsortium unter Führung des Uniklinikums Erlangen und unter Beteiligung des Universitätsklinikums Essen, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Berlin ins Leben gerufen hat. SmartNTx wird nun mit 5,7 Millionen Euro durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert und wird heute (29.09.2022) auf der 31. Jahrestagung der Deutschen Transplantations-Gesellschaft e. V. (DTG) in Erlangen vorgestellt.

Telemedizin, smarte Devices und künstliche Intelligenz (KI) sollen die medizinische Nachsorge von Nierentransplantierten verbessern und schneller aufdecken, wenn das Immunsystem gegen das neue Organ arbeitet. Zu solchen Abstoßungsreaktionen kommt es in vielen Fällen bereits in den ersten Jahren nach der Transplantation. Dabei greift der eigene Körper die gespendete Niere an und schädigt sie irreversibel. „Die durchschnittliche Lebensdauer einer Spenderniere beträgt aktuell 15 Jahre“, so Prof. Dr. Mario Schiffer, Konsortialführer von smartNTx und Direktor der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie des Uniklinikums Erlangen. „Die über die Regelversorgung hinausgehende telemedizinische Betreuung bietet als innovatives digitales Versorgungsangebot die Möglichkeit, individuelle Risiken bei der Nachsorge frühzeitig zu identifizieren und bedarfsgerechte Behandlungen schnell einzuleiten.“ SmartNTx soll das Transplantatüberleben sichern, potenzielle Komplikationen vermeiden und die Patientin bzw. den Patienten in ihrem bzw. seinem Krankheitsmanagement stärken. „Mit Hilfe moderner KI-Verfahren und der telemedizinischen Betreuung bietet smartNTx den Patientinnen und Patienten eine Alltagsunterstützung im Leben nach der Transplantation: eine Art Gebrauchsanweisung, aber personalisiert und in dem Umfang, den jede und jeder Transplantierte benötigt“, sagt Prof. Dr. Oliver Amft, der den Lehrstuhl Digital Health an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg leitet.

SmartNTx kurz erklärt

Die neue Versorgungsform smartNTx richtet sich an Transplantierte im ersten Nachsorgejahr und wird in den Nierentransplantationszentren des Uniklinikums Erlangen, des Uniklinikums Essen und der Charité – Universitätsmedizin Berlin angeboten. „Das Zusammenspiel von Telemedizinteams, Nephrologinnen und Nephrologen an den Klinikstandorten und in den Praxen sowie den Patientinnen und Patienten ist von entscheidender Bedeutung“, betont Konsortialpartner Prof. Dr. Lars Pape, Direktor der Klinik für Kinderheilkunde II der Universitätsmedizin Essen. Im Rahmen von smartNTx erhalten die Transplantierten unter anderem eine Smartphone-App, die einen automatisierten Datenaustausch mit dem jeweiligen Transplantationszentrum und den involvierten niedergelassenen Nephrologinnen und Nephrologen ermöglicht. Eine weitere App erfasst täglich das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten sowie ihre Vitalparameter über Bluetooth-Geräte wie digitale Waagen und Blutdruckmesser. Sie bietet zudem Kommunikationsschnittstellen mit den Behandelnden sowie Erinnerungsfunktionen basierend auf dem hinterlegten Medikationsplan.

Aktuelle Laborwerte und der Medikationsplan werden direkt vom Transplantationszentrum an die App übermittelt, sodass die Patientin bzw. der Patient immer auf aktuelle Daten zugreifen kann. „Wir betreuen bereits seit zwei Jahren mehr als 500 Patientinnen und Patienten nach einer Nieren- oder Pankreastransplantation über unsere telemedizinische Plattform und haben bisher sehr positive Rückmeldungen bekommen. Insbesondere während der Coronapandemie haben sich die Patientinnen und Patienten sehr gut betreut gefühlt“, sagt Prof Dr. Klemens Budde, Schwerpunktleiter Transplantation an der Charité, der mit seinem Team die digitale Infrastruktur zur telemedizinischen Versorgung (www.maccs-projekt.de) entwickelt hat. Ein an den jeweiligen Zentren angesiedeltes aber standortübergreifend vernetztes Telemedizinteam behält die Daten ständig im Blick und wertet sie KI-gestützt aus. Dafür wird an jedem Zentrum ein „KI-Hub“ installiert, der auf Basis des Digitalen Zwillings jeder Patientin bzw. jedes Patienten Prognosen und Handlungsunterstützung liefert. Auch eine KI-basierte Chatfunktion wird erprobt, um häufige Fragen zu beantworten. Bei Auffälligkeiten kann umgehend interveniert werden. In regelmäßigen Abständen sind telemedizinische Nachsorgetermine vorgesehen. So lassen sich Transplantatverluste, Morbidität, die Mortalität und damit auch die Versorgungskosten langfristig verringern. Die Studie wird – auch dank der Förderung durch den G-BA – voraussichtlich im Frühjahr 2023 für die ersten Patientinnen und Patienten starten können.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Mario Schiffer, MBA

09131 85-39002

med4(at)uk-erlangen.de