Ein einzelner Sonnenbrand ist nicht gleich krebsauslösend. Achten wir aber regelmäßig nicht darauf, unsere Haut vor schädlichen UV-A- und UV-B-Strahlen zu schützen, kann das Jahrzehnte später böse Folgen haben.
Heike Schorer* entdeckte 2019 mehrere ungewöhnliche Flecken an ihrem Arm und im Gesicht. Die bläulichen Hautstellen zeigte die 69-Jährige ihrem Hausarzt. „Der hat die Flecken gleich entfernt, weil sie verdächtig aussahen“, erinnert sich die Landwirtin aus dem Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz. „Er empfahl mir, mich am Uniklinikum Erlangen weiter untersuchen zu lassen.“ Die pathologische Analyse der entfernten Areale ergab: malignes Melanom, also schwarzer Hautkrebs. „Durch meine Arbeit bin ich viel draußen. Als ich jung war, war Sonnenschutz eigentlich kein Thema. Und auch später war ich – rückblickend gesehen – leichtsinnig und habe mich nicht eingecremt.“ Etwa ein Jahr nach der Entfernung hatte Heike Schorer wieder auffällige Hautstellen: aktinische Keratosen, eine Vorstufe von hellem Hautkrebs. In der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen wurde der Patientin Tirbanibulinsalbe verschrieben, damit die veränderten Hautzellen absterben. Die Salbe trug die Patientin fünf Tage lang auf – und die Veränderungen waren verschwunden. „Ich bin wirklich froh, dass ich am Uniklinikum behandelt wurde – auch wenn die 100 Kilometer weite Anfahrt zur Nachsorge alle sechs Monate aufwendig ist“, sagt Heike Schorer. „Das Team ist so sympathisch und kümmert sich immer zuverlässig.“ Bei der Nachkontrolle untersucht eine Ärztin bzw. ein Arzt jedes Mal ihren ganzen Körper auf krebsverdächtige Stellen, und ihr Blut wird im Labor auf Tumormarker geprüft. Auch die Lymphknoten werden abgetastet, um Metastasen auszuschließen. Heike Schorer beugt seit ihrer Diagnose selbst vor: „Mit Lichtschutzfaktor 50 plus“, wie sie sagt. „Auch meinen Mann erinnere ich an den Sonnenschutz und wir kontrollieren unsere Haut gegenseitig.“
* Name von der Redaktion geändert
Es gibt verschiedene Arten von Hautkrebs. Die häufigsten sind heller (auch bekannt als weißer) und schwarzer Hautkrebs. Seltenere Formen sind etwa kutane Lymphome, die von den weißen Blutzellen ausgehen, und Adnexkarzinome, bei denen z. B. Haarfollikel oder Schweißdrüsen den Ausgangspunkt bilden. Heller Hautkrebs tritt häufig im Alter auf und zeigt sich an besonders sonnenexponierten Stellen, die dann schuppen, bluten und gerötet sind. Manchmal bilden sich auch Knoten. Zum hellen Hautkrebs gehören sowohl das Basalzellkarzinom als auch das Plattenepithelkarzinom, die beide besonders häufig auftreten. „Leider verzeichnen wir seit Jahren immer mehr Fälle“, bedauert Prof. Dr. Carola Berking, Direktorin der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen, „denn wir werden immer älter und setzen uns durch Urlaube und Outdooraktivitäten immer mehr der Sonne aus. UV-Strahlen schädigen die Hautzellen – egal ob von der Sonne oder aus dem Solarium. Das Tückische dabei ist, dass der Krebs in der Regel erst nach Jahrzehnten auftritt.“ Das heißt: Nicht ein einzelnes Sonnenbad oder ein Sonnenbrand im Urlaub ist ausschlaggebend, sondern viele Hautschädigungen in der Vergangenheit summieren sich auf und zeigen sich erst deutlich später als Krebs.
Der schwarze Hautkrebs, auch (malignes) Melanom genannt, ist deutlich aggressiver, denn er neigt dazu, Metastasen zu bilden und sich so im gesamten Körper auszubreiten. Bei Frauen zwischen 20 und 29 Jahren ist das Melanom die häufigste Krebserkrankung. Schwarzer Hautkrebs entsteht durch veränderte Pigmentzellen, sogenannte Melanozyten, die sich unkontrolliert vermehren. Deshalb haben Menschen mit vielen Muttermalen auch ein höheres Risiko, an einem Melanom zu erkranken.
Prävention ist das A und O
Aus diesem Grund sollten alle, die zahlreiche Leberflecke haben oder bei denen Hautkrebs in der Familie bereits vorkam, regelmäßig zum Hautkrebsscreening gehen. „Die Vorsorgeuntersuchung empfehle ich auch schon unter 35 Jahren. Spätestens ab diesem Alter sollte aber jede und jeder die Möglichkeit des Screenings wahrnehmen, denn die Krankenkassen übernehmen die Kosten alle zwei Jahre – manche Versicherungen sogar jedes Jahr“, sagt Carola Berking. „Die Präventionsmaßnahme Nummer eins ist und bleibt aber: Sonnenschutz!“ Ob ein Pigmentmal auffällig ist, bestimmen Fachleute anhand der ABCDE-Regel (s. Kasten auf S. 10). Das Schema können Risikopatientinnen und -patienten auch zu Hause heranziehen und im Zweifel zur Hautärztin oder zum Hautarzt gehen. Mithilfe einer speziellen Lupe (s. Foto links) oder eines Dermatoskops (s. Foto auf S. 10) kann dann bestimmt werden, ob der Leberfleck bösartig ist. „Wenn das der Fall ist, schneiden wir die Stelle vereinfacht gesagt heraus“, erläutert Prof. Berking. Je nachdem, wie weit sich der Krebs schon ausgebreitet hat, sind anschließend auch eine Bestrahlung, eine zielgerichtete Krebstherapie oder eine Immuntherapie möglich.
Bei all den Gefahren, die die Sonne birgt, brauchen wir sie doch, damit unser Körper lebenswichtiges Vitamin D bilden kann. „Um unsere Speicher zu füllen, reichen bei mittleren Hauttypen bereits dreimal pro Woche zwölf Minuten Sonne im Gesicht und an Händen und Armen“, betont die Dermatologin. Wichtig ist dabei: „Die Haut soll nicht rot werden. Vom Solariumbesuch und gezieltem Sonnenbaden – ich nenne es auch gern Braten – rate ich dringend ab.“ Gesunde Menschen, die sich täglich draußen aufhalten und sich ausgewogen ernähren, brauchen also in der Regel kein Vitamin D in Form von Tabletten oder Tropfen zu sich zu nehmen. Bei wem der Vitamin-D-Spiegel trotzdem zu niedrig ist, der kann sich bei der Hausärztin oder beim Hausarzt zu Nahrungsergänzungsmitteln und der richtigen Dosierung beraten lassen.
Creme, Lotion oder Emulsion?
„Egal, ob Sonnenmilch, -spray oder -lotion: Welche Art von Sonnenschutz Sie verwenden, ist Geschmackssache“, sagt Carola Berking. Menschen mit trockener Haut sollten eher zu fetthaltigen Produkten greifen, im Gesicht fühlen sich z. B. leichte Emulsionen gut an. „Lichtschutzfaktor 50 sollte es aber schon sein – auch in Deutschland. Heutzutage haben die Mittel eine gute Konsistenz und hinterlassen keinen weißen Film mehr auf der Haut. Auch preislich gibt es kaum einen Unterschied zwischen 30er- und 50er-Sonnencreme. Somit sehe ich keinen Grund, auf einen hohen Lichtschutzfaktor zu verzichten.“ Grundsätzlich schütze auch ein niedrigerer Lichtschutzfaktor, jedoch sollten bloß dunklere Hauttypen oder Menschen mit vorgebräunter Haut auf sie zurückgreifen. Was die Lagerung angeht, ist ganz klar: Bei Hitze zersetzen sich die Präparate und es bilden sich Ablagerungen. „Kontrollieren Sie Ihre Sonnenschutzmittel nach längerer Aufbewahrung auf Farb- oder Geruchsveränderungen und entsorgen Sie sie dann gegebenenfalls“, rät Prof. Berking. „Grundsätzlich ist aber nichts dagegen einzuwenden, Sonnencreme nach der Saison im Schrank zu lagern und im nächsten Sommer wieder zu verwenden, sofern die Tube nicht öfter Sonne oder Hitze ausgesetzt war.“
Kinderhaut ist besonders anfällig für Veränderungen, die zu Hautkrebs werden können. Deshalb ist Sonnenschutz für die Jüngsten besonders wichtig. Für die ganz Kleinen gibt es spezielle Kinderpräparate, die oft duftstofffrei sind und sich besonders leicht auftragen lassen. „Ab dem Alter von einem Jahr können auch Produkte für Erwachsene verwendet werden. Für alle Altersstufen gilt: Großzügig mit Faktor 50 plus eincremen, bevor man rausgeht, und regelmäßig nachcremen“, sagt Carola Berking.
Zum Teufel mit der Sonnencreme?
Doch können Bestandteile von Sonnenschutzmitteln für Mensch und Umwelt auch gefährlich werden? „Es ist nicht neu, dass Sonnencremes verteufelt werden“, weiß die Dermatologin. „Mal wird Angst vor Nanopartikeln geschürt, mal geht es um Substanzen, die angeblich hormonelle Veränderungen hervorrufen oder unfruchtbar machen. Oder um chemische Verbindungen, die Korallen zerstören. Diese Vorwürfe sind äußerst kritisch zu betrachten, denn die Konzentration der angeprangerten Stoffe in Sonnenschutzmitteln ist extrem gering. Im Labor werden in der Regel hohe Dosen in direkten Kontakt mit Zellen gebracht – das ist einfach nicht auf reale Bedingungen übertragbar.“ Die im Handel erhältlichen Sonnenschutzpräparate sind alle mehrfach geprüft und offiziell zugelassen. Deshalb solle niemand Angst vor den Inhaltsstoffen haben, sondern lieber aktiv zur eigenen Krebsvorsorge beitragen. Sonnenschutz ist aber nicht der einzig positive Effekt der Cremes. Prof. Berking: „Wer seine Haut vor UV-Strahlung schützt, beugt damit auch Falten sowie Sonnen- und Altersflecken vor. Für viele gehört eine glatte und schöne Haut genauso zu den Schönheitsidealen wie weiße Zähne. Das ist also ein Grund mehr, regelmäßig Sonnencreme zu verwenden.“
Text: Alessa Sailer/Uniklinikum Erlangen; Fotos: Alessa Sailer/Uniklinikum Erlangen, Franziska Männel/Uniklinikum Erlangen; zuerst erschienen in: Magazin „Gesundheit erlangen“, Sommer 2024
ABCDE-Regel
Mit der ABCDE-Regel lassen sich Muttermale oder andere Hautveränderungen auf Anzeichen für schwarzen Hautkrebs untersuchen:
A = Asymmetrie der Veränderung, ungleichmäßige Form
B = Begrenzung ist unregelmäßig
C = Colorit/Colour (uneinheitliche Pigmentierung)
D = Durchmesser über 5 mm oder größer werdend
E = Erhabenheit (Knotenbildung in einem bisher flachen Pigmentfleck)
Fünf Tipps zum Sonnenschutz von Prof. Berking
1. Starke Sonne meiden: Verlegen Sie Aktivitäten im Freien möglichst in die Morgen- bzw. Abendstunden und halten Sie sich dazwischen im Schatten auf.
2. Textilien: Setzen Sie eine Kappe oder einen Hut mit breiter Krempe sowie eine Sonnenbrille auf und ziehen Sie sich bzw. Ihren Kindern beim Wassersport spezielle UV-Kleidung an. Lange, leichte Klamotten sind kurzer Hose und T-Shirt vorzuziehen.
3. Sonnencreme: Nutzen Sie Lichtschutzfaktor 50 plus und verwenden Sie die Creme großzügig, bevor Sie nach draußen gehen. Achten Sie auf regelmäßiges Nachcremen aufgrund von Schweiß und nach dem Wassersport.
4. UV-Index beobachten: Prüfen Sie vorab, wie intensiv die Sonneneinstrahlung in Ihrem Gebiet ist, z. B. mit Wetter-Apps oder beim Deutschen Wetterdienst. Die Skala reicht von eins (niedrige Strahlung) bis elf (extreme Strahlung). Bereits an Frühsommertagen herrscht in unseren Breiten oft ein UV-Index von sechs bis acht, im Sommer ist er teilweise höher. Je höher der Index, desto mehr sollten Sie auf ausreichenden Schutz achten.
5. Sonnenbrand kühlen: Gehen Sie bei Sonnenbrand sofort in den Schatten bzw. nach drinnen und halten Sie dies auch für die Folgetage ein. Kühlen Sie die Hautstellen z. B. mit Quark (s. a. „Mittel der Wahl“ auf S. 36) oder einem feuchten Waschlappen. Auch After-Sun-Lotionen und Dexpanthenol-Gele helfen bei der Linderung.
Kontakt
Sprechstunde für Hauttumorerkrankungen
Mo. bis Fr. von 8.00 bis 12.00 Uhr
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