Jeden Freitag kocht Ernährungsexpertin Claudia Schlagenhaufer für schwer kranke Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern auf Station eine leckere, gesunde Mahlzeit. Ein Besuch.

„Mmh, auf der ganzen Station riecht es so lecker!“, „Das sieht ja gut aus, was gibt’s denn heute?“, „Wann ist das Essen fertig?“ – Alle, die an diesem Freitagmittag in die Küche der Station 2C in der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen kommen, haben ein Lächeln auf den Lippen und freuen sich auf das anstehende gemeinsame Mittagessen. Denn die Ernährungsexpertin Claudia Schlagenhaufer kocht dort jede Woche für die Patientinnen und Patienten der Kinderonkologie und deren Familien. „Die Kinder sollen merken, dass gesundes Essen auch lecker schmecken kann“, sagt die Köchin. „Gleichzeitig ist das Freitagsessen aber auch eine tolle Abwechslung zum Alltag auf Station.“ Viele Patientinnen und Patienten sind wegen ihrer Tumortherapie müde und haben wenig Appetit. Mit ihren selbst kreierten Rezepten will die Ernährungsspezialistin den Kindern nährstoffreiche, bunte Mahlzeiten näherbringen, die obendrein leicht verdaulich sind. Es gibt jeden Monat eine Suppe oder einen Salat, zwei verschiedene Smoothies, ein herzhaftes und ein süßes Gericht.

Verstecktes Gemüse

„Ich koche hier ausschließlich mit frischen Biozutaten und vegan, denn ich will zeigen, dass eine rein pflanzliche Küche durchaus lecker, ausgewogen und abwechslungsreich sein kann“, erklärt Claudia Schlagenhaufer. „Ich achte darauf, möglichst oft Hülsenfrüchte für die Eiweißzufuhr und gesunde pflanzliche Fette einzubauen.“ Beides steht heute auf dem Speiseplan: Es gibt gefüllte Süßkartoffeln mit Avocadocreme; dazu serviert Claudia Schlagenhaufer eine Tex-Mex-Pfanne mit Paprika, Mais, schwarzen Bohnen und Quinoa. Als kleine Vorspeise bietet sie einen roten Smoothie an (s. Rezepte). „Oft ‚verstecke‘ ich das Gemüse auch. In den Smoothie hier packe ich zum Beispiel auch Rote Bete. Man sieht und schmeckt sie nicht, aber trotzdem ist sie drin“, lächelt die Köchin. Das Tolle an pürierten Fruchtgetränken: „Sie haben eine hohe Nährstoffdichte und lassen sich einfach konsumieren. Das kommt auch bei denen gut an, die nicht viel Hunger haben.“ Sie gibt Waldbeeren, Rote Bete, Banane, Orange, Zitrone und Ingwer mit etwas Wasser in den Mixer und füllt den leuchtend roten Smoothie anschließend in acht Gläser. Die pürierten Vitaminbomben passen ideal zur Ernährungsregel „Eat the rainbow“ (s. Kasten): Jede Gemüse- bzw. Obstfarbe entsteht durch unterschiedliche sekundäre Pflanzenstoffe, weswegen wir beispielsweise nicht nur grünes, sondern auch gelbes und rotes Gemüse essen sollten, um alle wichtigen Nährstoffe zu uns zu nehmen.

„Mich hat überrascht, dass meine grünen Smoothies besonders gut ankommen. Ich finde es toll, dass die Kinder und Jugendlichen gern auch Dinge probieren, die sie vorher nicht kannten – etwa Grünkohl oder Quinoa“, freut sich Claudia Schlagenhaufer. So auch Lisa, die heute zur ambulanten Behandlung ihrer Leukämie in der Kinderonkologie ist: „Der Grünkohl in Essigsoße war lecker! Sowas gibt’s bei uns zu Hause nicht“, sagt die Neunjährige, während sie den letzten Schluck ihres Smoothies austrinkt. „Ich mag die Beeren da drin. Und dass er richtig schön rot ist und nicht so eine langweilige Farbe hat.“ Ihre Mutter ergänzt: „Lisa kommt gern zum Freitagsessen. Hier gibt es mal was anderes als daheim, bisher hat ihr eigentlich alles geschmeckt.“ Lisa und ihre Mama verabschieden sich fürs Erste, und die Ernährungsexpertin schiebt die Bleche mit den Süßkartoffeln in den Ofen. Sie bereitet nun die Tex-Mex-Pfanne vor, schneidet dafür Paprika, Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch in Würfel und kocht Quinoa. Hin und wieder schaut ein neugieriges Gesicht zur Küchentür herein und will wissen, wann es Essen gibt. „Wenn der Duft über die Station zieht, ist das für viele das Signal, mal vorbeizuschauen“, sagt Claudia Schlagenhaufer lächelnd.

Am besten kommt Süßes an

Die ersten Freitagsessen fanden 2018 mehr oder weniger regelmäßig statt, wegen der Coronapandemie mussten sie jedoch lange Zeit ausfallen. „Seit Februar 2022 bin ich aber wieder fast jede Woche hier“, sagt Claudia Schlagenhaufer. Auch der Leiter der Kinderonkologie Prof. Dr. Markus Metzler ist von den positiven Effekten der Freitagsessen überzeugt: „Das Angebot kommt so gut an, dass wir überlegen, es zu erweitern und auch hin und wieder samstags ein besonders gesundes Frühstück anzubieten.“ Ein Dauerbrenner bei den jungen Patientinnen und Patienten sind die süßen Gerichte: Hirseauflauf, Cookies, Energyballs. „Ich achte darauf, möglichst komplett auf industriellen Zucker zu verzichten. Den ersetze ich zum Beispiel durch Dattel- oder Kokosblütenzucker, weil das gesünder und nährstoffreicher ist“, erklärt die Ernährungsexpertin und träufelt Zitronensaft in die Schüssel mit der Avocadocreme. „Ich koche immer 20 kleine Portionen, sodass alle mal probieren können. Es bleibt eigentlich nie etwas übrig, das spricht, denke ich, für sich.“ Claudia Schlagenhaufer vermengt die Tex-Mex-Pfanne noch einmal gründlich mit dem Quinoa, rührt die Guacamole glatt und holt die gebackenen Süßkartoffeln aus dem Ofen. Das fertige Gericht garniert die Köchin noch mit Tortillachips und verteilt die Teller an die wartenden Patientinnen und Patienten. „Besonders freue ich mich natürlich darüber, wenn mir Eltern erzählen, dass es ein Freitagsgericht ins Familienrezeptbuch geschafft hat“, sagt Claudia Schlagenhaufer.

Text und Fotos: Alessa Sailer/Uniklinikum Erlangen; zuerst erschienen in: Magazin „Gesundheit erlangen“, Frühling 2023