In einer neuen Übungsgruppe am Uniklinikum Erlangen können auch Menschen mit einer schweren Herzschwäche sicher Sport treiben.
„Meine Herzleistung war bei 35 Prozent. Seit ich hierherkomme, liegt sie bei 45 bis 50“, sagt Anita Bauer, während sie – kräftig atmend und bis über beide Ohren strahlend – in die Pedale ihres Fahrradergometers tritt. „Es tut mir also sehr gut und ich bin super zufrieden, dass so etwas für uns angeboten wird.“ Damit meint sie die neue Herzinsuffizienzgruppe, die im Mai 2024 in Erlangen startete und die wie heute jeden Mittwochabend am Uniklinikum Erlangen stattfindet. Die Mischung aus Ergometertraining, Gymnastik- und Koordinationsübungen ist ein Angebot der Herz- Kreislauf-Initiative Erlangen e. V. (HKI) und des Uniklinikums Erlangen.
Aus träge wird motiviert
Teilnehmen können Menschen mit schwerer Herzschwäche oder dauerhaften Herzrhythmusstörungen, die ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko haben und deshalb in anderen Herzsportgruppen nicht oder nur sehr schwer betreut werden können. „Selbst bei sehr eingeschränkter Herzleistung verbessert moderate Bewegung Ausdauer, Muskelkraft und Belastbarkeit. Früher sollten Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz gar keinen Sport machen. Heute wissen wir, dass es eher schlechter wird, wenn man völlig inaktiv ist“, erklärt Rehamediziner Dr. Christoph Bleh, der das neue Angebot initiiert hat. „Außerdem beeinflusst Bewegung die Hormone und den ganzen Stoffwechsel positiv, und die psychosoziale Komponente ist bei der Gruppe auch ganz entscheidend“, ergänzt Carolin Münch, die die Gruppe als HKI-Übungsleiterin betreut. Das kann Teilnehmer Stephan Güthlein bestätigen: „Ich gehöre eigentlich zu den Inaktiven“, gesteht er. „Aber hier komme ich gern her, die Gruppe motiviert mich. Und ich persönlich habe ein sehr gutes Gefühl dabei, körperlich überwacht zu werden und zu wissen, dass das alles in der Form gut für mich ist.“ An jedem Übungsabend ist zur Sicherheit ein Arzt oder eine Ärztin mit dabei; heute ist das Dr. Bleh. Prüfend geht er von Ergometer zu Ergometer und kontrolliert, ob die Einstellungen für alle passen. „Trainiert wird in Intervallen: 20 Sekunden Belastung, dann 40 Sekunden Pause“, erklärt er. „Das lässt den Puls nicht so stark ansteigen und hält die Belastung fürs Herz im Rahmen.“ Carolin Münch sieht währenddessen die Herz-Kreislauf-Werte aller Teilnehmenden auf einem Monitor vor sich: EKG-Kurve, Puls, Blutdruck. Denn alle Radelnden wurden vorab „verkabelt“. „Merken alle etwas, wird es langsam anstrengender?“, fragt die Übungsleiterin. Alle bejahen. „Ich bin mit der Belastung sehr zufrieden“, witzelt Teilnehmer Dieter Dunkel, der wegen seines Vorhofflatterns hier ist. Es gehe ihm sehr gut mit dem Training und danach freue er sich immer, es geschafft zu haben. Kaum tritt er in die Pedale, sinkt sein Blutdruck. „Das ist jedes Mal phänomenal“, kommentiert Carolin Münch die abfallende grüne Linie auf ihrem Bildschirm.
Ein Gespür für sich selbst
Mit der Borg-Skala lassen Christoph Bleh und Carolin Münch die Teilnehmenden ihre subjektiv empfundene Belastung beurteilen. „Das ergänzt objektive Messwerte wie Puls und Blutdruck“, sagt Dr. Bleh, „und gibt einen guten Hinweis auf den eigenen optimalen Trainingspuls. Die Patientinnen und Patienten lernen damit auch, sich selbst besser einzuschätzen.“ Der ideale Borg-Bereich bei Herzinsuffizienz liegt in der Regel zwischen 11 („leicht“) und 13 („etwas anstrengend“). In diesem Spektrum bleibt die Belastung sicher, ohne das Herz übermäßig zu beanspruchen.
Ausgangspunkt für die jetzige Herzinsuffizienzgruppe war eine Studie der Medizinischen Klinik 2 – Kardiologie und Angiologie des Uniklinikums Erlangen, die den Einfluss von Ergometertraining bei Herzschwäche untersuchte. „Da entstand die Idee, das Training bei uns in der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin durchzuführen – also im selben Gebäude, einfach drei Stockwerke höher“, erklärt Dr. Bleh. Einige Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wechselten nach Projektende direkt in die neue HKI-Gruppe – so auch Herzpatientin Anita Bauer, die ohnehin in der Medizin 2 in Behandlung ist, wie sie sagt. „Es ist zwar noch nie vorgekommen“, so Dr. Bleh, „aber sollte es mal einen kardiologischen Zwischenfall geben, könnten wir die Teilnehmenden sogar über den Fahrstuhl direkt runter ins Herzkatheterlabor bringen.“
Auch Kraft und Koordination fördern

Als alle von ihren Fahrradergometern abgestiegen sind, geht es nun noch weiter zum Koordinations- und Kräftigungsteil. Dabei schreiten die Teilnehmenden u. a. im Storchenschritt durch den Raum, geben Tennisbälle von einer Hand in die andere oder lassen die Bälle kreisförmig um den Körper wandern. Jeder in seinem Tempo, im Gehen, Stehen oder Sitzen. Pausen sind immer erlaubt – genau wie Lachen und Lockerheit. Nicht erst, als Anita Bauer der Übungsleiterin im Namen aller eine Dankeskarte für ihr Engagement überreicht, wird klar: Das hier ist eine Gruppe fürs Herz.
Impressionen aus der Herzinsuffizienzgruppe
Herzlich willkommen!
Neuanmeldungen in der Herzinsuffizienzgruppe sind explizit erwünscht!
Herz-Kreislauf-Initiative Erlangen e. V.
09131 6102983
www.hki-erlangen.de
Text: Franziska Männel/Uniklinikum Erlangen; Fotos: Franziska Männel/Uniklinikum Erlangen; zuerst erschienen in: Magazin „Gesundheit erlangen“, Frühling 2025