Setzt die Atmung nachts aus, beeinträchtigt das nicht nur den Schlaf, sondern auch Gesundheit und Allgemeinbefinden. Wie man der Apnoe auf die Schliche kommt und wie sie behandelt wird.

Tief einatmen, Luft anhalten – und ab nach unten: Apnoetaucherinnen und -taucher können sehr lange unter Wasser bleiben, ohne Luft holen zu müssen. Die Besten von ihnen kommen zehn Minuten mit nur einem einzigen Atemzug aus. Während Apnoesportlerinnen und -sportler ihre Atmung willentlich pausieren, kommt es bei manchen Menschen ganz ungewollt zu Aussetzern – und zwar im Schlaf. Nächtliche Atempausen sind ein Zeichen für die sogenannte obstruktive Schlafapnoe. Auch in ihr steckt die „Apnoe“, die grundsätzlich eine längere Atempause oder einen Atemstillstand bezeichnet. „Häufig schnarchen Menschen mit dieser schlafbezogenen Atmungsstörung sehr stark. Ihre Schlafqualität ist schlecht und sie sind tagsüber müde und erschöpft“, erklärt Dr. Malin Miksch, Schlafexpertin an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie des Uniklinikums Erlangen. „Setzt die Atmung länger aus, tritt eine Aufwachreaktion ein und die Betroffenen schnappen nach Luft.“

„10 Prozent weniger Körpergewicht führen zu 50 Prozent weniger Atemaussetzern.“

Dr. Malin Miksch

Bluthochdruck von schlechtem Schlaf?

Die obstruktive Schlafapnoe ist eine Volkskrankheit.  Neben Übergewicht spielt auch das zunehmende Alter eine Rolle, denn im Lauf des Lebens lässt im gesamten Körper die Muskelspannung nach – auch im Rachen. Zungengrund, Kehldeckel, weicher Gaumen und Gaumenzäpfchen fallen dadurch nach hinten und verengen die oberen Atemwege (Obstruktion = Verschluss, Einengung). Mit den schlafbezogenen Atemaussetzern gehen verschiedene Gesundheitsrisiken einher: Die Apnoe führt zu Tagesmüdigkeit und Konzentrationsproblemen, belastet Herz und Gefäße und erhöht die Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck, Diabetes, depressive Verstimmungen und Kopfschmerzen. „Typisch ist zum Beispiel, dass sich Blutdruck und Blutzucker schlechter einstellen lassen, wenn eine Schlafapnoe besteht“, sagt Malin Miksch. „Auch wenn das Problem aktuell vielleicht nicht so groß scheint, ist es uns wichtig, über die negativen Folgen aufzuklären und über Therapien zu informieren.“ In seltenen Fällen tritt die Atmungsstörung bereits bei Kindern auf. Hauptursache sind bei ihnen vor allem vergrößerte Mandeln oder Polypen, aber auch Übergewicht spielt eine Rolle.

Polysomnografie gibt Auskunft

Im Schlaflabor der Erlanger HNO-Klinik kann die Diagnose „obstruktive Schlafapnoe“ gesichert werden. Die sogenannte Polysomnografie zeichnet verschiedene Parameter auf, u. a. die Atembewegungen während des Schlafens, Atemfluss und -aussetzer und den Sauerstoff im Blut. „Bei manchen sinkt die Sauerstoffsättigung bis auf 70 Prozent“, sagt Dr. Miksch. „Sie sollte im Schlaf aber nicht unter 90 Prozent fallen.“ Mittels aufgeklebter Elektroden wird ein EKG abgeleitet und die Gehirnaktivität gemessen, denn diese gibt Auskunft über das jeweilige Schlafstadium, in dem sich jemand befindet. Auch Bewegungen der Bein- und Kinnmuskulatur sowie der Augen werden erfasst, außerdem Schnarchgeräusche. „Oft denken unsere Patientinnen und Patienten, dass sie so verkabelt nicht gut schlafen können und dass das Ergebnis vielleicht nicht repräsentativ ist“, sagt Malin Miksch. „Es klappt dann aber doch meist besser als gedacht – auch dank unserer Messassistentinnen und -assistenten, die die ganze Nacht vor Ort sind“, beruhigt sie. Bestätigt sich der Verdacht auf eine obstruktive Schlafapnoe, gibt es zunächst eine gute Nachricht: Da die schlafbezogenen Atemaussetzer häufig mit Adipositas zusammenhängen, kann eine Gewichtsreduktion Wunder wirken: „10 Prozent weniger Körpergewicht führen zu 50 Prozent weniger Atemaussetzern“, betont Dr. Miksch.

Von Schiene bis Maske

Manche Patientinnen und Patienten kommen ganz ohne Therapie aus, nachdem sie abgenommen haben. Unterstützend hilft es, abends auf Alkohol, Zigaretten und schwere Mahlzeiten zu verzichten. Auch ein Lagepositionstraining kann eine Besserung bringen: Dazu tragen Betroffene einige Wochen lang eine spezielle Weste, die verhindert, dass sie sich im Schlaf auf den Rücken drehen. Denn in dieser Position treten Schnarchen und Atemstopps verstärkt auf. Mit der Zeit lernt der Körper um und nimmt nachts automatisch keine Rückenlage mehr ein. Spezielle Aufbissschienen verhindern zudem das Zurückfallen des Unterkiefers und damit des Weichgewebes im Rachen.

Bei stärkeren Symptomen können die Patientinnen und Patienten im Erlanger Schlaflabor eine CPAP-Maske (CPAP: continuous positive airway pressure) ausprobieren. Das Gerät, das über einen Schlauch mit der Maske verbunden ist, leitet mit leichtem Überdruck Luft in die oberen Atemwege. So bleiben sie offen und kollabieren nicht. „Die Maske ist der Goldstandard in der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe“, erklärt Dr. Miksch. „Sie ist risikofrei anwendbar und es zeigt sich ein unmittelbarer Effekt. Leider bleiben trotzdem nur zwei Drittel der Anwenderinnen und Anwender dabei“, bedauert die Ärztin. „Wir bieten den Patientinnen und Patienten deshalb engmaschige Kontrollen und Nachsorgen an. Die Maske muss optimal sitzen und perfekt eingestellt sein. Wird sie über Mund und Nase nicht toleriert, kann eine Variante probiert werden, die nur über der Nase liegt.“ Der letzte Schritt ist eine Operation. „Wir können zum Beispiel große Mandeln entfernen oder das Gaumensegel straffen“, sagt Dr. Miksch. „Bei manchen Betroffenen kommt auch die Implantation eines Zungenschrittmachers infrage, wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Nach dem Einschalten wird der Zungennerv über eine Elektrode stimuliert, wodurch sich die Muskeln von Mundboden und Rachenraum nachts wieder anspannen.“

33 Atemstillstände

Regine K. aus Baiersdorf hatte nach eigener Aussage „eigentlich keine Beschwerden“. Doch ihr Mann registrierte ihr zunehmend lautes Schnarchen in der Nacht. „Manchmal hat er mich wachgerüttelt und gesagt: Du atmest nicht mehr“, berichtet die 66-Jährige. Ihr HNO-Arzt veranlasste eine ambulante Messung, die sie mit einem kleinen Gerät selbst zu Hause durchführte: Es maß u. a. die Bewegungen des Brustkorbs, den Sauerstoff im Blut und Schnarchgeräusche. Und es registrierte 33 Atemaussetzer pro Stunde – ein extremer Wert. Regine K. meldete sich im Schlaflabor der Erlanger HNO-Klinik an, wo sie die Diagnose „obstruktive Schlafapnoe“ erhielt. „Ich dachte immer, ich bin tagsüber müde, weil ich spät ins Bett gehe. Aber jetzt zeigt sich, dass das vielleicht noch eine ganz andere Ursache hat“, berichtet die Patientin. „Gewichtszunahme und hohen Blutdruck habe ich auf das Alter und die Wechseljahre geschoben, aber auch hier kann es einen Zusammenhang mit den Atemaussetzern geben“, weiß Regine K. heute. Im Erlanger Schlaflabor durfte sie verschiedene CPAP-Masken testen. Sie ist motiviert, nun bald zu Hause mit der Therapie zu beginnen. „Dr. Miksch hat mir die Kurven aus meinen zwei Nächten im Schlaflabor gezeigt – die Werte sind mit Maske einfach viel besser.“ Malin Miksch wagt einen Ausblick: „Auch für Ihren Mann wird das leise Rauschen des CPAP-Geräts wesentlich angenehmer sein als das laute Schnarchen“, sagt sie lachend. Regine K. nimmt es sportlich: „Optisch ist die Maske kein Highlight, aber nachts ist es ja dunkel. Die zehn Prozent Gewichtsreduktion nehme ich in Angriff – das sollte doch möglich sein!“

Text und Fotos:Franziska Männel/Uniklinikum Erlangen; zuerst erschienen in: Magazin „Gesundheit erlangen“, Winter 2023/24