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Druck, lass nach!

Warum man seinen Blutdruck regelmäßig messen sollte, welche Behandlungsmöglichkeiten es bei dauerhaftem Hochdruck gibt und welche Rolle eine gesunde Ernährung dabei spielt.

Er ist der unsichtbare Begleiter von knapp 30 Millionen Deutschen: zu hoher Blutdruck. Von Hypertonie sprechen Fachleute ab Werten von 140/90 mmHg, optimal wären Werte unter 120/80 mmHg. „Bluthochdruck ist eine der schleichendsten Erkrankungen überhaupt – und genau das macht ihn so gefährlich“, sagt Prof. Dr. Roland Schmieder, Oberarzt der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie des Uni-Klinikums Erlangen und Leiter der hiesigen Klinischen Forschungsstation für Hypertonie und Gefäßmedizin. „Die meisten Betroffenen kennen ihre Blutdruckwerte nicht und sehen auch keinen Anlass für eine Untersuchung, weil sie keine Beschwerden haben. Dadurch bleibt die Hypertonie oft jahrelang unerkannt.“ Erst bei sehr hohen Werten treten Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und/oder Sehstörungen auf. „Zu hoher Blutdruck sollte schnellstmöglich reguliert werden, um Folgeschäden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfall zu vermeiden“, betont Prof. Schmieder. Einen zu niedrigen Blutdruck gebe es hingegen nicht: „Wer regelmäßig Werte von unter 110/60 mmHg hat, darf sich glücklich schätzen.“ Zwar treten bei Menschen mit niedrigem Blutdruck hin und wieder Beschwerden wie Schwindel oder „Sternchensehen“ auf, jedoch besteht kein Grund zur Sorge, solange die Betroffenen sonst gesund sind. Roland Schmieder: „Nur im Fall von Vorerkrankungen – etwa des Herzens – besteht Handlungsbedarf.“

Regelmäßiger Check-up

Damit Bluthochdruck möglichst früh erkannt und therapiert werden kann, empfiehlt Prof. Schmieder, die Gesundheits-Check-ups ab dem 35. Lebensjahr wahrzunehmen. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse alle drei Jahre. Bei wem Hypertonie festgestellt wird, der sollte seinen Blutdruck regelmäßig zu Hause selbst überprüfen, denn: „Die Werte, die beim Arztbesuch gemessen werden, sind nur eine Momentaufnahme und nicht repräsentativ. Dokumentieren Sie daher den daheim gemessenen Blutdruck über einen gewissen Zeitraum und bringen Sie die Unterlagen in die Praxis mit. So können die Werte am besten interpretiert werden“, erläutert Prof. Schmieder.

Nächster Halt: Lebensstiländerung

Patientinnen und Patienten mit Hypertonie sollten zunächst ihren Lebensstil anpassen: „Vor allem bei leichtem Bluthochdruck können Betroffene mit einer gesunden Ernährung, ausreichend Bewegung und Gewichtsabnahme selbst die Notbremse ziehen. Dafür empfehlen wir die sogenannte DASH-Diät“, sagt der Nephrologe und Internist. DASH steht für „Dietary Approaches to Stop Hypertension“ (Diät-Ansatz, um Bluthochdruck zu stoppen). Diese Ernährungsform setzt auf einen hohen Anteil an Obst und Gemüse, fettarme Milch- und ballaststoffreiche Getreideprodukte. Also eigentlich auf das, „was wir allgemein als gesund verstehen“, so Prof. Schmieder. Ein weiterer wichtiger Aspekt der gesunden Ernährung ist ein geringer Salzkonsum. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen maximal sechs Gramm pro Tag, die Weltgesundheitsorganisation sogar nur fünf Gramm. „Das fällt vor allem in Franken schwer“, schmunzelt der Oberarzt. Mit knapp zwölf Gramm Salz pro Kopf konsumieren die Bürgerinnen und Bürger hier nämlich deutlich zu viel Natriumchlorid. Roland Schmieder hat vor allem Back- und Wurstwaren im Visier. „Was viele nicht wissen: Brot enthält ordentlich Salz, ganz zu schweigen von einer Breze. Die hat nicht nur im Teig viel Salz, sondern außerdem noch obendrauf!“ Auch die geliebte Bratwurst, Salami und Fertigprodukte aller Art sind echte Salzsünden und sollten daher nur in Maßen verzehrt werden. Denn: Salz bindet Wasser im Körper, dadurch erhöht sich das Blutvolumen und der Blutdruck steigt.

Kurz erklärt

Diastole und Systole
Der höhere (= systolische) Wert beschreibt den Blutdruck, wenn der Herzmuskel sich zusammenzieht und Blut auswirft. Der niedrigere (= diastolische) Wert bezieht sich auf die Entspannungsphase des Herzens, in der es sich wieder mit Blut füllt.

Die Blutdruckwerte, die bei der Ärztin oder beim Arzt gemessen werden, sind nur eine Momentaufnahme – daher sollten Patientinnen und Patienten ihn auch regelmäßig zu Hause überprüfen.

Süß und salzig?
Backwaren enthalten oft nicht nur viel Zucker, sondern auch viel Salz: In 100 Gramm Toastbrot befinden sich im Schnitt 1,5 Gramm Natriumchlorid. Das ist etwa so viel, wie sich in der gleichen Menge Salamipizza oder Brie versteckt. Vier Scheiben Toast oder eine Fertigpizza decken also schon unseren Tagesbedarf an Salz!

Bereitschaft wichtig

„Die Patientinnen und Patienten müssen allerdings auch dazu bereit sein, ihren Lebensstil anzupassen“, betont Prof. Schmieder. Oft hätten Betroffene selbst nicht genug Motivation zur Veränderung. „Beim Einkauf lassen sich Gewohnheiten beispielsweise einfacher umstellen als beim Sport. Nicht alle können mehr Bewegung mit ihrem Beruf und ihren familiären Verpflichtungen vereinbaren“, verdeutlicht es Roland Schmieder. Deshalb seien Zielvereinbarungen essenziell: „Innerhalb von drei bis sechs Monaten sollte sich etwas verbessert haben, sonst müssen Betroffene auf jeden Fall Medikamente einnehmen.“ Dabei sei wichtig, zu erkennen, wie viel die Patientinnen und Patienten tatsächlich schaffen können, um die Zielvereinbarungen einzuhalten. Bei den meisten Menschen mit Hypertonie lassen sich laut dem Erlanger Experten Medikamente nicht umgehen und sie müssen verschiedene Wirkstoffe einnehmen – oft mehrere in einer Tablette.

Dritte Säule Nervenablation

In Fällen, in denen ein gesunder Lebensstil und Medikamente nicht (genug) helfen, kommt eine noch recht junge Behandlungsoption infrage: die Nierennervenablation. Dabei werden überaktive Nervenfasern, die Störsignale ans Gehirn senden und so den Blutdruck steigen lassen, über einen Katheter mithilfe von Ultraschall oder Hochfrequenzenergie (Strom) verödet. Prof. Schmieder hat das Verfahren in Zusammenarbeit mit PD Dr. Axel Schmid, Oberarzt des Radiologischen Instituts des Uni-Klinikums Erlangen, schon bei über 200 Hypertonikerinnen und Hypertonikern angewendet. Bei drei Viertel der Betroffenen sank der Blutdruck nach der Behandlung um 10 mmHg; so auch bei Markus Stöckel. Der 47-Jährige erinnert sich an seine Diagnose vor zehn Jahren: „Ich hatte damals migräneartige Kopfschmerzen und bin deshalb zum Arzt. Der fand dann heraus, dass mein Blutdruck viel zu hoch war.“ Die Werte lagen zu der Zeit bei satten 270/160 mmHg. „Ein Blutdruck für drei“, lacht Markus Stöckel heute. Zur Regulierung nahm er jahrelang etwa zehn Tabletten täglich ein – doch die halfen nur bedingt; 2019 kam der Familienvater schließlich ans Uni-Klinikum Erlangen, wo die hiesigen Expertinnen und Experten seinen Blutdruck auf 160/110 mmHg einstellen konnten. Seitdem schluckt Markus Stöckel nur noch drei Tabletten täglich. 2021 wurde bei dem Weißenoher im Rahmen einer Studie die Nierennervenablation durchgeführt. „Diese Methode zur Blutdrucksenkung ist sicher und effektiv. Das haben wir mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen“, so Prof. Schmieder. Der Blutdruck seines Patienten hat sich nach dem minimalinvasiven Eingriff bei etwa 150/100 mmHg eingependelt – also dauerhaft 10 mmHg weniger. „Er könnte im Laufe der Zeit sogar noch weiter sinken“, freut sich Markus Stöckel.

Die tägliche Morgenroutine von Markus Stöckel lautet: Kaffee, Medikamente, Blutdruckmessen.

Beratung für Patientinnen und Patienten mit schwer einstellbarer arterieller Hypertonie und sekundären Formen der Hypertonie

Medizinische Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie

Schwerpunkt Bluthochdruck
Ulmenweg 18
91054 Erlangen

Telefon 09131 85-32566

Fax 09131 85-33431

Text und Bilder: Alessa Sailer/Uni-Klinikum Erlangen; zuerst erschienen in: Magazin „Gesundheit erlangen“, Frühling 2022